Wonne aus der Tonne: The Dentist & The Dentist 2
Liebe Tonnen-Community, wir alle haben eine Schmerzgrenze. Ein Freund von mir hält es zum Beispiel nicht aus, wenn in Filmen irgendwas mit Fingernägeln vorkommt. Meine Frau kann‘s nicht leiden, wenn Kinder bedroht werden. Egal ob bei Disney, Tatort oder im Horrorfilm. Bei mir sind’s die Zähne. Schon allein, wenn jemand das Geräusch eines Zahnbohrers neben mir simuliert, löst das Gänsehaut bei mir aus. Aber der Angst soll man ja bekanntlich ins Gesicht schauen. Daher habe ich mir zwei besonders schmackhafte Exemplare des 90er-Videothekenkinos nach Hause geholt.
The Dentist
OT: The Dentist, USA, 1996, R: Brian Yuzna, Drehbuch: Dennis Paoli, Stuart Gordon, Charles Finch, Mit: Corbin Bernsen, Linda Hoffman, Ken Foree, u.a.
Der wohlhabende Zahnarzt Dr. Alan Feinstone (Corbin Bernsen) lebt in Los Angeles mit seiner Frau in einer luxuriösen Villa, samt Pool und Poolboy. Eben mit jenem vergnügt sich auch Mrs. Feinstone (Linda Hoffman) gerne, wie der Zahnarzt leider bald bemerken muss. Von Eifersucht und Rachegefühlen geplagt, beginnt der Arzt seine Schicht in der Praxis. Mehr und mehr droht Feinstone den Verstand zu verlieren. Sehr zum Leidwesen seiner Patienten und Assistenzgehilfinnen.
Einmal ist kein Mal. Also kehrt Feinstone zurück in …
The Dentist 2
OT: The Dentist 2, USA, 1998, Regie: Brian Yuzna, Drehbuch: Richard Dana Smith, Mit: Corbin Bernsen, Jillian McWirther, Jeff Doucette, u.a.
Dr. Feinstone gelingt die Flucht aus der Klapse, in die er nach seinen ungeheuerlichen Taten im ersten Teil eingesperrt wurde. Er nimmt die falsche Identität des Dr. Caine an und lässt sich in der Kleinstadt Paradise, Missouri, nieder. Dort lernt er die alleinstehende Jamie (Jillian McWhirter) kennen, die ihn frappant an seine untreue Ex-Frau erinnert. So wird sie einerseits Objekt seiner Begierde, aber auch seiner Eifersucht und seines Wahnsinns. Dass er den ortsansässigen Zahnarzt umbringt und dessen Praxis übernimmt, ist dann nur folgerichtig. Doch die Luft wird enger für Caine/Feinstone, da seine Ex-Frau einen Detektiv auf ihn angesetzt hat, der ihn aufspüren soll, damit sie ihre ganz persönliche Rache ausleben darf…
The Dentist und The Dentist 2 sind trotz stringentem Team zwei recht unterschiedliche Filme geworden. Während der erste Teil noch ein ähnliches Feeling wie Brain Yuznas Beverly Hills-Satire Society hat, bewegt sich der zweite Teil mehr im Fahrwasser des psychologischen Thrillers. Im ersten Teil ist alles furchtbar schrill und überzeichnet. Corbin Bernsen spielt mit Leib und Seele den psychopathischen Zahnarzt. Auch hat der Film viel Humor, den man jetzt mögen kann, oder auch nicht. In puncto Gewalt hält sich der Film erstaunlich zurück. Zwar gibt es wohl zwei-drei unschöne Szenen, aber die gehen schnell vorbei und fallen bei weitem nicht so drastisch aus, wie man es vermuten könnte. Darstellerisch läuft die Kiste eigentlich ziemlich gut. Neben dem hervorragenden Corbin Bernsen gibt es ein erfreuliches Wiedersehen mit dem charismatischen Ken Foree aus dem originalen Dawn of the Dead. Warum ist aus dem eigentlich nie eine größere Nummer geworden? Er spielt hier den ermittelnden Detective, der Feinstone auf die Schliche kommt. Und das macht er ganz wunderbar. Auch der Rest der Cast macht seine Sache gut. Sehr skurril ist hier natürlich ein früher Auftritt des späteren Oscar-Nominierten Mark Ruffalo, der als Agent einer jungen Schauspielerin mit eben jener auch in Feinstones Praxis sitzt. Besonders grottig ist übrigens die deutsche Synchronisation, die aus dem flotten B-Movie schnell einen miesen C-Movie macht.
Der zweite Teil wurde zwar immer noch vom gleichen Regisseur, also Brian Yuzna, und mit Bernsen als Hauptdarsteller realisiert, doch das Drehbuch stammt nun von jemand anderem. Und das merkt man. Die Überzeichnung und die Satire sind nun einem gradlinigen Thriller-Skript gewichen. Es wird versucht, mehr in die Tiefe und Charakterisierung von Feinstone zu gehen. Und das klappt über weite Teile auch überraschend gut. Der Thrill stellt sich langsam ein, wird aber gekonnt angezogen. Zwischendurch hat man schon fast Mitleid und Sympathie mit Feinstone, was natürlich auch an der wiedermal hervorragenden Darstellung von Corbin Bernsen liegt. An der Gewaltschraube wurde diesmal auch ordentlich gedreht und so kriegt man diesmal definitiv mehr zu sehen, als man wahrscheinlich wollte. Das ist auch insofern bemerkenswert, als dass der in der Hinsicht harmlosere erste Teil von der deutschen Behörde indiziert wurde, während der zweite Teil frei verkäuflich für alle ab 18 zu haben ist. Das Ende kommt in diesem Film jedoch dermaßen abrupt und unaufgelöst daher, als hätten ganz plötzlich sämtliche Beteiligten keinen Bock mehr auf den Scheiß gehabt. Was schade ist. Denn bis hier hin empfand ich den Streifen deutlich besser als seinen Ruf.
Also alles in allem in beiden Fällen ein zweifelhaftes Vergnügen. Darsteller und Regie machen hier viel richtig. In Sachen Story hätte man ruhig ein wenig tiefer in die Tasche greifen dürfen. Dennoch: Ein schöner Zeitvertreib für echte Sadisten, und eigentlich auch für Masochisten. Ich habe die ganze Zeit den Song „I am your Dentist“ aus Der kleine Horrorladen im Ohr…
Wir lesen uns in zwei Wochen wieder an gewohnter Stelle. Bis dahin immer schön die Zahnseide verwenden und auch mal Mundspüle benutzen. Und bleibt seltsam.
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Autor
Benedict ThillSchon als Kind sah er sich am liebsten heimlich Horrorfilme an und hat seitdem einen Schaden weg. Wenn er nicht gerade Schundfilme schaut, schreibt er Theaterstücke für Kinder und Jugendliche, die dann auch regelmäßig aufgeführt werden. Kein Scherz.