Nun: ich habe begonnen mit seinem bereits 1999 erschienenem Buch “Die Ostdeutschen Kunde von einem verlorenen Land” in dem Engler den Versuch macht, die Geschichte der DDR unter soziologischen Gesichtspunkten zu beschreiben.
Dieser Versuch muss als gelungen bezeichnet werden.
Fernab jeglicher Verbrämung (Engler ist Ostdeutscher) und genau so weit entfernt von Häme gelingt es ihm, eine Art Sittengemälde der Sozialisation der Ostdeutschen in den 40 Jahren der DDR zu erstellen.
Das Buch teilt die DDR-Geschichte in 10-Jahres-Abschnitte; durchbrochen und definiert von einigen geschichtlich relevanten Brüchen in der Geschichte: der 17. Juni ’53, die Ausbürgerung Biermanns.
Engler geht von der Theorie aus, dass die Teilung Deutschlands nicht erst mit der Gründung der beiden Nachkriegsstaaten begann, sondern sich bereits in den letzten Kriegstagen manifestierte:
Dennoch wurde der Krieg im Osten und in der Mitte Deutschlands, überall dort, wie die Rote Armee anrückte, mit besonderer Härte und Grausamkeit geführt, bis zuletzt. (Seite 18)
und folgert daraus, dass sich die Ostdeutschen – auch in den Kriegsfolgen – als die Verlierer begreifen mussten; als die, die Reparationen leisten mussten während der Westteil Deutschlands dem Marshall-Plan entsprechend bevorteilt wurde.
Unterschiedlicher Erinnerungsdruck und emotionaler Tiefgang, der auf so unterschiedliche Art vergegenständlichten Zeiterfahrung bewirkten, daß sich die Nachkriegsdeutschen schon in den vorsprachlichen Bezirken ihres Daseins langsam, aber sicher voneinander entfernten. (Seite 20)
Diese – sehr früh sich abzeichnenden Unterscheide beweist er in den ersten Kapiteln sehr schlüssig anhand der Architektur (die für ihn als Ausdruck des Zeitgeistes steht): so vergleicht er Eisenhüttenstadt und die zeitgleich entstandene Stadt um das VW-Werk in Wolfsburg; die Stalinalle mit dem Hansa-Viertel in Berlin (West).
Ich kann hier nicht das ganze Buch zitieren – obwohl das sicherlich gut wäre – aber möchte es in jedem Falle Jedem empfehlen, der einen unverstellten und meiner Meinung nach ziemlich objektiven Blick auf die soziale Gesellschaft in der DDR werfen will.
Nun werde ich mir sein nachfolgendes Buch “Die Ostdeutschen als Avantgarde” besorgen müssen – in dem er erstmalig auf das uneingeschränkte Grundeinkommen zu sprechen kommt. Am Beispiel des Ostens der Republik, in dem es definitiv für viele Menschen einfach keine Arbeit mehr gibt; in dem der Gedanke an Vollbeschäftigung einfach irrelevant geworden ist; stellt er dar, dass es trotzdem möglich ist, ein menschenwürdiges Leben führen zu können.
Ich bin gespannt.