Wolfgang Hohlbein – die Freiheit nehm’ ich mir

Von Davidgray300 @davidgray300


Hallo Wolfgang Hohlbein, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen meine Fragen zu beantworten. Sie erreichten mit Ihren Büchern regelmäßig Millionenauflagen. Mancherorts behauptet man Sie seien der Auflagenstärkste zeitgenössische deutsche Autor überhaupt.
Kollege Andreas Eschbach hält auf seiner Webseite den Hinweis bereit, dass man als Autor besser nicht erwarten solle je in die Verlegenheit zu kommen, vorm eigenen Haus die Paparazzis von den Bäumen schütteln zu müssen. Dennoch, Herr Hohlbein, werden wenigstens Sie manchmal auf der Straße erkannt und um ein Autogramm gebeten?
Auch wenn ich gelegentlich einmal erkannt und um ein Autogramm gebeten werde: ein Autor ist kein Rockstar. Zu unseren Lesungen kommen bestenfalls ein paar hundert Leute, während zu den großen Festivals wie Wacken zehntausende von Fans pilgern. Das kommt mir entgegen, denn dadurch fokussiert sich das öffentliche Interesse viel mehr auf das, was ich zu Papier bringe. Ich finde es prima, manchmal an Podiumsdiskussion teilnehmen zu können oder nach einer Lesung meinen Lesern in einer Fragerunde Rede und Antwort zu stehen. Aber genauso, dass ich auch ganz normal mit der Bahn fahren und in ein Restaurant gehen kann. Darauf würde ich nur sehr ungern verzichten.

Wolfgang Hohlbein - Bestsellerautor


Was halten Sie vom Phänomen der so genannten Indie-Autoren, also den Kollegen, die ihre Titel selbst als E-Books auf den verschiedenen Plattformen veröffentlichen? Verfolgen Sie diese Entwicklung überhaupt?  
Ich würde sicherlich daran teilnehmen, wenn ich selber noch eher im Anfang meiner Karriere wäre. Meine ersten Geschichten habe ich in Fanzines veröffentlicht, das hat mich weitergebracht. Das man jetzt darüber hinaus viel mehr Freiheiten hat, seine Leser zu erreichen: Das ist eine Bereicherung.
Ein Verlagslabel auf dem Buchcover bürgt ja dafür, dass da Lektorat, Korrektorat, Cover und was dergleichen noch mehr ist, professionell gehandhabt wurden. Wird das allein ausreichen, um in der derzeit immer schärfer werdenden Konkurrenz im E-Book Markt zwischen Indie-Autoren und Verlagsautoren langfristig mithalten zu können?
Zu diesem Themenkreis finden ganze Kongresse statt. Die gehen allerdings ziemlich an mir vorbei: Ich sehe mich nicht in der Rolle als Trenddeuter, sondern als Geschichtenerzähler. Insofern beobachte ich, dass sich der Markt immer weiter öffnet, und ständig neue Publikations- und Vertriebsformen ausprobiert werden. Wer am Ende gewinnt oder verliert: Das lässt sich im künstlerischen Bereich gottlob vorab nicht wirklich einschätzen.
Wie sehen Sie den E-Book Markt als Verlagsautor? Bringt das E-Book langfristig Schaden, ist es womöglich ein Segen, doch eher Fluch – oder womöglich schlicht irgendetwas dazwischen?
Mit dem Ausdruck „Verlagsautor“ kann ich eigentlich nur wenig anfangen. Wie gesagt sehe ich mich als Geschichtenerzähler. Ob meine Geschichten dann in gedruckter Form, als Hörbuch, als Film oder als E-Book verbreitet werden, steht dabei für mich nicht so im Vordergrund. Was ich allerdings wichtig finde ist, dass ein Austausch von Geben und Nehmen besteht. Und das geht nur solange gut, solange Raubkopien nicht überhand nehmen. Wenn das nicht mehr der Fall ist, wird man als Familienvater eher einen Bürojob annehmen, statt Künstler zu werden.
Als Selbstpublizierer ist es mittlerweile kein großes Problem mehr, viele der Dienstleistungen, die ein Verlag dem Autor anbietet, auch selbst einzukaufen. Ich denke da an Lektorat, Cover und dergleichen mehr. Der Aspekt, den die überwiegende Anzahl der Selbstpublizierer allerdings stets als besonders positiv hervorhebt, ist ihre Freiheit über Vermarktungsform und Gestaltung des eigenen Buches selbst bestimmen zu können. Gibt es Momente im Leben des Verlagsautors Wolfgang Hohlbein, in denen er den Indie-Autoren jene Freiheit womöglich ein wenig neidet?
Nein. Ich habe mir die Freiheit genommen, in meinen Geschichten immer wieder Grenzen zu sprengen. Das ist für mich Freiheit. Nicht die, selbst Vermarkter zu werden.
Stichwort: illegale Downloads. Haben Sie als der erfolgreichste deutsche Gegenwartsautor schon Erfahrungen mit illegalen Downloads Ihrer Bücher machen müssen?
Sicher. Aber damit beschäftigen sich die Verlage, während ich – ich kann mich hier nur wiederholen – mich lieber aufs Geschichtenerzählen konzentriere.
Stichwort Urheberrechtsdebatte. Hat Wolfgang Hohlbein in dieser Angelegenheit eine Petition unterzeichnet? Und falls ja – welche und weshalb? Oder halten Sie Ihren Namen von solchen Unternehmungen grundsätzlich lieber fern?
Das Thema Raubkopien und Urheberrechtsschutz verfolgt mich, seitdem ich im Jahr 2000 als erster deutscher Autor erfolgreich eine E-Book-Geschichte an den Mann gebracht habe. Ich finde es dennoch weitaus spannender, Romane zu schreiben, als Petitionen zu unterzeichnen.
Unter vielen Autoren herrscht die Ansicht, dass es gefährlich sein könnte seine Werke selbst als E-Books zu publizieren, da dies womöglich von den Verlagen als anrüchig betrachtet würde und daher einen Verlagsvertrag von vornherein ausschließt. Ist da Ihrer Meinung nach etwas dran?
Wer nicht bereit ist, Gefahren einzugehen, wird wohl kaum neue Türen aufstoßen. Ich habe mich als Vater von drei Kindern als Autor selbstständig gemacht, als ich noch keine wirklichen Erfolge vorzuweisen hatte. Die stellten sich dann sehr bald ein. Andere waren weniger glücklicher und mussten schon bald wieder in ihren ungeliebten Beruf zurückkehren. Aber sie haben es wenigstens versucht: Und darauf kommt es im Leben doch an.
Viele Branchenprofis sehen mittelfristig die Zukunft des stationären Buchhandels in einem düsteren Licht. Sie ebenfalls?
Der stationäre Buchhandel ist Mittler zwischen Verlagen und Käufern. Je mehr diese Funktion auch von anderen – etwa vom Online-Buchhandel und Web-Portalen – angeboten wird, umso schwieriger wird es für den klassischen Buchhändler.
Was wirft Sie bei der Arbeit an einem neuen Roman garantiert „aus der Bahn“?
Körperliche Erschöpfung wie nach einer langen Autofahrt im Stau.