Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!

MachineGames und die Arkane Studios liefern mit Wolfenstein: Youngblood das nächste Kapitel im Wolfenstein-Spieleuniversum. Dabei ist das durch Publisher Bethesda Softworks in den Handel gebrachte Spiel für Xbox One, PS4 und Nintendo Switch nicht der geradlinige und storyintensive Ego-Shooter, den man nach Wolfenstein II: The New Colossus vielleicht erwartet hätte. Aber ist das so schlimm? Das verrät euch unser Test.

Was bisher geschah...

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Schwer vorstellbar, aber vielleicht hat der eine oder andere Egoshooter-Fan ja doch Wolfenstein: The New Order aus dem Jahr 2014, den Soft-Reboot der aus den Neunzigern stammenden Reihe, verpasst. In dessen alternativer Geschichtsschreibung gewannen die Achsenmächte den 2. Weltkrieg und rissen somit die Weltherrschaft an sich. Dabei schlüpft man in Wolfenstein: The New Order, dem Standalone Addon Wolfenstein: The old Blood (2015) und in Wolfenstein II: The new Colossus (2017) in die Rolle des Soldaten B. J. Blazkowicz. Der nimmt es darin im Grunde fast im Alleingang mit den Nazis oder dem Regime auf. Denn von Nazis wurde bisher nur in den Versionen gesprochen, die außerhalb Deutschlands erhältlich sind. Doch dazu später mehr im Abschnitt Versionsverwirrungen.

Der neuste Ableger Wolfenstein: Youngblood schickt B. J. erstmals auf die Bank. So schlüpfen Freunde knallharter Shooteraction mit nicht gerade zimperlicher Gewaltdarstellung, erstmals nicht in die Rolle des verdienten Kriegshelden, sondern übernehmen die Kontrolle über seine beiden Töchter.

Wobei man selbst bei Spielbeginn entscheiden muss, welche der beiden man mit welchem Loadout (das jederzeit im Spiel wieder geändert werden kann bzw. durch das Fortschrittssystem anpassbar ist) spielt. Dabei bricht das Spiel mit einer weiteren Tradition: ab sofort ist man immer zu zweit unterwegs! Denn Wolfenstein: Youngblood ist tatsächlich ein waschechter Koop-Shooter, den zwar auch Solisten spielen können, dann aber von einer KI-Schwester begleitet werden. Das klappt mal gut und mal weniger gut. Aber auch dazu später mehr.

Die Geschichte setzt einige Jahre nach den Ereignissen in Wolfenstein II: The new Colossus an. Genauer 19 Jahre später, also 1980. 1961 konnte B. J. das bis dahin unter Regimeherrschaft stehenden Nordamerika befreien. Dem Rest der Welt erging es dabei leider nicht so gut. Als 1980 ihr Vater spurlos verschwindet, machen sich die Zwillingsschwestern Jessica und Sophia Blazkowicz auf die Suche nach ihrem Vater und finden sich im vom Regime besetzten Paris wieder. Bis hier hin bekommt man erstmal das, was man seit 2014 von MachineGames schon kennt: brutale und schnelle Balleraction in einer alternativen Realität, in der sich auch die technologische Entwicklung deutlich von unserer unterscheidet. Riesige Zeppeline schweben am Himmel und die Waffenforschung hat große Fortschritte gemacht. Egal ob Panzerhunde (Roboterhunde), schwer gepanzerte und mit Laserwaffen ausgestattete Soldaten oder haushohe Mechs: das Regime hat sich im Bereich Forschung intensiv darauf konzentriert, seine militärische Macht zu stärken.

Doch schon nach der ersten Mission, die zeitgleich als Tutorial dient, fallen weitere gravierende Unterschiede ins Auge, die für eingefleischte Serienfans vermutlich sehr unerwartet kommen.

Nicht ohne meine Schwester!

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Die Katakomben in Paris beherbergen den Widerstand und dienen uns zugleich als Basis. Hier können Gespräche mit den NPCs geführt und Aufträge angenommen werden. Jede Menge Aufträge. Einerseits ist es ähnlich zu dem U-Boot aus Wolfenstein II, andererseits gibt es hier nicht nur Hauptmissionen anzunehmen. Auch diverse optionale Nebenmissionen warten darauf, absolviert zu werden.

