Der Start zur Xterra European Championship
Nachdem wir – wie viele andere Athleten auch – die beiden aufeinander folgenden Xterra-Rennen der European- und World Tour kombiniert haben mit einem Kurzurlaub „im Osten“, erwartete uns das Highlight der Reise ganz zum Schluss mit dem Rennen, das ich 2008 schon einmal als Deutscher Meister (AK) abschließen konnte: Der sogenannten O-See Challenge. Das Rennen findet bereits seit 2002 statt und fungierte dieses Jahr als offizielle Deutsche Meisterschaft der DTU im Cross-Triathlon und gleichzeitig als Xterra European Championship. So gab es abschließend auch einen Siegerehrungs-Marathon für mich, da ich den 3. Platz overall, den 3. Platz in der Europameisterschaftswertung und den Deutschen Meistertitel (natürlich alles AK) belegte und damit drei Mal auf’s Podium durfte. Bei der DM-Wertung sogar neben Groß-Meistern wie Ronny Dietz und Alex Haas und dem Abspielen der Nationalhymne, was nicht ohne Gänsehaut und feuchte Augen abging (bin halt ein Sensibelchen…).
Am Freitag holten wir gleich nachmittags die Startunterlagen ab und gingen noch eine Runde schwimmen. Marion lief nochmal die Laufstrecke ab und ich stellte mich gerade in der Schlange an, als die „Hölle losbrach“ in Form von zwei riesigen Gewittern, die sich direkt über dem Zittauer Gebirge entluden. So waren wir zurück am Auto nass wie zwei begossene Pudel und mussten erstmal alle Klamotten und Schuhe trocknen. Zu unserer Überraschung zitierte mich Dr. Klaus „Benno“ Schwager, der Cheforganisator des Rennens im offiziellen Programmheft neben Renata Bucher (der späteren Dritten overall) und Ronny Dietz (dem späteren Zweiten overall und Deutschem Meister).
Durch die Gewitter und einige weitere Regenschauer hatte sich die Strecke erneut aufgeweicht und wurde mal wieder zu einem Schlammfest. Allerdings grüßte uns der Morgen des Renntages mit strahlendem Sonnenschein und es sollte ein absolut perfekter Triathlon-Tag mit 25°C und leichtem Wind werden. Da der Start der Xterra-EM erst um 11:30 Uhr erfolgte und Marion 50 Minuten später auf die Light-Version geschickt wurde, war ausreichend Zeit zum Ausschlafen, Frühstücken und alles Herrichten. Unten am See wuselten schon wieder alle rum wie in einem Bienenstock. Gleich eine kleine Schockmeldung (v.a. für M): Neo-Verbot! Also mich in die olle 2xU-Pelle zwängen statt meinen super-komfortablen Pearl-Izumi-Zweiteiler. Wechselzone herrichten. Beim Einlaufen begegne ich Bernd Kiesel und wir quatschen ein wenig. Dann runter zum Start. Dort angekommen ging bereits an Land das Gehaue und Gezerre los: Ich bilde mir ein, dass man es immer gleich merkt, wenn eine Meisterschaft stattfindet – alles ist diesen Tick kompetitiver und angespannter. Man konnte die Vorstart-Spannung förmlich mit dem Messer zerschneiden. Die Kampfrichter brauchten einige Extra-Minuten, um die wilden Hengste hinter die Linie zu bekommen – die Profis nur 5 Meter vor uns im Wasser (direkt vor mir der nachgemeldete Sebi Kienle, der ja durch mehrere Stürze beim IM 70.3 Wiesbaden vor einer Woche gestoppt wurde).
