Wortschwall

06-017

Sprache entwickelt sich, sie ist Teil der Kultur, sie wird vom Zeitgeist, von den Ereignissen geprägt. Sprache entfaltet sich im Wechselspiel zwischen hören und reden. Bis vor etwa hundert Jahren war es während der gesamten Menschheitsgeschichte so, dass man immer etwa gleich viele Worte gesprochen hat, wie man Worte gehört hat. Einige Menschen sprachen natürlich etwas mehr als andere, Häuptlinge oder Prediger zum Beispiel. Trotzdem war das Verhältnis nur leicht verschoben. Mit der Erfindung des Radios begann das plötzlich zu ändern. Bald einmal hörte man doppelt so viele Worte wie man selber sprach. Bis heute hat sich das noch massiv zu Ungunsten des Redens verschoben. Genaue Zahlen kenne ich nicht.

Ein zweites Phänomen dabei ist, dass diejenigen die im Radio oder Fernsehen reden dürfen, von einer Unmenge Menschen gehört werden. Früher lag die maximale Grenze für die Zuhörerschaft bei der Stärke der Stimmbänder des Sprechenden. Heute lauschen Millionen der Stimme eines beliebigen Moderators. Mal abgesehen vom sachlichen Inhalt ist dieses Symptom prägend für die Sprachentwicklung. Denn Wortwahl, Betonung, Aussprache und Stilistik dieser Supermultiplikatoren sind prägend.

Was bedeutet das wohl für uns, und für die Vielfalt unserer Sprache? Gibt es einen Ausweg?


Bild: Hören / 65cm x 46cm / Acryl auf Aquarellpapier / 2006, Nr.06-017


 


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