Im Rahmen der Diskussion um den Ehrensold für Bundespräsident a.D. Christian Wulff wurde im SPON-Forum auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht verwiesen, in dem es um eine Wohnungsdurchsuchung alleine auf Grund der Strafanzeige einer Ehefrau wegen Unterhaltspflichtverletzung ging.
Der Beschwerdeführer hatte von der Agentur für Arbeit eine Umschulung finanziert bekommen, im Rahmen dessen der Mann ein Praktikum in einer größeren Firma absolvierte. Das Unternehmen hatte auf seiner Internetseite ein Bild ihres Umschülers eingestellt, woraus die Ehefrau schloss, das ihr Mann für seine Tätigkeit ein Entgelt erhalten würde. Die Firma hatte dieses im Rahmen der Ermittlung zwar verneint, trotzdem wurde ein Durchsuchungsbeschluss ausgestellt.
Das in unserem Staat jemand bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen muss, um seine grundrechtlich geschützten Anliegen bestätigt zu bekommen, zeigt die geistige Armut unserer behördlichen Vertreter, hier Richter und Richterinnen, auf.
Nachfolgend einige Gründe des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil – 2 BvR 15/11 -
12 – Die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG.
13 – 1. a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 27, 1 <6>; 51, 97 <107>). In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>).
14 – b) Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist jedenfalls der Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sei. Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderung liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 <371 f.>; 59, 95 <97>). Eine Durchsuchung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus (vgl. BVerfGK 8, 332 <336>; 11, 88 <92>).
16 – Die Annahme eines ausreichenden Tatverdachts ist von Verfassungs wegen nicht haltbar. Der Verdacht der Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 Abs. 1 StGB) beinhaltet als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Leistungsmöglichkeit des Täters, denn dieser muss tatsächlich zu einer mindestens teilweisen Leistung imstande sein (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 170 Rn. 8). In den angegriffenen Entscheidungen finden sich schon keine Angaben darüber, in welcher Höhe eine Unterhaltspflicht bestand und welche Einkünfte der Beschwerdeführer erzielt haben soll. Der Tatverdacht wird allein auf die pauschale Behauptung weiterer Einkünfte in der Strafanzeige der von dem Beschwerdeführer getrennt lebenden Ehefrau und den Internetauftritt eines Unternehmens gestützt, in welchem der Beschwerdeführer als Praktikant im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme beschäftigt war. Hierbei handelt es sich indes nicht um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer über dem notwendigen Selbstbehalt liegende Einkünfte erzielt. Allein aus dem Internetauftritt der >Firma P… kann nicht auf das Zahlen einer Vergütung geschlossen werden, zumal die Verantwortlichen des Unternehmens der Staatsanwaltschaft gegenüber mitgeteilt haben, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen seines Praktikums gerade kein Entgelt gezahlt worden sei. Tatsachenfundierte Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht an den Angaben des Beschwerdeführers und der Firma P… hinsichtlich der fehlenden Entlohnung zweifeln durfte, zeigt das Landgericht nicht auf. Der pauschale Verweis auf die Lebenswirklichkeit reicht dafür nicht aus. Die Annahme einer Unterhaltspflichtverletzung beruhte daher auf bloßen Vermutungen, die den schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre nicht zu rechtfertigen vermögen.
17 – 3. Da es schon an dem für die Durchsuchung erforderlichen Tatverdacht fehlt, kommt es auf die weitere gegen die Durchsuchungsanordnung geltend gemachte Beanstandung der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht mehr an.
Tags: BVerfG, Justiz, Unterhaltspflicht, Urteil