Bei den neuen Möbeln sollte auf jeden Fall auch eine neue Wohnwand für mein Zimmer dabei sein. Also ab in den Baumarkt und die verschiedenen Modelle auf mich wirken lassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Farbrichtung im Kopf und es war mir ziemlich schnuppe. Nur „Holzoptik“ sollte es nicht sein.
Beim Rundgang vernahm ich plötzlich eine leise Stimme, die mich zu sich rief und mit den Worten: „Komm zu mir – ich bin die Richtige für Dich!“ lockte. Meine Füße hörten nicht mehr auf mich, sondern führten plötzlich ein Eigenleben und mich direkt zu einer Wohnwand in weiß-grau-schwarz. Und blauem Licht. Das war ziemlich wichtig.
Und es kam, wie es kommen mußte: beeinflußt durch ihre einschmeichelnden Worte, wurde diese Eine meine Zukünftige. Bezahlen und Anliefertermin vereinbaren waren schnell erledigt und ich ab diesem Zeitpunkt in begeisterter Vorfreude auf mein neues Schmuckstück.
Zu zweit geht´s besser
Meine Freundin Michaela erklärte sich selbstmörderisch bereit, mir an dem Tag beim Aufbau zu helfen. Nun ja – selbstmörderisch ist vielleicht übertrieben. Schließlich ahnten wir ja zu dem Zeitpunkt noch nicht, was da so auf uns zukommen würde. Und das waren nicht nur etliche große und tierisch schwere Pakete.
Das mittlere Fernsehteil war schnell als das Wichtigste auserkoren, wir krämpelten unsere Ärmel hoch und los ging das große Auspacken. Selbstverständlich suchten wir ganz Frau als Erstes die Anleitung. Gefunden haben wir eine 15seitige Bilderserie, die schon eher einem Buch glich. Kurz schwelgten wir in der Hoffnung, dass dieses Monstrum für die gesamte Anbauwand galt. Aber natürlich nicht.
Los geht´s?
Keine Ahnung, wie so ein Aufbau bei Euch ablaufen würde.
Wir haben brav alles ausgepackt, Schrauben, Holznippel und andere unwichtige Dinge vorsortiert, Werkzeug bereit gelegt und dann bei Seite 1 auf der Anleitung angefangen. Und uns kaputt gelacht. War doch da eine Zeichnung, dass zwar zwei Personen für den Aufbau benötigt werden, eine davon stand aber augenscheinlich nur dumm in der Gegend herum. Selbstverständlich konnten wir uns nicht einigen, wer welchen Part übernimmt und so haben wir dann doch beide zugefasst.
Zuerst haben wir sämtliche Löcher gestopft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere zuvor so schön angeordneten Häufchen wurden immer kleiner und unsere Hände hatten schon das erste Mal keine Lust mehr, die Schraubendreher im Takt zu bewegen.
Nun muß man sich aber vorstellen, dass die ganze Vorbereitungsshow einige Zeit in Anspruch genommen hat. Wir Mädels in Schweiß gebadet verspürten mittlerweile ein gewisses Hungergefühl, dass sich immer tiefer in unsere Eingeweide fraß. Das durfte nicht so bleiben. Nichts – nicht einmal unser eigener Magen – sollte uns vom arbeiten abhalten. Also kurzerhand Pizza geordert. Was tut man nicht alles, damit das Tagesziel erreicht wird?
Die Pizza war übrigens ultra lecker und hat uns dazu gebracht, doch eine kurze Pause einzulegen.
Wo sind die S3?
Die am häufigsten gestellte Frage an diesem Tag war :„Wo sind die S3?“ und „Haben wir noch S3 da?“ Dazu sei gesagt, dass „S3“ die kleinsten Schrauben ever sind und in dieser Wohnwand in Massen verschraubt werden müssen. Und ständig haben diese sich an eine andere Stelle geschmuggelt. Dabei hatten wir so einen schönen Platz inmitten der anderen Schrauben besorgt.
Ihr müßt Euch das so vorstellen:
man nimmt sich das Teil, das laut Anleitung als nächstes verbaut wird. Schaut sich das Bild noch einmal an und beginnt dann die gebrauchte Anzahl an S3 zu suchen. Immer und immer wieder. Nervend und unheimlich witzig. Fanden wir zumindest. Lange nicht so viel gelacht, wie an diesem Tag.
