Wo Milch und Honig fließen
Grace McCleen
DVA, 2013
978-3421045461
19,99 €
Judith hat sich in ihrem Zimmer, ihre eigene Welt aufgebaut. Sie spielt und erfindet Geschichten. Ihr streng religiöser Vater hört ihr nicht zu, und widmet sich lieber dem Bibelstudium, das auch Judith nicht erspart bleibt. In der Schule wird sie gehänselt und weiß bald keinen Ausweg mehr. Sie lässt es in ihrer eigenen Welt schneien und wundert sich am nächsten Morgen als die Welt vor ihrem Fenster mit Schnee bedeckt ist …
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„Wo Milch und Honig fließen“ ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Buch. Klappt der Leser es auf, stößt er auf ein langes Zitat aus der Bibel und auch der deutsche Titel verweist auf eine religiöse Thematik. Kann so etwas Jugendliche interessieren? Außerdem ist das Buch in fünf große Abschnitte unterteilt, die jeweils „Das erste Buch“, „Das zweite Buch“ etc. heißen und trotzdem noch zusätzlich einen Titel tragen. Auch diese Anspielung an die Bücher der Bibel muss nicht auf den ersten Blick erkannt werden.
Aus der Ich-Perspektive berichtet Judith am Anfang der Geschichte, wie sie gottgleich ihr „Land der Zierde“ aufbaut. Sie sitzt in ihrem Zimmer und sagt: „Ich werde Felder machen.“, und es wurden Felder. Sie ist ein seltsames Kind und in vielen Passagen möchte der Leser ihr gerne zeigen, wie sie Freunde finden kann oder sie einfach an die Hand nehmen und mit ihr in den Park laufen. Ihr Vater versteht Judith nicht und oft hat sie Angst ihm zu erzählen, wie schrecklich es in der Schule für sie ist. Der Vater kann ihr weder Liebe entgegen bringen noch verzichtet er jemals auf das Bibelstudium.
Die Thematik ist sehr schwierig, denn es geht um die Zeugen Jehovas, jene religiöse Gruppe, die in der realen Welt an unsere Türen klopft und den Weltuntergang vorhersagt. Judith glaubt alle diese Geschichten und verbreitet sie. Als eine Stimme ihr sagt, sie soll es im Land der Zierde schneien lassen, macht sie alles weiß und am nächsten Morgen hat es tatsächlich geschneit. Sie muss nicht zur Schule gehen.
Klar ist, es geht um Wunder, die passieren, wenn der Mensch an sie glaubt. Die Aussage des Buches: Glauben versetzt Berge, wird nicht explizit genannt aber an vielen Stellen kristallisiert sie sich heraus. In das kindliche Spiel eingebunden wirkt es nicht wie ein erhobener Zeigefinger, aber während den Predigten der Zeugen Jehovas bekommt der Leser einen schalen Geschmack auf der Zunge.
Die Religion und das Mobbing sind schwierige Themen, die hier miteinander vereint werden. Ein Vorteil dabei sind die sehr kurzen Kapitel und die manchmal kindlichen Erklärungen der zehnjährigen Judith, die vieles verständlicher wirken lässt. Der Knackpunkt ist die Stimme, die Judith hört und der Leser wird sich überlegen müssen, ob sie eine Krankheit hat oder nur die Angst aus ihr spricht, weil niemand ihr hilft.
Empfehlenswert ist dieses Buch wenn das Thema „andere Religionen“ durch ein Buch bearbeitet werden soll. Trotzdem ist viel Nachbearbeitung von Nöten damit alles verständlich erklärt werden kann, denn nicht alle Bibelgeschichten und Begriffe werden erklärt.
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