Hm, sind sie wirklich optional? Grundsätzlich schon, weil es keine Fortschrittsbeschränkung gibt, wenn man sie nicht erledigt. Andererseits hat der eigene Spielcharakter nun ein Level, eine Stufe und die Gegner ebenso. Und wie man es aus Rollenspielen kennt: ein Level 5 Charakter hat gegen einen Gegner auf Stufe 20 und höher einfach keine Chance. Was zunächst nach einer frischen Frühlingsbrise für die Reihe klingt, kristallisiert sich leider schnell als aufgezwungene Grindspirale heraus.

Das Fokussieren auf die Hauptmissionen, nämlich das Erobern der drei Brüder, drei großer Türme die Supercomputer enthalten und deren Daten uns kombiniert den Standort von B. J. verraten sollen, klappt nicht so ganz. Denn man kann sich zwar direkt zu Spielbeginn zu den schwerbewachten Eingängen dieser Türme begeben, scheitert dann aber Dank der Gegnerstufen schon am ersten Soldaten. Dieser hat eine Stufe die so viel höher ist als die eigene, dass sie nur als Totenkopfsymbol angezeigt wird. Und wenn uns das Spielen zahlreicher Games eines gelehrt hat, dann das Totenkopfsymbole in Spielen nie etwas Gutes bedeuten. Daraus ergibt sich, dass wir erst unsere Stufe steigern müssen, um eine Chance auf das Weiterkommen in der Hauptgeschichte zu haben. Also werden reihenweise Nebenmissionen abgeklappert. Dabei sind die Aufträge aus den Katakomben eigentlich gar nicht so schlecht.

Wären sie nicht auf „Hole X" und „Töte Y" beschränkt und das leider ohne spannenden, belohnende Zwischensequenzen wie in der Hauptreihe. Ein trockener Dialog startet eine Mission bzw. überträgt sie zu allen anderen in das Tagebuch. Die Reihenfolge des Abarbeitens bleibt dabei den Spielern überlassen. Begrenzt durch die Stufenanforderungen. Totenkopfmissionen lassen sich zwar trotzdem angehen, enden aber sehr schnell im Tod der Zwillinge. Ist die Nebenmission erledigt, verschwindet sie aus dem Tagebuch und manchmal kann man noch in der Basis mit dem Auftraggeber über den Abschluss sprechen. Das ist aber nicht die Regel und diese inhaltlosen Worte bringen einen auch storyseitig nicht weiter.

Selbst das Erledigen eines der drei Brüder führt nicht zu einer Zwischensequenz. Das Foto des entsprechenden Turms in den Katakomben ist dann lediglich durchgestrichen. Unbefriedigend! Das man letztlich in allen drei Türmen jeweils den gleichen Bosskampf, nur vor anderer Kulisse, absolvieren muss, trägt nicht wirklich zur Spannung bei.

Story pfui, Shooter-Gameplay hui?

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Wenn also seitens der Story wenig motivierendes zu erwarten ist, wie stets um die Kernmechanik, das Shooter-Gameplay? Das ist auf dem fast schon typisch hohen Niveau der Reihe und geht keine Kompromisse ein. Da auch die Geschwister jeweils eine Motorrüstung, also eine Art Superanzug tragen (wie ihr Vater zuvor auch schon), der sie besonders stark macht, sie hart zuschlagen und hoch springen lässt und Dank der starken Panzerung auch einiges an Beschuss einstecken kann, sind alle Voraussetzungen für schnelles Gunplay geschaffen. Springen, klettern, rutschen und währenddessen aus allen Rohren feuernd und zur Not auch mal schlagend oder tretend oder mit einer Nahkampfwaffe Regime-Soldaten von den Beinen fegend - alles geht schnell und präzise von der Hand. Ohne dabei das Gefühl zu haben, die Übersicht oder die Kontrolle zu verlieren. Das Abtrennen von Körperteilen oder Zerfetzen von Gegner kann dabei auch schon mal vorkommen. Neben den genretypischen Standardwaffen, wie einer schallgedämpften Pistole, Maschinen- und Sturmgewehr, finden sich auch futuristische Waffen im Arsenal. So z. B. das Dieselkraftwerk, mit dem sich auf Knopfdruck zündbare Haftgranaten verschießen lassen oder das Laserkraftwerk, dass Feinde quasi zerplatzen lässt.

