Aber Bundespräsident Christian Wulff hörte nicht. Er blieb sich treu. Erste Frage im ARD/ZDF-Staatsinterview, erste Antwort, erstes Wort eine glatte Lüge. Nie habe er an Rücktritt gedacht, nie. Wulff guckt dazu, als wollte er sagen, "wie kommen sie denn darauf?" In der Bundesliga, raunt es im Publikum, wäre das ein neuer Rekord fuer das schnellste Eigentor.
Aber das war so geplant. Und Wulff macht so weiter. "Ich sage aber auch deutlich, zu keinem Zeitpunkt habe ich in einem meiner öffentlichen Ämter jemandem einen unberechtigten Vorteil gewährt", flachst er. Das klingt Ostdeutschen in den Ohren wie "Ich liebe Euch doch alle!", ist aber bei genauerer Betrachtung wieder ein echter Wulff-Satz mit Hintertüren in jedem Buchstaben: Keinen "unberechtigten Vorteil eingeräumt" interpretiert jeder Wohlmeinende dahingehend, dass er niemandem einen Vorteil eingeräumt hat. Meinen könnte er allerdings auch, dass er hat, aber aus seiner Sicht stets mit Fug und Recht.
Ein guter Mann, vom Umgang mit dem Wort her gesehen. Der Goethe der Roßtäuscher, der Grass des Wünschdirwas. Wulff weiß von nichts, das aber ganz genau: Seinen Kreditvertrag, führt er vor einem Millionenpublikum aus, habe er doch mündlich schon geschlossen gehabt, die Unterschreiberei danach, das Zurückschicken zur Bank - alles Formsache! Sagt Wullf. Und irrt. Darlehensverträge zwischen Verbraucher und Banken sind keineswegs "auch mündlich gültig", wie der Bundespräsident seinem Volk vorflunkert. Nein, für einen Verbraucherdarlehensvertrag ist nach § 492 BGBdie Schriftform zwingend vorgeschrieben. Der Mann hat zwar Jura studiert, ist aber augenscheinlich ahnungslos geblieben. Der Mann ist derselbe, der Gesetze in Deutschland mit seiner Unterschrift in Kraft setzt.