An und für sich wundert es nicht, wenn auch Bundespräsident Christian Wulff erneut ins Zwielicht gerät. Es sind die Erben der “geistig-moralischen Wende”, die in Wirklichkeit die Zeit der “Unwahrhaftigkeit”, der Lügen und Rechtsbrüche eingeläutet hatten.
Kurz nach Amtsantritt von Ex-Kanzler Helmut Kohl (CDU), sollte “Untreue” rückwirkend straffrei bleiben, was dann gescheitert war und damals zur Verurteilung von Graf Lambsdorff (FDP) führte. Nach “Spendenaffären” um den Waffenhändler Schreiber endete Kohls Amtszeit mit dem Bruch seines Amtseides unter Vorgabe des “persönlichen Versprechens”, das über das GESETZ gestellt wurde. Ein Skandal in der CDU, ein Bruch mit dem Rechtsstaat, der in die Geschichtsbücher eingehen wird. Bis heute ist nicht ganz klar, ob der jetzige Finanzminister Schäuble (CDU) ein oder zwei Geldkoffer erhalten hatte. Auch die “jüdischen Spenden” in Hessen markierten den Weg und die Geisteshaltung, auf den/die sich die CDU begeben hatte.
In dieser “Tradition” bewegte sich auch der damalige Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff (CDU), als er allerlei “Annehmlichkeiten” entgegennahm. Die besonders strengen Regeln in Niedersachsen, die Vorteilsnahmen verhindern sollten, wurden anscheinend leicht “umgangen”. Da musste dann die “Ehefrau” des Gönners herhalten, damit die “gesetzlichen klaren Regeln” noch irgendwie eingehalten werden können. Jetzt wird sogar spitzfindig danach gefragt, ob er das Darlehen von der “Familie” erhalten hat (Zugewinngemeinschaft) oder von der Ehefrau des Gönners im Sinne der “Gütertrennung”?
Die auf den Grund gehende noch nicht abgeschlossene Prüfung der näheren Umstände hat einen berechtigten Hintergrund. Es ist eines der vornehmsten Rechte der Opposition in der DEMOKRATIE darauf zu achten, dass POLITIK nicht korrumpierbar wird oder bleibt, weil Lobbyisten, Unternehmer oder Manager (unter Inkaufnahme der möglichen Untreue ggü. den Anteilseignern) Politiker zur “Vorteilsnahme” verleiten und damit ihre eigenen Interessen dadurch politisch beflügelt werden.
Deshalb war die damalige Anfrage der GRÜNEN im Landtag mehr als berechtigt; allein die Antwort des damaligen Ministerpräsidenten fiel mehr als dürftig aus. Er hätte besser die ganze Wahrheit gesagt.
Wir erleben seit Helmut Kohl eine CDU, bei der in der Regierungsverantwortung sogar der klare Rechtsbruch zum Alltag gehört. Die Urteile des BVerfG, die seit Jahren zunehmend die rechtswidrige Arbeit der Bundesregierung in die Schranken weisen muss, zuletzt durch das Urteil zum Lissabon-Vertrag und den Rettungspaketen, sind Legion.
Die Ministerin von der Leyen hatte sich sogar vor wenigen Monaten nicht gescheut, die klare Rechtsfortschreibung des BVerfG zu Hartz IV (BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010) zu missachten und Millionen Betroffenen das ihnen zustehende Existenzminimum vorsätzlich zu niedrig berechnen lassen. Ein unglaublicher Skandal, auch weil die verkürzte Lebenszeit für die Bezieher niedriger Einkommen längst bekannt war; eine Art politischer Genozid! Ähnlich wurde in UNION und FDP der seit Jahren feststellbare “Pflegenotstand”, für nicht wenige Betroffene eine “dauerhafte” Körperverletzung, bewusst in Kauf genommen, den die Zustände waren lange bekannt.
Es war und ist der “Bimbes-Geist”, der moderner heute als neoliberaler Zeitgeist umschrieben wird. Die ELITEN in der Gesellschaft sind danach der Auffassung, dass für sie die Rechtsordnung oder gar die Demokratie nicht gilt, sie wird sogar als lästig empfunden und soll durch den EU-Einheitsstaat abgeschafft werden. Mit der Politik der “Schuldenbegrenzung” soll in Wirklichkeit europaweit mindestens 1/3 der Bevölkerung in Armut leben, damit die Politik der Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt werden kann, damit die “feudale” und “neoliberale Ideologie” dauerhaft für die ELITEN erhalten werden kann.
Dass auch Christian Wulff sich berechtigt fühlte, die lästigen, ja vor diesem Hintergrund “ungezogenen” Fragen unvollständig zu beantworten, war aus der ererbten “Bimbes-Denkhaltung” der Kohl-Ära schon beinahe normal.
Jetzt wird er auch angesichts der Krise, bei der die wirklichen Absichten der ELITEN, nämlich die selbst verursachten “Spekulations-Schulden” auf die Allgemeinheit zu verlagern, kritisch beäugt. Auch deshalb, weil selbst JOURNALISTEN wie JÖRGES (Stern) die zuvor skizzierte Entwicklung gar nicht so intensiv wahrgenommen hatten. Jetzt treibt einige die Unsicherheit um, ob nicht der neoliberale, unethische Zeitgeist am Ende den Zusammenhalt der Gesellschaft zerstört und damit die “Leistungsfähigkeit” in der Gesellschaft nachhaltig untergräbt.
Denn sogar nicht wenige Betroffene aus dem einstigen Mittelstand, die sich immer häufiger in der Nähe prekärer Lebensverhältnisse wiederfinden, zweifeln zunehmend daran, ob der eingeschlagene “Bimbes-Weg” der UNION und der FDP richtig sein kann.
Auch deshalb wenden sich viele ehemalige Getreue von der FDP ab; in der KRISE wurde der seit Jahren gefeierte neoliberale Zeitgeist entzaubert, er erwies sich als profane Gier und eine zerstörerisch wirkende Abzockermentalität.
Jetzt muss sich der Bundespräsident seiner Vergangenheit stellen. Ob er den Mut aufbringt, freimütig Fehler einzuräumen, bleibt abzuwarten.
Aber diese “Fehler” sind nur ein Symptom für eine gescheiterte Politik, die einst Helmut Kohl eingeleitet hatte.