Eine sprachphilosophische Randnotiz zum Wahljahr 2013*
Ich habe eine Bitte an Sie. Und zwar bevor Sie am 22. September auf dem Wahlzettel ihr Kreuzchen machen. Haben Sie sich jemals gefragt, was eigentlich mit Ihrer Stimme passiert, wenn Sie wählen gehen? Nein?
Nun, dann wird es höchste Zeit, diesen Vorgang einmal unter die Lupe zu nehmen. Sprachlich, versteht sich.
Es gibt zahlreiche Synonyme für die Tätigkeit des Wählens. Alternativen wären zum Beispiel: Votieren, eine Wahl treffen, jemanden ernennen oder auch optieren. Eines werden wir jedoch von Politikern im Bundestag wie Wahlexperten im Fernsehstudio besonders oft hören: seine Stimme abgeben.
Hoppla! Ich soll tatsächlich meine Stimme abgeben? Vielleicht habe ich nur zuviel mit Stimme zu tun, vielleicht bin ich einfach nur sensibel in Sachen Sprache. Jedenfalls frage ich mich: was genau passiert mit meiner Stimme, wenn ich Sie denn einmal abgegeben habe?
Klar: Zweimal wählen geht nicht. Wenn ich meine Stimme abgebe, ist sie weg. Und wenn sie weg ist, bin ich – ich wahrsten Sinne des Wortes – stimmlos. Dann habe ich nichts mehr zu sagen, die gesamte nächste Legislaturperiode. Vier Jahre schweigen, verstummen – stimmlos, sprachlos.
So ernüchternd es klingt, so positiv können Sie es auch sehen. Vielleicht will uns dieses hintersinnige Synonym auch nur auf etwas aufmerksam machen?
Wenn wir unsere Stimme abgeben, dann ist das nichts, was wir mal so nebenbei tun sollten. Wir sollten genau wissen, wem wir unsere Stimme geben. Wir sollten genau wissen, wofür wir stimmen. Wir sollten genau wissen, was mit unserer Stimme geschieht, wenn wir sie abgegeben haben.
Denn unsere Stimme ist das Persönlichste, was wir haben. Wir haben nur eine davon. Nicht nur bei der Wahl 2013. Auch sonst.
*Es sei hiermit explizit darauf hingewiesen, dass dieser Artikel kein Statement ist, nicht zur Wahl zu gehen. Im Gegenteil.