Schwere Waffen von erlegten Feinden lassen sich jedoch erst verwenden, wenn die entsprechende Fähigkeit freigeschaltet wurde. Wolfenstein: Youngblood verfügt über ein mehrstufiges Fortschrittsystem. Das Ausschalten von Feinden und Erledigen von Missionen lässt das Erfahrungspunktekonto wachsen und schaltet so Fähigkeitspunkte frei. Damit können in den drei Kategorien Macht, Verstand und Kraft verschiedene passive und aktive Boni freigeschaltet werden. Dazu gehört eben auch die Möglichkeit, die schweren Waffen zu verwenden. In späteren Ausbaustufen können diese Waffen auch dauerhaft in die eigene Tasche gesteckt werden. Oder man erhöht dauerhaft die maximale Lebensenergie oder maximale Panzerung. Wer unentdeckt durch die Level sprinten will, kann auch die Tarnfähigkeit weiter ausbauen und sich für Feinde unsichtbar fortbewegen.

Dann bleiben noch, abseits von zahlreichen Sammelgegenständen, die in Texten mehr über die Welt und ihre Charaktere verraten, freischaltbare Gesten und aufrüstbare Waffen. Beides wird mit derselben Ressource, sogenannten Waffenteilen, freigeschaltet. Gesten können z. B. die Lebensenergie oder Panzerung der Schwestern mitten im Gefecht per Knopfdruck wieder auffüllen. Bei den Waffen können die obligatorischen Schalldämpfer, größere Magazine, Visiere/Zielfernrohre und Schadenswerte durch entsprechende Upgrades freigeschaltet werden. Dabei können einmal freigeschaltete Upgrades jederzeit, auch während der Missionen oder sogar mitten im Kampfgetümmel, an den Waffen befestigt werden. Für die schnelle Umrüstung der Waffen im Kampf wäre es schöner gewesen, sich an Beispiel an Crysis zu nehmen, statt in ein Menü zu wechseln, dass den gesamten Bildschirm ausfüllt. Da das Spiel nicht pausiert werden kann, nimmt das den Reiz aus dem Experimentieren mit schnellen Upgradewechseln.

Besonders nervig sind allerdings die Abschnitte im Untergrund, da man hier auf die Taschenlampe angewiesen ist. Die ist zu Spielbeginn nur in Verbindung mit der verhältnismäßig schwachen Pistole verfügbar und trotzdem das einzige Mittel gegen die Dunkelheit. Aber auch andere Waffen wie das Sturmgewehr, können um eine Taschenlampe erweitert werden. Trotzdem ergibt sich für mich nicht, warum man diese dunklen Abschnitte nicht auch einfach mit einem waffenunabhängigen Nachtsichtgerät vereinfachen kann. Das Gefummel mit der Taschenlampe wirkt auf mich unpassend in einem eigentlich auf Geschwindigkeit und Action ausgelegten Shooter. Der Lichtkegel geht bei jedem Schuss mit und verzieht damit genauso wie die Schusswaffe selbst und der Leuchtradius ist relativ gering. Da hilft nur, die Helligkeit des Spiels im Allgemeinen hochzudrehen, um diese Abschnitte erträglich zu machen und nicht die Geschwindigkeit zu verlieren. Gerade die ist doch mit das Gameplayhighlight!

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Wenn ich schon etwas von nervig sage, was sowohl auf die Untergrundabschnitte als auch die einfallslosen und lahm erzählten Nebenmissionen zutrifft, gibt es da noch zwei Punkte. Aus unerfindlichen Gründen gibt es einen sehr nervigen Gegnerrespawn. Der wird scheinbar immer dann ausgelöst, wenn man sich „zu weit" aus dem aktuellen Abschnitt eines Levels bewegt. In erster Linie fällt dies an der Oberfläche der Pariser Viertel auf. Wird ein großer, von Gegner bereits bereinigter Platz durch einen Korridor verlassen und man kehrt Sekunden später zurück, sind auch die Gegner zurückgekehrt. Da aber das Erkunden der offen gehaltenen Level wichtig ist für das Finden der Crafting-Materialien, bekommt man es immer wieder mit den gleichen Schusswechseln in gleicher Kulisse zu tun. Andererseits erleichtern die so erhaltenen Erfahrungspunkte das Grinden für den nächsten Stufenaufstieg ein wenig. Mit steigendem Level des eigenen Charakters, werden auch die Gegner ausgetauscht. Wo zu Beginn beispielsweise eine einzelne Drohne unterwegs ist, ist ein wenig später im Kampagnenverlauf ein hochstufiger Panzerhund auf seiner Patrouille zu beobachten. Die Spielwelt levelt also im Grunde mit.

