World War Z und der Pawlowsche Pathos-Reflex

World War Z und der Pawlowsche Pathos-Reflex

Eine der berühmtesten deutschen Zombies. Aus: Bundesarchiv B 145 Bild-F054631-0013, Ludwigshafen, CDU-Bundesparteitag, Kohl

Back to the roots. Ein neues “Im Gespräch” über den teuersten Zombiefilm aller Zeiten (200 Millionen $): World War Z. Ein Genre, dem ntropy.de auch aufgrund seines Potentials als gesellschaftskritische Projektionsfläche und ästhetische Parabel für eine Gesellschaft im Abgrund seit jeher treu verbunden ist.

Der Film beginnt.

automat: Fängt ja gewöhnlich an: Schnell geschnittene Bilder, gesplitterter Bildschirm, voice over, Polit-Talkshows, die real wirken sollen…

Phire: …und dazu Philip Glass-artige Musik, die via Pawlowschen Pathos-Reflex die gesellschaftliche Relevanz zementieren soll. Und News-Einblendungen als prozessierte Pseudo-Realität.

automat: …der Exodus medial zusammengefasst.

Phire: Genau, und der digitale Paukenschlag hat jetzt ja mal voll ins Gesicht getroffen.

automat: Diese intime Szene der Familie von Brad Pitt ist übertrieben gekünstelt.

Phire: Ich finde es eigentlich ziemlich authentisch.

automat: Eklig, im Auto geht der Kitsch weiter. Hahahaaa (im nachahmenden Ton). „Der Ausnahmezustand ist eine Benimmregel für alle“, hat Brad am Anfang gesagt.

(nachdem ihn die blond genormte Hollywoodfamilien-Tochter vor dem TV gefragt hatte)   

Phire: „Schon gut, Spatz.“ (sagt Brad zu seiner kleinen Tochter, die sich besorgt nach dem Grund erkundigt, warum plötzlich die Autotür ihrer Familienkutsche weggecrasht wird.)

automat: „Spatz“. Das Bedrohungsszenario wird eigentlich ganz gut aufgebaut. Es wird ans kollektive Gedächtnis der Amerikaner appelliert: 9/11.

Phire: Ja, wie so oft in den hyperrealen amerikanischen Filmplots, die ja mittlerweile für die meisten Menschen das Hauptmedium für die Generierung von Moral und Weltbewusstsein darstellt.

automat: Die steigen ja direkt ein mit den Zombie-Szenen. Das muss auch nicht mehr erklärt werden. Jeder kennt Zombies.

Phire: Das finde ich super, endlich wird mal die jeweilige kulturelle Sozialisation der Protagonisten selbst mit bedacht.

automat: Jetzt wird geflüchtet, in irgendeine Trümmerwohnung.

Phire: Auch das noch. Die Pitt-Tochter hat Asthma. Auch ein bekanntes Motiv: Der familiäre Mikrokosmos als der mit Lupe vergrößerte kollektive Ausnahmezustand.

automat: Irgendwie war Pitt früher ein Militärtyp und bekommt jetzt Hilfe.

Im Supermarkt füllen Menschen kaufrausch-artig ihre Einkaufswagen.

Phire: Der Konsum als letzter Strohhalm der zivilisatorischen Lebenswelt.

automat: Das erinnert mich an meine Flugangst. Als ich das letzte Mal mit Ryanair geflogen bin, war ich sofort beruhigt, als sie direkt nach dem Start begonnen hatten, Sachen zu verkaufen.

Phire: Klaut der dicke Polizist jetzt etwa das letzte Nutella-Glas? Aha, und jetzt der erste Headshot des Films.

automat: Brad kann echt gut schießen.

Phire: Ein weiterer Beweis dafür, dass das liberale Waffenrecht in den USA doch seinen Sinn hat. Die NRA hat bestimmt gut gesponsert.

Phire: Brads Hundeblick kontrapunktiert sich jetzt schön mit dem Gewehr in seiner Hand.

automat: …und setzt ausreichende Tötungsgewalt ein. Yeah! Woahhh!

World War Z und der Pawlowsche Pathos-Reflex

Foto: Anne. Via http:www.flickr.comphotosilike6083692022

Die heteronorme Kernfamilie flüchtet auf ein Hochhaus.

