Ihr schneidig in die Parade zu fahren, was für jede Oppositionspartei unter normalen Umständen Ehrensache wäre, will derzeit keiner. Zu groß ist die Angst, der Bundespräsident, der bei fernerer Betrachtung von jeher als eine Art Sammler von Günstlingsbeweisen durch sein politisches Leben gegangen zu sein scheint, könne die einzig hierzulande noch Regierende mitreißen. Und deren Untergang würde dann denen aufs Konto geschrieben, die ihn angegriffen haben.
Nicht unterschätzt werden darf, dass Angela Merkel ihr Ansehen mit jedem Moment steigert, in dem das Ansehen von europäischen Institutionen, Koalitionsparteiführern, Oppositionsmaulhelden, Ratingagenturen, Bankmanagern und Wissenschaftlern weiter verfällt. War die gebürtige Westdeutsche mit ostdeutschem Stallgeruch vor der Finanzkrise noch ein wandelndes Bittgebet um ein Thema, mit dem sie ihrer Kanzlerschaft historisches Gepränge geben könne, so ist Merkel drei Jahre später der Felsen, auf dem die Deutschen ihr bisschen Zukunftshoffnung bauen.
Leider habe man. Mit dem Bundespräsidenten. Notgedrungen. Repräsentiere der einen doch. In seinem Fernsehinterview habe Christian Wulff gesagt: „Man ist Mensch, und man macht Fehler.“ Exakt dieser Satz offenbare sein ganzes Selbstmissverständnis. „Menschlich hat wahrscheinlich kaum jemand etwas gegen ihn; ich jedenfalls nicht, zumal ich ihn gar nicht kenne“, schreibt Welzel. „Ich würde daher auch nie auf die Idee kommen, an ihn als private Person irgendeine Kritik zu richten. Er müsste nur als Bundespräsident zurücktreten.“