Wolfgang Herrndorf: Bilder deiner großen Liebe

Von Buecherdiebin

Bilder deiner großen Liebevon Wolfgang HerrndorfRowohlt, 2014144 SeitenGebundene Ausgabe: 16,95 €Taschenbuch: 9,99 €

Klappentext

Ein Mädchen steht im Hof einer Anstalt. Das Tor geht auf, das Mädchen huscht hinaus und beginnt seine Reise, durch Wälder, Felder, Dörfer und an der Autobahn entlang: «Die Sterne wandern, und ich wandre auch.» Isa heißt sie, und Isa wird den Menschen begegnen – freundlichen wie rätselhaften, schlechten wie traurigen. Einem Binnenschiffer, der vielleicht ein Bankräuber ist, einem merkwürdigen Schriftsteller, einem toten Förster, einem Fernfahrer auf Abwegen. Und auf einer Müllhalde trifft sie zwei Vierzehnjährige, einer davon, der schüchterne Blonde, gefällt ihr. An dem Roman über die verlorene, verrückte, hinreißende Isa hat Wolfgang Herrndorf bis zuletzt gearbeitet, er hat ihn selbst noch zur Veröffentlichung bestimmt. Eine romantische Wanderschaft durch Tage und Nächte; unvollendet und doch ein unvergessliches Leseerlebnis. «Ich halte das Tagebuch wie einen Kompass vor mich hin. Pappelsamen schneien um mich herum, und der süße Duft der Lichtnelken strömt durch die Nächte. Ich sehe einen Wald, aus dem vier hohe Masten aufragen über die Baumwipfel. Am Waldrand steht eine kleine Hütte, die Teil eines Wanderwegs ist, wie drei eingekastelte Zeichen verraten. Ein schwarzer Gedankenstrich, eine gelbe Schlange, ein rotes Dreieck. Mein Name.»

Inhalt in eigenen Worten

Die Jugendliche Isa (Man kennt sie bereits aus Tschick, sofern man's gelesen hat!) schlüpft  hinter einem LKW aus dem gesicherten Gelände einer psychiatrischen Anstalt.  Das Mädchen begibt sich nun ganz in Tschick-Manier auf einen Roadtrip, diesmal allerdings zu Fuß. Ohne Geld. Ohne saubere Kleidung. Ohne Schuhe. Und dabei begegnet Isa den verschiedensten Menschen: einem lüsternen LKW-Fahrer, einem Schiffer und natürlich Tschick und Maik. Dabei lernen wir die verworrene Geschichte Isas kennen, ohne so richtig zu wissen, was nun der Wahrheit entspricht und was nicht.

Meinung

Bereits der erste Absatz des Romans hat mich in den Bann von Herrndorfs Sprache gezogen. 
Verrückt sein heißt ja auch nur, dass man verrückt ist, und nicht bescheiert. Weil das viele Leute denken, dass die superkomplett bescheuert sind, die Verrückten, nur weil sie komisch rumlaufen und schreien und auf den Gehweg kacken und was nicht alles. Und das ist ja auch so. Aber so fühlt es sich nicht an, jedenfalls nicht von innen, jedenfalls nicht immer.

Im melancholisch-amüsanten Plauderton jongliert Herrndorf mit den Worten, dass es allein der Sprache wegen ein großes Lesevergnügen darstellt. Auch die Handlung, die in sich nicht immer schlüssig erscheint, überzeugt. Diese Unschlüssigkeit und Unstimmigkeit ist jedoch, vermute ich, vom Autor genau so intendiert. Einmal ist Isas Vater tot, einmal wohl lebendig, einmal vom Meteorit erschlagen. Meiner Meinung nach illustriert das sehr geschickt die "Verrücktheit", die Isa in gewisser Weise unterstellt wird. Wobei nicht genau klar ist, worin sich ihre psychische Erkrankung ausdrückt. Herrndorf lässt ein eher diffuses Bild der Protagonistin entstehen, nach dem man sich dennoch fühlt, als kenne man Isa. Sie ist mit Abstand eine der sympathischsten Hauptfiguren, die ich kenne. Insgesamt ist das Buch von diesem Melancholischen gesprägt und doch wird einem immer wieder ein Lächeln abgerungen. Ein durch und durch gelungenes Buch, wie ich finde. Und bis jetzt - ich habe noch nicht alle Werke des Autors gelesen - das wohl stärkste und schönste für mich.