Wunden auf alternder Haut

Wunden auf alternder Haut

Am 9. November denkt man auch in Pankow nicht nur an den Mauerfall, sondern auch an brennende Synagogen, verstörte, fliehende Menschen, beschmierte Geschäfte und zerstörte Wohnungen. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, der Pogromnacht, brannten überall in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei jüdische Einrichtungen. Spätestens da konnte jeder sehen, dass Antisemitismus und Rassismus in Deutschland sozusagen zum Staatsdoktrin geworden sind und selbst vor Mord nicht zurückgeschreckt wurde.

Wunden auf alternder Haut Michail Nelken, Axel Bielefeldt und Delia Hinz mit Blumengestecken zum Gedenken. Gabi Kuttner

Es ist eigentlich unfassbar, dass mangelnden Toleranz und Hass auf andere Menschen im Jahre 2015 wieder so aktuell sind. Noch bis vor kurzem konnte man sich die Wiederholung derartiger Anschläge nicht vorstellen und Vergleiche kommen ohnehin selten gut. Aber dass in den vergangenen Wochen und Monaten im Zusammenhang mit den Flüchtlingen offenbar mehr Einrichtungen zerstört wurden als damals, sollte uns nachdenklich machen. Was passiert erst, wenn wir wegsehen, fragten die Redner bei den Kranzniederlegungen auf den Jüdischen Friedhöfen in Weißensee und an der Schönhauser Allee, unter ihnen auch der Pankower Bezirksbürgermeister Matthias Köhne. Es begann damals mit der Ausgrenzung von 18.000 Juden allein in Prenzlauer Berg führte direkt in den Holocaust. So beschrieb es auch der in Baltimore lebende Rabbi Gustav Buchdahl in einem Gedicht mit der Zeile: „Wunden verbleiben auf alternder Haut.“


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