Das Schwimmen sollte eines der Schwersten werden, die ich je erlebt habe. Wahrscheinlich hinter dem unsäglichen Kona 2008 das Zweitschwerste. Trotzdem lief es den Umständen entsprechend recht gut. Zum ersten Mal überhaupt, hatte ich Zeit, den Namensaufdruck meines „Nachbarn“ in „Ruhe“ beim Linksatmen zu lesen: Zoberbier – na also, kann ich also nicht ganz so schlecht liegen, wenn der Dornstädter Thilo Zoberbier (später Top Ten overall) gleichauf liegt. Die Schwimmstrecke war mal wieder deutlich lang geraten und nach einem ebenfalls lang geratenen „Australian Exit“ zur Mitte der Schwimmstrecke schnitten wir uns hübsch beim Re-entry die Füße an den scharfen Muscheln auf. Nach 26:21 kam ich, in der Spitzengruppe meiner Alterklasse liegend, aus dem Wasser des Olbersdorfer Sees. Ein flotter Wechsel unter 1 Minute und ich war mit einem kleinen Pack auf dem Weg ins Zittauer Gebirge.
Wie immer brauchte ich ein wenig Zeit um meinen Rhythmus zu finden, merkte aber bereits in den ersten Anstiegen, dass die Beine doch recht ordentlich waren. Die schwerste Hürde auf der MTB-Strecke war erwartungsgemäß der lange, steile und heiße Aufstieg zum Hochwald, dem höchsten Punkt der Strecke und die sofort anschließende ebenso steile und technisch schwierige Abfahrt. Ich schaffte alles ohne Sturz, merkte aber am letzten Anstieg, wie meine Kräfte zu schwinden begannen. Bergab überholte ich wieder eine ganze Reihe von „starken Drückern ohne technische Fähigkeiten“. Leider kam genau im unpassendsten Moment die Dampflok mit dem Museums-Bähnle vorbei und ich musste anhalten. Im Rennen fühlt sich so etwas natürlich ganz dramatisch an, vor allem, wenn die ganze überholte Gruppe wieder dran ist und man im technischen Downhill unnötig Kopf und Kragen riskiert hat. Aber realistisch habe ich wahrscheinlich nicht mehr als 30 Sekunden verloren. Dann ging’s im „gestreckten Galopp“ zurück zur Wechselzone 2, die ich ebenfalls unter 1 Minute wieder verließ.
Gleiches Spiel: Zu Beginn brauche ich ein paar Minuten zum Warmrollen. Wieder war eine ganze Gruppe aus T2 heraus zusammen und da waren einige starke Läufer dabei. Ich hatte anfangs Mühe, die Gruppe zu halten, aber nach „the Dip“ (steil bergab, über ein paar Steine den Bach überqueren und drüben wieder steil bergauf) gab ich Gas und war von da an allein und „on a mission“. Und tatsächlich sollte ich bei 3 km bis zum Ziel Freund Carsten Eggeling aus Wolfsburg am Horizont auftauchen sehen, 400 Meter weiter konnte ich schon die Aufschrift auf seinem Einteiler lesen und weitere 200 Meter weiter überholte ich ihn kurz vor der 2. Verpflegungsstelle. Mit 37:19 lief ich die zweitschnellste Laufzeit der M40 – nur der vor mir liegende Slowake Tomas Kamrla war noch 9 Sekunden schneller. Damit wäre bei aller technischen Strecke mit ordentlich Höhenmetern auch geklärt, dass auch die Laufstrecke sicher länger war, als die angegebenen 8,2 km – schätzungsweise ziemlich nah an 10 km. Ich freuet mich insbesondere darüber, dass die Achillessehne hielt und die Hüfte mir nicht zu viel Sorgen bereitete – ab km 1 konnte ich ordentlich Druck machen und es war der reine Spaß, wie in den „guten, alten Tagen“ nur noch andere Athleten zu überholen.
Im Ziel blieb die Zeit bei 3:07:55 stehen, was den dritten AK-Platz insgesamt bedeutete. Da die ersten drei Athleten alle aus Europa kamen, war das auch Platz 3 in der Europameisterschaftswertung. Und da der Sieger ein Franzose und der Zweitplatzierte ein Slowake war, blieb der Deutsche Meistertitel an mir hängen. Und da das DM-Podium mit Marco Göckus (EJOT Team Buschhütten) und Carsten Eggeling (VFL Wolfburg) innerhalb von 1,5 Minuten gefüllt war, bedeutet dieser Sieg ‘ne ganze Menge für mich. Es war seit langem mal wieder ein Rennen, in dem ich in allen drei Disziplinen mit meiner Leistung zufrieden war…und auch noch in der vierten Disziplin, denn außer mir schaffte es nur ein weiterer M40-er, beide Wechsel unter 1 Minute hinzukriegen.
