Wenn man klein ist werden einem die wildesten Märchen als Wahrheiten verkauft. So glauben unendlich viele Kinder an Weihnachtsmann, Osterhase, Zahnfee und Co., nur um dann einige Jahre später festzustellen, dass diese nicht existieren. Autsch!
Aber um all diese geht es hier gerade gar nicht. Mich interessiert nur einer: der Klapperstorch! Warum kann nicht dieses eine Märchen wahr sein? Es würde einiges so viel leichter machen. Warum ich mir das wünsche?
Ich bin wieder schwanger!
Jetzt mögt Ihr denken: Ist doch super, wofür dann noch der Klapperstorch!? Dazu kommen wir später…
Ich bin glücklich, dass es endlich geklappt hat und wir im September unser zweites Kind erwarten. Die letzten Monate waren ganz schön aufregend, warteten wir doch immer wieder auf ein positives Ergebnis! Inzwischen bin ich in der 11. Schwangerschaftswoche und ich finde, es ist jetzt an der Zeit, dass Ihr das auch erfahrt! Als der Test positiv war, war es noch nicht gleich real. Erst der Besuch beim Arzt brachte Erleichterung und Vorfreude.
Warum?
Ich war letzten Sommer schon einmal schwanger. Das war ein doppelter Schock. Zuerst als ich erfuhr, dass ich wieder schwanger bin, obwohl mein Mann mich nur ein Mal angeguckt hatte und wir uns zwar ein zweites Kind wünschten, aber eigentlich noch ein wenig damit warten wollten. Dann freuten wir uns schließlich doch – was ist schon so schlimm daran, dass es jetzt nun schneller kommt als erwartet!? Aber in der 9. Woche hatte ich dann leider eine Fehlgeburt. Das war ein schwerer Schlag. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass irgendetwas schiefgehen könnte. Aber es passierte trotzdem…
Die ersten Tage waren ziemlich hart. Doch zum Glück gibt es hier einen kleinen Mann, der mich so sehr auf Trab hielt und mich forderte, dass mir nicht mehr viel Zeit zum Nachdenken blieb und so erholte ich mich schneller von dem Verlust, als ich dachte.
Doch jetzt war der Wunsch nach einem zweiten Kind nur umso größer. Und viele von Euch wissen es vielleicht selbst: je größer der Wunsch, desto schwieriger ist er zu erfüllen. Denn wenn man den Kopf nicht frei hat und zu verkrampft ist, dann will es einfach nicht klappen. Plötzlich greift man zu Eisprungkalendern, Ovulationstests oder was es sonst noch so gibt, statt es einfach frei nach dem Motto “Et kütt wie et kütt” zu versuchen – obwohl das vorher doch so wunderbar geklappt hat! Statt dessen ist man völlig unentspannt und (ich rede ganz offen) der Kinderwunsch wird irgendwie auch zum absoluten Liebeskiller. Spaßbremse! So ist es nun mal. Es kommt keine romantische Stimmung auf, nur weil der Eisprungkalender Dir sagt, dass es gerade passt. Im Gegenteil!
Nun hat es ja aber doch gefunzt und ich habe es erstmal gar nicht bemerkt. Mich musste erst eine Freundin ansprechen und fragen, ob ich denn wieder schwanger sei, weil ich “so eine Ausstrahlung” hätte. Ich rechnete und fragte mich, ob das der Grund für meine Kreislaufbeschwerden sein könnte. So machte ich am nächsten Tag einen Test, der mir sagte, dass sie Recht hatte! Super, dass andere Leute wissen, dass ich schwanger bin, bevor ich selbst davon weiß!
So war ich also plötzlich schon in der 6. Woche (auch wenn der Test was anderes sagt) und abgesehen von einem leichten Schwindelgefühl spürte ich gar nichts. 1 1/2 Wochen später fand ich mich endlich beim Frauenarzt wieder. Und ich war nervös. Nein, nervös war eigentlich gar kein Ausdruck! Ich war kurz vorm Kollabieren! Mit jeder Minute, die ich länger im Wartezimmer verbringen musste, stieg mein Puls. Meine Pumpe arbeitete auf Hochtouren. Wird alles in Ordnung sein? Geht dieses Mal alles gut?