Warum dann aber noch aufgezwungenes Backtracking seinen Weg ins Spiel als Designschnitzer gefunden hat, ergibt sich mir überhaupt nicht. Denn während die beiden Schwestern so durch die Bezirke von Paris stromern, gehen per Funk immer wieder Nebenaufgaben ein. Das führt regelmäßig, bezirksübergreifend, zu enormen Backtracking. Beispielsweise sollen wir in einem Krankenhaus den Strom im OP abschalten, damit sich eine gefangene Widerstandskämpferin befreien kann. Auf dem Weg dorthin gilt es zahlreiche Regime-Schergen zu überwinden. Ist das Ziel erreicht, verlasse ich das Krankenhaus, nur um dann per Funk den Auftrag zu bekommen, das gleiche Gebäude erneut in anderer Sache zu betreten. Blöd nur, dass hier nun auch alle Gegner wieder da sind. Erneut verlasse ich nach der Zielerreichung das Gebäude und werde erneut, dieses Mal ein Stück tiefer, hineingeschickt. Es gilt nun, Gefangene zu befreien. Die Gegner sind wieder da, werden wieder niedergemäht und die Gefangenen befreit. Kurze Zeit später, außerhalb des Krankenhauses, geht ein Funkspruch ein...

Ich kann im Rahmen der Story von einem durch das Regime besetzten Paris noch akzeptieren, dass nach Verlassen bzw. bei Rückkehr in zuvor besuchte Bezirke die feindlichen Soldaten zurückkehren. Aber das quasi direkt hinter meinem Rücken erneut die gleichen Gegner auftauchen und mir als Spieler minutenlang die gleichen Feinde und Gebäude zur Missionserledigung aufgezwungen werden, nervt einfach. Hier macht auch das sonst so amüsante und motivierende Shooter-Gameplay keinen Spaß mehr, aufgrund der immensen Abnutzungserscheinungen.

Richtig schlimm und ein absoluter Spielspaßkiller ist das Speichersystem. Wer in einem Bosskampf auf der Spitze eines der Brüder stirbt, landet wieder auf der untersten Ebene des Turms. Da kommen mal schnell 15-25 Minuten zusammen, die man sich erneut zum Boss hochkämpfen muss. Warum die Checkpoints so unfair gesetzt sind, obwohl sogar durch immer gleiche Videoschnipsel versteckte Ladesequenzen zum Ebenenwechsel notwendig sind, ergibt sich mir nicht. Natürlich könnte man diese Checkpoint-Mechanik, die fehlende Speicherfunktion und die fehlende Pausenfunktion dem Koop-Modus zuschieben. Aber andere Titel, wie Gears of War 4 beispielsweise, haben damit doch auch kein Problem.

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Weder Skynet noch Cortana

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Wer solo unterwegs ist, wird von einer Schwester begleitet, deren Steuerung die KI übernimmt. Das klappt zwar grundsätzlich ganz solide, auch was Wegfindung und Teamheilung angeht, stößt aber an vielen anderen Stellen an seine Grenzen oder wird sogar zum Atmossphärekiller. Beispielsweise kann die KI nicht springen und kann einem somit auch nicht auf die Beine helfen, wenn man sich auf einer erhöhten Position befindet. Dreht man sich so, dass man die eigene Schwester nicht mehr im Sichtfeld hat, beamt sie sich plötzlich zwecks Heilung zum eigenen Spielcharakter. Auch das Durchrushen, vorbei an allen Gegnern und hin zu einer Schalteranlage oder Tür, die nur die Schwestern gemeinsam bedienen können, führt zum Einsatz des Transporters der Enterprise. In Bosskämpfen neigt die KI leider zu Totalausfällen: Frontaler Angriff auf den Boss, ohne Deckung zu suchen oder sich auch um die feindliche Verstärkung in Form von normalen Gegnern kümmern ist hier an der Tagesordnung. Dazu kommt, dass man sich selbst ständig in Gefahr bringt, um der KI wieder auf die Beine zu helfen. Ein Angreifen des Bosses von beiden Seiten und geschickt Deckung suchen und Feuer auf sich ziehen, damit der jeweils andere auf den Boss feuern kann ist leider Fehlanzeige. Zumindest auf den höheren der insgesamt drei Schwierigkeitsgrade wird das schnell zum Problem und kann sehr frustrierend sein. Man kann zwar immer nur einen einzigen Gegner markieren, damit die KI sich auf diesen konzentriert, tatsächlich scheint das nicht immer zu funktionieren. Oft greift sie dann doch lieber anderen Ziele an, was das konzentrierte Feuern auf einen besonders starken Feind verhindert.

