Wulff und der Pluralis Majestatis

Der Strafprozess gegen Christian Wulff wegen Vorteilsannahme, beginnt heute am Donnerstag (14.11.2013) und wird sich voraussichtlich über ein Jahr hinziehen. Der zurückgetretene Bundespräsident hätte die ganze Sache mit einem Vermittlungsverfahren (was ihm wohl immer noch offensteht) durch die Zahlung von 20.000Euro beenden können. Aber Wulff will anstelle dessen eine “vollständige Rehabilitierung”. Er sieht bei sich noch nicht einmal den “Anschein eines Fehlverhaltens” und geht auf´s Ganze.

Wulff

Foto: Martina Nolte, / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de

Über die Vorwürfge gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens und Ex-Bundespräsidenten wurde viel geschrieben und und zur Unzeit viel geschwiegen. Irgendwer brauchte uns -die Massen- einmal kurz, um den Mann auf einer Welle der Empörung aus dem Amt zu spülen – und die Massenmedien putschten uns auf. Denn legten sie uns wieder schlafen. (1) Frau Nahles (SPD) sprach sich für die vollständige Auszahlung eines “Ehrensoldes” aus. “Den Ehrensold soll er bekommen” sagte sie und nannte die Diskussion um die Verweigerung dieser Zahlungen “kleinlich”. (2) Im Anschluss an diese öffentlichen Aufregungen sollten wir dann alles wieder vergessen. Ein Ex-Bundespräsident, der die Nähe zu Stars und Sternchen suchte und fand; der sich Geld von einem Unternehmer lieh, welcher anschliessend mit ihm als Experte zu offiziellen Staatsgesprächen reiste, ein Bundespräsident, der für ein “Bobbycar” für seinen kleinen Sohn Einladungen ins Schloss Bellevue als Gegenleistung lieferte, waren Boulevard-Themen, die jedoch immer gleichzeitg eine gewisse politische Brisanz besaßen.
Der ins Zwielicht geratene Umgang mit dem niedersächsischen Landtag bei der Kreditaffaire (3); die sogennante “Rubikon-Rede” auf der Mailbox des Chefs des zeitungsähnlichen Druckerzeugnisses “Bild” (4); der Verdacht, dass er gegnüber großen, bzw. einflussreichen Wirtschaftsunternehmen in Niedersachsen nicht unabhängig entschied – und einiges mehr – weckten erhebliche Zweifel an der persönlichen Integrität eines hohen Staatsbeamten und dem höchsten Representanten unseres Landes.

“Wir treten nicht zurück” soll er im Pluralis Majestatis bei einem Auftritt in Köln ganz in der Manier eines Monarchen geäußert haben, als er anläßlich eines Staatsbesuchs gemeinsam mit dem türkischen Ministerpräsident Gül auftrat.

Mit der Zur-Schau-Stellung seines Eliten-Denkens und -Verhaltens hat Wulff sich in seiner Rolle als Bundespräsident viele Sympathien in der Bevölkerung verscherzt. Die Medien haben sein abgehobenes Gehabe und seine möglichen Verfehlungen solange auf allen Kanälen beleuchtet und in Szene gesetzt, dass heute beinahe niemand mehr hinterfragt, warum er eigentlich abgesägt werden sollte. War es möglicherweise seine kritische Haltung gegenüber den geplanten Maßnahmen zur Euro-Rettung? War es sein Statement “Der Islam gehört zu Deutschland”, das für manche Kreise bis heute unverdaulich blieb?

Eine Chance könnte das Verfahren gegen Wulff  der interessierten Öffentlichkeit bieten. Es könnte zum Präzedenzfall in Sachen “Vorteilsnahmen” werden: Wenn dem Ex-Präsidenten im anstehenden Verhandlungsmarathon wegen der vielen (möglicherweise kleineren Vergehen) im Nachgang nocheinmal das Leben zur Hölle gemacht wird, sollten andere politischen Vertreter, Gremien und Parteien künftig mit gleichen Maßstäben beurteilt werden. Anzugehen und aufzuholen gäbe es da genug.

Die Höhe eines wegen Vorteilsnahme zu beanstandenden Betrages sei “unmaßgeblich“, wird der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig in der FAZ zitiert.
Staatsanwälte müssten in solchen Fällen handeln.

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Quellen – weiterführende Links

Foto: Martina Nolte, / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de

(1) Politropolis.de Alles Vergessen…
(2) Tagesspiegel.de  Nach dem Abgang..
(3) Sueddeutsche.de Kreditaffaire…
(4) Sueddeutsche.de Rubikon..
(5) FAZ.de Zwischen Kungelei und Käuflichkeit


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