Als ich endlich aufgerufen wurde, war ich bereits ein nervliches Wrack, so dass die Ärztin sich mit allem beeilte, um mir endlich Gewissheit zu verschaffen. Ich habe mich nicht getraut auch nur einen Blick auf den Monitor zu werfen, sondern fragte nur vorsichtig: “Und, ist jemand Zuhause?” Ja, und das Herzchen schlägt auch! Erleichterung! Darauf gleich meine nächste Frage: “Und es ist aber nur eins, oder!?” Auf das “Ja” der Ärztin plumpste mir erneut ein riesiger Stein vom Herzen. Es ist alles in Ordnung! Endlich kann ich durchatmen – und mich freuen!
Ich kam strahlend nach Hause, woran mein Mann sofort erkannte, dass alles gut ist! Wir werden also bald zu viert sein!
Und wie ich halt so bin, fange ich sofort an zu planen. Unser Gästezimmer wird also bald zum Kinderzimmer. Ich habe schon Tapeten ausgesucht, eine Vorauswahl für die Möbel getroffen und würde am liebsten gleich in einen Kaufrausch verfallen, um alles für das Kleine schön zu machen. Entscheidend ist hier nur noch das Geschlecht.
Aber mit der Gewissheit kommt nicht nur Freude…
Ich. Habe. Angst.
Oh ja, und das nicht zu knapp. Nicht nur, dass die Schwangerschaft jetzt schon nervt. Da kommt ja auch noch die Geburt. Beides würde ich am liebsten überspringen. Eigentlich geht es mir momentan relativ gut. Wenn man mal nicht an die extreme Müdigkeit denkt, gegen die ich so gar nicht ankomme. Ich habe das Gefühl meinem mehr als lebhaften Wirbelwind gar nicht mehr gerecht zu werden, weil ich einfach so schlapp bin. Die zweite Schwangerschaft ist tatsächlich etwas für Fortgeschrittene. Denn Ausruhen ist nicht wirklich drin, es sei denn Herr Sohn macht gerade seinen Mittagsschlaf. Das ist auch der Grund, warum es auf meinem Blog in der letzten Zeit extrem still geworden ist. Ich war einfach zu müde. Die kleinen Verschnaufpausen habe ich tatsächlich zum Ausruhen gebraucht. Abgesehen von der Sucht nach Schlaf, meldet sich mein Kreislauf hin und wieder. Aber das legt sich meistens schnell, wenn ich eine Kleinigkeit gegessen habe. Was besonders nervt: alle paar Minuten zum Klo zu müssen. Vor allem nachts regt es mich so richtig auf, denn wenn ich einmal raus musste, schlafe ich so schnell nicht mehr ein. Und dann noch das andere Klo-Problem! Ich nehme jetzt einfach mal kein Blatt vor den Mund: ich habe Verstopfung! Ich bin kurz vorm Platzen! Das ist ganz schön schlimm. Ich sehe wahrscheinlich jetzt schon aus wie ein Fass, weil der Bauch anstatt mit Baby eher mit anderen Dingen gefüllt ist. Meine Ärztin verschaffte mir jedoch Abhilfe – mit Lactulose und Zäpfchen.
Ich sag Euch Leute, Zäpfchen sind echt für’n Arsch. (Sorry an alle, die es nicht so genau wissen möchten!) Klar, das Zeug hilft – aber da fühlte ich mich gleich wieder wie die 4jährige in ihrem blauen Sarah Kay-Nachthemd – eine Zeitreise auf die ich gerne hätte verzichten können, aber es fühlte sich genau so an wie damals, als ich noch klein war. Und diese Zuckerpampe zu trinken hat auch einen gewissen Ekel – Faktor.
Dann sind da noch Massen an kleinen Pickelchen am Dekolletee, die echt jucken. Und wer weiß, was noch alles kommt, abgesehen davon, dass ich innerhalb von kürzester Zeit wieder zum Walross mutiere. Sodbrennen, Rippenquetschungen, Kurzatmigkeit…
Das Dumme an der 2. Schwangerschaft ist ja, dass man nicht so naiv an die Sache rangeht, wie beim ersten Kind. Denn jetzt weiß ich ja nun mal, was alles auf mich zukommen kann und wird. Das lässt sich nicht schön reden. Sicher, es ist toll zu wissen, dass da ein kleines Wunder in mir wächst, und noch toller ist es, das Baby zum ersten Mal zu spüren. Darauf freue ich mich schon! Trotzdem: Eine Schwangerschaft ist kein Zuckerschlecken! (Zumindest sehe ich das so.) Wer seine Schwangerschaft in vollen Zügen genießen kann: Herzlichen Glückwunsch! Aber ich wünschte, es wäre schon vorbei.
