Meine Befürchtungen, dass meine Schlaflieder mit dem Prinzchen-Auszug nicht mehr gefragt wären, haben sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil, heute hat mich das Prinzchen ausdrücklich zum Singen in die obere Etage eingeladen und weil dort auch der Zoowärter einzuschlafen versuchte, wünschten bald einmal zwei kleine Jungs eine Serenade, wodurch ich in den Genuss von zwei wundersamen Veränderungen kam, anstatt nur einer, wie an gewöhnlichen Abenden. An den Anblick, wie aus einem sehr lebhaften Prinzchen, der tagsüber eher einem Gummiball als einem Kind gleicht, ein sanft schlafender kleiner Engel wird, habe ich mich schon gewöhnt. Wie aber innert wenigen Minuten aus dem tagsüber so kämpferischen Zoowärter ein verträumtes kleines Kind mit butterweichem Herzen wird, habe ich schon lange nicht mehr erlebt. Einfach unglaublich, was ein paar Schlaflieder und einige Umarmungen bewirken können.
Und noch eine Verwandlung erlebte ich: Während des Singens spürte ich, wie aus einer ungeduldigen, grummligen Rabenmutter, die ihre miese Laune nur unter grösster Anstrengung halbwegs in den Griff bekommen konnte, eine ziemlich ausgeglichene, entspannte Mama Venditti wurde, die ihren beiden Kleinsten aus vollem Herzen sagen konnte, wie sehr sie sie liebt, bevor ihnen die Augen zufielen. Auch solche Verwandlungen kommen vor und von allen drei ist dies die wundersamste, zumindest an Tagen wie heute, an denen ich schon aus der Haut fahre, wenn eine harmlose Stubenfliege durch die Küche summt oder wenn ein noch harmloserer „Meiner“ mich darum bittet, ihm mal schnell den Stil-Bund der „NZZ am Sonntag“ zu reichen.