Auf der Xbox One X gesellen sich zu dem immer wieder auftretende Soundaussetzer zum Actionfest dazu und das Missionsübergreifend, auch nach Neustart der Konsole und des Spiels. Dabei treten diese Aussetzer, wenn sie denn auftreten, nicht überall sondern scheinbar nur in bestimmten Spielabschnitten innerhalb einer Mission auf. Die Katakomben scheinen davon gänzlich verschont zu sein. Mit diesem Probleme sind wir nach kurzer Recherche im Internet aber nicht alleine. Es scheint laut anderen Spielern auf der Xbox, der PS4 und dem PC aufzutreten und dies wohl vor allem dann, wenn man die Taschenlampe im Spiel verwendet oder verwendet hat.

Versionsverwirrungen - Nazis oder doch das Regime?

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!Die Wolfenstein-Spielereihe existiert schon eine ganze Weile und einer der bekanntesten oder vielleicht berüchtigten Teile ist der aus dem 1992, der noch auf Disketten erschien. Dieser Teil wurde seinerzeit nicht nur indiziert, was erstmal nur ein Verbot öffentlicher Werbung für ein Spiel bedeutet und den Verkauf nur an volljährige Personen, sondern auch verboten bzw. genauer durch richterlichen Beschluss beschlagnahmt. Damit war der Privatbesitz weiterhin möglich aber der Verkauf war damit in Deutschland untersagt. Tatsächlich war für den richterlichen Beschluss der Gewaltgrad des Spiels zugrundeliegend. Einerseits war Wolfenstein 3D ein Meilenstein des Egoshooter-Genres, andererseits durfte es namentlich seinerzeit nicht in Tests für Vergleiche etc. erwähnt werden. Deshalb gab es kreative Wortschöpfungen, wie Steinwolf D3 und auch das erste Doom hat seinerzeit ein ähnliches Schicksal erdulden müssen und wurde fortan gerne als MOOD bezeichnet.

Die verwendeten Nazisymbole, wie das Hakenkreuz und auch die enthaltene nationalsozialistische Titelmelodie waren nicht der Grund für die Beschlagnahmung.

Aus Sorge davor, dass mit der Serienneuauflage Wolfenstein: The new Order in Deutschland im Jahr 2014 ähnlich umgegangen wird, haben sich Entwickler und Publisher für die deutsche Version etwas einfallen lassen. So wurden alle Nazi-Symbole entfernt und aus den Nazis wurde das Regime und den Darstellungen von Adolf Hitler im Spiel wurde der charakteristische Schnauzbart entfernt.

Soweit die Historie. Die USK hat nun aber am 09.08.2018 ihre Rechtsaufassung geändert und erklärt, die ohnehin seit Jahren bestehende Sozialadäquanzklausel des § 86a Abs. 3 des Strafgesetzbuches nunmehr nicht nur auf Filme, sondern auch auf Computer- und Videospiele anzuwenden. Diese Regelung ermöglicht es Entwicklern nun, entsprechende Symbole und Themen in ihren Spielen zu verwenden und das Ergebnis der Einzelfallprüfung durch die USK abzuwarten. Wichtig ist hier, dass es keinen Freibrief gibt, sondern nach wie vor geprüft wird!

Ergebnis dieser Neuregelung ist, dass es nun von Wolfenstein: Youngblood zwei frei erhältliche Versionen in Deutschland gibt. Beide tragen das USK Siegel „ab 18", unterscheiden sich nicht beim Gewaltgrad, dafür aber bei der Synchronisation und der verwendeten Symbole und Bezeichnung der gegnerischen Fraktion.