Doch das Ende der Schwangerschaft bringt noch eine viel größere Angst mit sich: die Geburt!
Als Herr Sohn unterwegs war, hatte ich keine Angst davor. Überhaupt nicht. Im Gegenteil – ich war sogar völlig tiefenentspannt. Doch das änderte sich schnell, als es soweit war. Denn dann war es noch lange nicht so weit. Zwischen dem Platzen der Fruchtblase und der Entbindung lagen drei endlos lange Tage, drei Einleitungen, unendlich viele Schmerzen. Und ich habe Monate gebraucht, um das zu verdauen. Oder eher gesagt zu verdrängen. Denn jetzt, wo ich erneut schwanger hin, ist die Geburt wieder so gegenwärtig, als wäre es gestern gewesen. Ich möchte das nicht nochmal mitmachen. Nicht so!
Vielleicht wird es ja besser. Beim zweiten Kind soll alles besser werden. Ich mache ein Mal “Hatschi” und schon ist es draußen. Aber falls nicht, ist ein Kaiserschnitt für mich tatsächlich eine Option, auch wenn jetzt einige von Euch laut aufschreien werden. Damit kann ich leben!
Und wenn das Kleine dann endlich da ist?
Auch davor habe ich ein kleines bisschen Angst. Was, wenn es wieder ein Schreibaby wird? Was, wenn Herr Sohn das Kleine nicht akzeptiert? Wird er oder der Zwerg zu kurz kommen? Kann ich beiden gerecht werden? Überstehe ich die kurzen, oft gänzlich schlaflosen Nächte? Halten meine Nerven das durch? Kann ich für zwei Kinder eine gute Mutter sein?
Diese und viele weitere Fragen beschäftigen mich rund um die Uhr. Vielleicht wird alles viel einfacher, als ich mir das vorstelle. (Andere schaffen das doch auch!) Wahrscheinlich wird aber alles viel schlimmer. So ein kleines Baby ist eine große Aufgabe. Sie sind zwar so unglaublich süß, trotzdem hätte ich nichts dagegen, die ersten Monate zu überspringen. Denn je selbstständiger sie werden, desto leichter wird es auch.
Wenn Ihr Euch jetzt fragt, warum wir uns trotzdem ein zweites Kind gewünscht haben, kann ich Euch sagen, dass ich für diese Entscheidung lange gebraucht habe. Die Geburt und die ersten sieben bis neun sehr anstrengenden Monate mit unserem Schreibaby, haben den Wunsch nach einem Geschwisterchen für Herrn Sohn lange beiseite geschoben. Aber im Hinterkopf schwirrte der Gedanke immer herum, ließ mich nie gänzlich los.
Und als ich bei einem Spaziergang einen kleinen Jungen vor seinem Haus sitzen sah, der ganz allein und traurig drein blickend Steine über den Zaun warf, brach mir das irgendwie das Herz. Der Kleine ging mir nicht aus dem Kopf, wie er da so einsam saß. Da wurde mir bewusst, dass ich das für mein Kind nicht möchte. Ich möchte nicht, dass er sich je einsam fühlen muss, weil niemand zum Spielen da ist. Ich möchte nicht, dass ihm entgeht, welch starkes Band Geschwister verbinden kann. Ich möchte, dass er einen Gefährten hat, der ihn sein Leben lang begleitet, mit dem er Pläne schmieden kann, Blödsinn bauen, Dummheiten anstellen, gemeinsam lachen, streiten und das Kriegsbeil begraben kann. Ich möchte ihm nicht das Gefühl verwehren, das nur zwischen Geschwistern entstehen kann – wahre Geschwisterliebe! Sie kann Segen oder Fluch sein – auf jeden Fall aber ist sie unbezahlbar!
Bis dahin ist es aber noch ein etwas längerer und beschwerlicher Weg. Und da kommt der Klapperstorch wieder ins Spiel! Wenn es ihn gäbe, dann würde ich mir von ihm wünschen, dass er mir ein Baby bringt und ich das nicht alles selbst machen müsste.
“Bitte lieber Klapperstorch, bring mir doch ein kleines Mädchen! Sie darf auch ruhig schon 10 Monate alt sein und bald laufen lernen. Das würde vieles erleichtern!”
Ach, wenn manche Märchen doch nur wahr wären…