Phire: Der Sound des Hubschraubers als erprobte Erlösungs-Ouvertüre.

automat: Das ist ja der Traum vieler Amerikaner. Moralisch abgesichert zu töten. Das kann man nicht oft genug sagen. Die Freude am Töten. Der Freudsche Thanatos.

Phire: Klar, das moralgesteuerte Über-Ich löst sich in enthumanisierter Säure auf.

automat: Das könnte ein guter Dubstep-Titel sein.

„Was zum Teufel ist es?“, fragt der Quoten-Schwarze bedeutungsschwanger…

Nemo: Hat er gerade gesagt, dass der Zombievirus aus Nordkorea stammt?

Phire: Ja, Kim Jong-un hat Grippe. Ach nee, doch nicht. Südkorea. Aha, eine Analogie zur spanischen Grippe von 1918.

„Ich schicke sie jetzt da rein. Viel Glück“

Phire: Wie ich sie liebe, diese Filmkriegsrhetorik, mit denen ranghohe Autoritäten an den ungebrochenen Nationalstolz von Ex-Dissidenten appellieren.

Brad verabschiedet sich tränenversunken von seiner Familie.

Phire: Toll, diese gehauchten Flüsterszenen, wenn kurzzeitig die Kamera auf die intime Familienkonstellation heranzoomt und die Musik Moll-Akkorde aussondert. Movie-Melancholie for Arme!

automat: Gutes Popcorn-Kino.

Phire: Guten Appetit.

Phire: Ah, endlich Marschtrommeln. Und endlich die ersten Egokriege im Testosteron-übersättigten Hauptquartier.

automat: Bescheuert, dieser mysteriöse Gefangene, der jetzt plötzlich zur Lösung des Rätsels beiträgt.

Phire: Haha, er sieht aus wie die um 20 Jahre verjüngte Version von Hannibal Lector.

automat: Jetzt hat er gerade gesagt, dass die Juden die Seuche ausgelöst haben sollen und Israel das einzige abgesicherte Land der Welt ist.

Phire: What a thrill! What a thrill! Was für ein Mindfuck.

World War Z und der Pawlowsche Pathos-Reflex

Filmszene aus World War Z. via http:aws.hackingchristianity.net wp-content files World-War-Z

Die aufgebrachte, hinter hohen Mauern eingepferchte Menschenmenge in Jerusalem singt Volkslieder für die panisch hereinbrechenden Flüchtlingsströme.

automat: Haben die da ´ne Funktion One-Anlage?

Phire: Hehe.

automat: Der Sound hat jetzt die ganzen Zombies angelockt.

Phire: Würdest du auch so grell gestelzt durch die Gegend brüllen, wenn dich ein Zombie verfolgt?

automat: Nein.

Phire: Glaube ich dir nicht. Oh, cooler Reese-Bass. Echtes Körperkino.

Die Kameralinse zoomt auf ein Hundebaby, das verlegen vor sich hin bellt.

automat: Süüüß.

Phire: Däs isch dooch gefäigt…

Phire: Ich habe das Gefühl, der Film besteht ausschließlich aus viszeralen Grunzgeräuschen und beißend hochfrequenten Menschenschreien mit gelegentlichen Dialog-Unterbrechungen.

automat: Stimmt doch gar nicht.

automat: Ach, und jetzt stürzen sie natürlich zufällig neben der research facility ab.

Phire: Immer dieses Sir, Sir, Sir, Sir, Sir, Sir, Sir-Mantra. Als wäre dieser selbstzerstörerische Autoritätsgehorsam noch irgendwie relevant…

Moritz Bleibtreu tritt als Mitglied eines Forscherteams vor die Kamera und brilliert mit diversen Nahaufnahmen seines ungläubig dreinblickenden Doggen-Gesichts.

Phire: Kann der endlich mal was sagen? Oder darf er nicht, wegen seines deutschen Akzents?

automat: Wie opulent diese Zombies jetzt massenhaft verbrannt werden. Haha, Brad hat gerade gesagt: „Der Krieg hat gerade erst begonnen“.

Phire: Und zum Schluss doch noch ein Dur-Akkord.

Text: Phire

Dialog: Phire und Automat.


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