Die Erinnerung an Auschwitz zerstören, aber Auschwitz zerstören – in einem Mainstreamfilm der Erinnerung durch historische Embleme? Möglich. Bryan Singer und sein Baby "X-Men" bewegen etwas in der Superheldenkonformität. Denn genau wie das großartige "The-Fast-and-the-Furious"-Franchise hören dort Geschichten auf zu existieren. Wo die Geschichte aber endet, fängt eine neue an: die Geschichte in Geschichten, die auf eine Geschichte verweist. "X-Men: Apocalypse" intertextualisiert das altkluge Metadirigieren (vor Sinalco-Werbetafeln); vor lautem Pompösgeklecker und vor ausgesprochen überdrehtem Vervollständigen einer filminternen Entwicklungslogik drohen die Figuren jedoch vernachlässigt zu werden, und "X-Men: Apocalypse" ist in der Tat der redundanteste Ableger der Reihe, dem es nicht gelingen mag, an die Zeitreisetragik des Vorgängers anzuschließen. Zum Ende hin, wenn jener Fanservice abgearbeitet ist, der sich vordrängeln musste (Wolverine), kratzt Singer jedoch die Kurve – gemäß dritten Teilen (und deshalb ignoriert Singer sarkastisch den dritten "X-Men: Der letzte Widerstand") scheint zum Schluss Einigkeit darüber zu bestehen, ein Kapitel in humanistischen Gesten abgeschlossen zu haben: für die Erinnerung und Nonkonformität. Dazu muss Oscar Isaac nicht einmal stimmlich groß aufspielen, um zu wissen, dass Singer das kommerzielle Kino bunter Hüpfhelden einnehmend transzendiert hat. Anstatt mit einem Donnerschlag auf die Fortsetzung zu hämmern, verabschiedet der Schöpfer seine Schöpfung vorerst mit einer zeitlosen Träne.
6 | 10