Marion finishte den Xterra Light bravorös – okay, an den Bike-Künsten müssen wir noch ein wenig schrauben. Aber es hat uns beiden einen riesen Spaß gemacht und das ist ja wohl das Wichtigste. Und bei so einem perfekten Triathlon-Wetter (gottseidank war es noch nicht so heiß wie tags darauf) machte es auch richtig Laune, im Ziel zu trinken, zu essen, sich stundenlang mit den Kollegen zu unterhalten und „war stories“ auszutauschen. @Fabian: 3:1 buddy! Ob Du diesen Rückstand jemals wieder aufholen kannst?
Fazit:
Ein sensationell schönes Rennen bei diesmal perfekten Wetterbedingungen (bei meiner ersten Teilnahme 2008 hatten wir ja Dauerregen und richtig kalt). Außerhalb der Weltmeisterschaft auf Maui das wohl stärkste Xterra-Feld – dazu super international. Einen Teilnehmerrekord mit über 900 Athleten über alle Rennen gab’s auch für das O-See-Orgateam. Tolle Menschen kennen gelernt und neue Freundschaften geknüpft. Xterra ist im Grunde die geilste Form des Triathlon – leider mit zu schwacher Lobby. Naturgegeben kassiert man auf dem MTB so viel mehr Zeit auf die Ex-MTB-Worldcup-Cracks als auf die besten Biker auf der Straße. Aber es macht mir einfach so viel mehr Freude als das stupide Einzelzeitfahren auf der Straße. Zudem gibt es keine Windschatten-Problematik. Und in solch einer wunderschönen Natur-Umgebung wie in Zittau kommt auch der Naturliebhaber zu seinem Recht. Gekoppelt mit einem Kurzurlaub war das eine tolle Zeit (auch wenn das DNF-Pech mit meiner gerissenen Kette in Tschechien ein kleiner Wermutstropfen ist).
Ach ja, mit der gezeigten Leistung hätte ich mich natürlich für dieWeltmeisterschaft im Oktober in Maui qualifiziert. Aber erstens zieht’s mich dieses Jahr nicht so recht nach Hawaii und zweitens arbeite ich fast den gesamten Oktober in Asien (Singapore und New Delhi). Aber der neue Kurs im Norden von Maui reizt mich schon – vielleicht mache ich nächstes Jahr ein paar mehr Xterras und dafür mal wieder keine Langdistanz…
Race Stats:
- Wetter: 25°C und Sonnenschein satt, leichter Südwind, Wasser 22°C
- Strecke: offiziell 1,5 km Swim (2 Runden) – 36 km Bike (1 Runde mit ca. 1000 Höhenmetern) – 8,2 km Trailrun (1 Runde mit 160 Höhenmetern) – inoffiziell waren’s wohl eher 1,7 km zzgl. 150 Meter Landgang und ca. 9,5 km Laufen
- Zeiten: 26:21 (Swim) – 0:52 (T1) – 2:02:25 (Bike) – 0:58 (T2) – 37:19 (Run) = 3:07:55
- Platzierungen: Xterra European Championship: 47. Platz (3. M40); Deutsche Meisterschaften: 12. Platz (1. M40)
- Equipment: 2xU-Triathlon-Einteiler, blueseventy Vision-Goggles; Scott Genius RC-10 MTB mit Nobby Nic 2,25er-Bereifung; Pearl Izumi Octane MTB-Schuhe, Alpina Airframe One-Brille und Alpina Calima-Helm; Peral Izumi-Handschuhe; Pearl Izumi Streak II-Laufschuhe
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