Dafür gibt es nur eine Erklärung: Der Kandidat der Opposition, Maalim Seif, hat die Wahlen gewonnen, und die Regierung möchte das nicht zugeben. Die Opposition steht im Ruf, islamistisch zu sein, also einen Staat auf der Grundlage des Islam anzustreben. Ein tansanischer Katholik, der schon lange auf Sansibar lebt, sagte mir sogar, Maalim Seif stecke hinter den Terroristen, die vor drei Jahren auf Sansibar drei katholische Priester ermordet haben.
Islamistische Opposition, Verbindung zu Terror, und dann noch Verdacht auf Wahlbetrug – das kann ja eigentlich nicht gutgehen. Doch seit Oktober sind von Sansibar keine schlechten Nachrichten gekommen, also fahre ich hin. In der Altstadt (Weltkulturerbe, nach meiner persönlichen Überzeugung der schönste Ort in Tansania), finden sich an ein paar Ecken Farben der Regierungspartei, aber viel häufiger, und vor allem an den zentralen Stellen, sieht man Weiß-Rot-Blau, die Farben der Opposition. Jaws Corner ist ein Platz, wo sich vor allem Abends die Männer treffen, Kaffee trinken, ein Schwätzchen halten, und dem im Freien aufgestellten Fernseher lauschen. Er ist ganz und gar Weiß-Rot-Blau, siehe Foto.
Alles ist ganz friedlich, keine Demonstrationen, keine Unruhen. „Die Opposition ist schon in Ordnung“, sagt die Managerin des Shangani Hotels in der Altstadt, wo ich für 20 Euro ein großes Zimmer mit Veranda gemietet habe (sehr gutes Frühstück inbegriffen). In der Tat gibt sich Maalim Seif staatsmännisch: Auf den Wahlplakaten, die immer noch überall herumhängen, ist er zusammen mit Karume zu sehen, der vor 52 Jahren die heutige Ordnung auf Sansibar begründet hat.
Als ich danach wieder in Dar es-Salaaam ankomme, fällt mein Blick auf die Titelseiten der Zeitungen: Bei zweien ist der Aufmacher die neue Maßnahme von Maalim Seif, eine Maßnahme, die man von einem Islamisten nicht unbedingt erwartet: „Maalim Seif schreibt Brief an Papst Franziskus.“ – „Maalim Seif beklagt sich beim Papst über Wahlbetrug.“