Wolfenstein: Youngblood im Test – die Killer-Zwillinge greifen an!In der deutschen Fassung ist eine deutsche Tonspur enthalten, Hitlergemälde haben keinen Schnauzbart, es gibt keine Hakenkreuze und anstelle von Nazis, ist eigentlich nur vom Regime die Rede. Tatsächlich ist die enthaltene deutsche Tonspur sich aber wohl selbst nicht sicher, wovon sie jetzt sprechen will. Den die NPCs scheinen lediglich vom Regime zu sprechen, während die beiden Protagonistinnen bereits im Rahmen des Einführungsvideos sich selbst als „geborene Nazikiller" bezeichnen. Obwohl sonst nirgendwo Nazis erwähnt werden. Auch in den Texten der Sammelobjekte ist lediglich die Rede vom Regime. Die beiden Schwestern geben aber auch abseits von Zwischensequenzen und Dialogen mit NPCs gerne Kommentare im Kampfgeschehen von sich und sprechen hier auch immer mal wieder von Nazis. Das konnten wir so bei der deutschen Xbox One Version und bei der deutschen Version auf Steam für den PC feststellen.

Die internationale Version trägt ebenfalls das USK Logo „ab 18", lässt aber die deutsche Tonspur vermissen und wartet dafür mit einer englischen Tonspur und englischen Texten auf. Dafür ist an jeder Stelle von Nazis die Rede und die entsprechenden Symbole sind enthalten. Auch Darstellungen von Hitler sind hier originalgetreuer als in der deutschen Version.

Damit steht es den volljährigen Spielern nun frei, im Rahmen des Kaufes darüber zu entscheiden, ob sie gegen Nazis oder das Regime in den Kampf ziehen wollen.

Die beiden Elektrofachmärkte Media Markt und Saturn boykottieren den Verkauf der internationalen Version und vertreiben beide nur die deutsche Fassung. Auch im Microsoft Store gibt es nur die deutsche Fassung, während PlayStation network und Nintendo eShop beide Fassungen aufführen und auch bei Amazon beide Versionen zu beziehen sind.

Fazit

Gegner-Respawn, Backtracking, uninspiriertes Missionsdesign, zwangsweise notwendiger Grind und das Fehlen des Humors und der zahlreichen Zwischensequenzen, wie noch in Wolfenstein II: The new Colossus, lassen das Standalone-Addon Wolfenstein: Youngblood als schwächsten Serienteil aus dem Hause MachineGames dastehen. Dafür überzeugt das Actiongameplay wie gehabt auf hohem Niveau und macht auch im neuen Koop-Modus richtig Laune, wobei die Technik absolut stabil läuft und durchaus sehr ansehnliche Actionfeuerwerke auf dem TV entfacht. Die Switch Fassung von Youngblood hat verglichen mit The New Colossus sogar deutlich zugelegt. Zwar läuft das Geschehen nach wie vor mit maximal 720p im TV Modus und 540p im Handheld Modus, dafür bricht die dynamische Auflösung seltener und weniger stark ein. Die Texturqualität konnte auch leicht zulegen, obwohl es immer wieder mal zu Textur Nachladern kommen kann. Keine Überraschungen gibt es bei der Bildrate, die auf Switch bei 30fps liegt und auch mal in den mittleren 20er Bereich einbrechen kann.

Im Gegensatz zu Rage 2 eignet sich Youngblood aber aufgrund der fehlenden Speicherfunktion und der unfairen Checkpoints nicht für eine kurze Runde zwischendurch. Mindestens eine Mission aus dem Tagebuch, egal ob Haupt- oder Nebenauftrag, sollte man vor beenden des Spiels erfolgreich abschließen, um den Fortschritt bis zur nächsten Spielsitzung festzuhalten. Warum der Fortschritt im Koop nur beim Host gespeichert wird, ist aber auch wieder unerklärlich. Wer einfach nur gewohnt unterhaltsame Ballerkost mit Koop-Bonus im Wolfenstein-Universum sucht, kann hier sicherlich zugreifen. Und zum Budgetpreis von knapp 40 € lässt der Umfang des Spiels nichts zu wünschen übrig.

Alle anderen, die sich eine hohe Produktionsqualität, wie die von Wolfenstein II: The new Colossus erhoffen, sollten lieber die alten Teile nochmal spielen oder auf den nächsten Hauptteil warten, statt 10 Stunden (und erheblich mehr zur Abarbeitung aller optionalen Aufträge) in Paris zu verbringen.


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