Teil Nummer 1 ist geschafft
Yeah! Was für ein befreiendes und erhebendes Gefühl, als das erwählte Teil Nummer 1 dann am Tagesende fertig zusammengebaut an seinem zukünftigen Platz stand. Und wir mega stolz davor. Nach so viel Arbeit sah es jetzt irgendwie gar nicht mehr aus. Aber uns konnte es nichts vormachen: wir wußten genau, wie viele S3 und Schweißperlen darin steckten!
Nächster Tag, nächster Freund, nächstes Teil
Die Wohnwand besteht aus drei Teilen plus Regal. Also: ich war noch lange nicht fertig mit dem ganzen Ding. Und da es halt zu zweit besser ging, durfte Helge mir als Nächster zur Seite stehen. Bis er bei mir und dem rechten Schrankteil eintraf, hatte ich das bereits ausgepackt, vorsortiert und zum großes Teil Schrauben eingesetzt. War ja auch einfach, da ich ja nun wußte, wie es geht und die S3 hatten einen ganz besonderen – ausbruchsicheren – Platz bekommen.
Nen bisschen blöd war, dass Helge feststellte, dass mein Akkuschrauber durchaus funktioniert und wir uns am Tag zuvor nur etwas dusselig angestellt hatten. Aber das würde ich hier natürlich nicht erzählen. Wäre ja dumm von mir. Außerdem haben wir mit voller Absicht alles mit der Hand geschraubt! Wir wollten das ja lernen und so…
Helge war nachmittags verabredet, aber das war kein Problem: das Teil stand zwei Minuten nach Abmarschzeit. Und ich war somit wieder einen großen Schritt weiter!
Einer und eins fehlen noch
Bisheriges Fazit: zwei Freunde, zwei Teile. Ein Teil fehlte noch und entsprechend auch ein Freund. Doch dieser war schnell gefunden und somit stand dem Bau des dritten Teils nichts im Weg. Außer meine Ungeduld.
René wollte am frühen Abend bei mir sein. Aber die Anbauwand flüsterte noch immer eigenartige Dinge in mein Ohr und somit erwischte ich mich im Lauf des Tages dabei, wie ich das letzte – und natürlich größte – Paket durch die Wohnung schleppte, auspackte und beschraubte.
Der Ehrgeiz hatte mich gepackt und ich wollte das Ding einfach nur noch aufgebaut haben. Doch dann passierte das Allerschlimmste, was passieren konnte: ein Einlegeboden fehlt! Also nicht nur irgendeiner. Nein, wenn dann schon richtig! Dieses fehlende Ding sollte den linken Teil stabilisieren. Ich hab die gesamte Wohnung auf den Kopf gestellt: das Brett blieb verschwunden.
Was nun?
Ich habe geflucht, geschimpft, gelacht, Leute mit meinem Leid zugetextet, doch dann war plötzlich klar: ich laß mich doch davon nicht unterkriegen! Der Umzug ist in ein paar Tagen und ich brauche den Schrank mehr als dringend. Da ist keine Zeit, um beim Lieferanten nach dem Teil zu betteln. Auch nicht, um ein anderes Brett zu kaufen. Das Teil musste an diesem Abend stehen. Weil ich das so wollte!
Eine kurze Zeit später hatte ich also beschlossen, dass das auch ohne gehen muss und war dabei, die Rückwand so fest wie möglich zu verdaddeln und eins der Einlegebretter zu bequatschen, dass es ab sofort für die Stabilität des Schrankes sorgen muss. Schwer wurde es nur, als der Schrank aus seiner bequemen Liegeposition aufgerichtet werden musste. Doch selbst das hab ich noch durchgezogen.
Damit der Schrank nicht doch noch in sich zusammenfällt, hat René mir an diesem Abend das Ersatzbrett angebohrt und anschließend verschraubt. War bestimmt auch die bessere Lösung: der Schrank steht wie eine Eins. Nichts wackelt und deutet darauf hin, dass da ein wichtiges Brett fehlen würde. Und einen zusätzlichen Einlegeboden kann ich mir ja immer noch besorgen.
Ich habe fertig
Nun sind alle Türen angebaut, im Glasteil die ersten Gläser untergebracht und jeden Abend laß ich das indirekte Licht leuchten.
Find die Wohnwand immer noch toll und bin froh, dass sie mich im Baumarkt auserwählt hat.