Wonne aus der Tonne: Death Kiss
Liebe Filmfreunde, wem stehen sie nicht schon längst zum Hals raus? Remakes von Klassikern, die außer einer Beschmutzung des Originals nichts beizutragen haben. Die grausliche Leichenfledderei ging auch 2018 munter weiter. Besonders schmerzlich für mich war Eli Roth‘ schamlose und völlig fehlgeleitete Interpretation des Charles-Bronson-Klassikers Death Wish. Wie kann man nur?! Und dann Bruce Willis zu besetzen. Der Mann hat offensichtlich seit vielen Jahren keinen Bock mehr auf die Scheiße. Hört auf ihm weiter Rollenangebote zu machen und schickt den Alten endlich in Pension. So. Genug abgelästert. Denn darum geht es ja in unserer Filmkolumne der absonderlichen Art schließlich nicht. Ich verstehe meinen Auftrag dahingehend, dass ich dem einen oder anderen interessierten Leser die Augen öffnen kann, wo die wahren Alternativen zu solchen Machwerken zu finden sind. Und gerade in dieser Causa hat plötzlich ein völlig unerwartetes Ereignis Licht in unsere Welt gebracht …
Death Kiss
OT: Death Kiss, USA, 2018, Regie und Drehbuch: Rene Perez, Mit: Robert Kovacs, Daniel Baldwin, Richard Tyson, u.a.
Mr. K (Robert Kovacs) durchstreift die Lande und macht jeder Art von Bösewicht mit seiner 45er Magnum den Gar aus. Sämtliches Geld seiner Opfer wird von ihm einkassiert und der mittellosen Alleinerzieherin Ana (Eva Hamilton) und ihrer körperbehinderten Tochter gespendet. Wohlgemerkt anonym. Nach einiger Zeit entdeckt Ana ihren unbekannten Gönner und lädt ihn zu sich ein. Der wortkarge Mann nimmt widerwillig an. Doch warum er das alles tut, dass will er so gar nicht Preis geben …
Death Kiss steht und fällt mit einer einzigen Tatsache. Oder viel mehr einer Art „Spezialeffekt“. Hauptdarsteller Robert Kovacs, der auch unter dem Namen Robert Bronzi auftritt, ist ein Charles-Bronson-Lookalike, bei dem man sich mehrmals die Augen reiben muss um zu glauben, dass der selige Charlie nicht doch aus seinem Grab entstiegen ist um bei diesem Bockmist mitzumachen. Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend. Woher der angeblich ungarische Schauspieler aufgetaucht ist – niemand weiß es. Aber plötzlich sind er und dieser Film da. Und der hat es tatsächlich in sich.
Um es vorweg zu sagen: Death Kiss ist kein guter Film. Nicht im herkömmlichen Sinn. Es handelt sich um einen ultrabrutalen Low-Budget-Reißer, der einzig und allein von seinem Hauptdarsteller lebt. Hier soll der Geist der (vor allem späteren) Death Wish-Reihe fortgesetzt werden. Und das gelingt – in überschaubaren Rahmen – auch ganz gut. Inhaltlich vollkommen politisch inkorrekt bis hin zur schweren Bedenklichkeit – gepaart mit ein paar wirklich an die Grenzen gehenden Gewalteinlagen. Bin mal gespannt, wie lange der eben erschienene Film im freien Verkauf bleibt, bevor ihn die deutsche Filmbehörde auf den Index setzt.
Kovacs/Bronzi gibt eine lakonische Bronson-Darstellung ab. Der Rest der Cast wird vielerorts als völlig unbrauchbar gescholten. Ich kann dem nicht ganz zustimmen. Auszeichnungswürdig ist hier freilich niemand, aber das geht schon alles klar. Richard Tyson sieht fast immer noch genauso aus, wie bei Kindergarten Cop vor bald 30 Jahren und macht uns einen schön widerlichen Bösewicht. Daniel Baldwin kommentiert als Radio-Moderator das Geschehen und sorgt dabei für die politisch fragwürdigsten Momente des Films. So sehr, dass die Synchronisation sogar ein wenig abgemildert wurde um eine FSK-Freigabe erzielen zu können – die übrigens erst nach Einspruch des Labels und Neuprüfung gewährleistet wurde.
Sicher kein Film für alle. Ein B-Movie für Menschen die Charles Bronson furchtbar vermissen (wie ich) und die schwere politische Inkorrektheit nicht abschreckt (aber bitte auch nicht ernst nimmt!). Für mich um Welten besser, als das eingangs erwähnte unsägliche Remake. Und ja, eine würdige Fortsetzung des Mythos. Weil offensichtlich voller Liebe und Anerkennung gemacht. Mehrere Fake-Bronson-Filme mit Kovacs sollen folgen. Von mir aus können sie.
Gerade nach Filmen wie diesen muss man sagen: Seid doch bitte nett zueinander! Und bleibt seltsam.
Passend dazu...
Autor
Benedict ThillSchon als Kind sah er sich am liebsten heimlich Horrorfilme an und hat seitdem einen Schaden weg. Wenn er nicht gerade Schundfilme schaut, schreibt er Theaterstücke für Kinder und Jugendliche, die dann auch regelmäßig aufgeführt werden. Kein Scherz.