WM und alle Anderen

Wir schreiben den 26.Juni 2011. Heute ist der Auftakt zur Frauenfußball-WM 2011 in Deutschland und die ganze Welt schaut gebannt zu. Die ganze Welt? Nee, ein kleiner … oder doch eher sehr großer Teil wird sich diesem Projekt „Dritter Weltmeistertitel in Folge“ entsagen. Fußballhasser schalten eh nicht ein, chauvinistische Fußballfans schalten ab, wenn statt Podolski eine echte Prinz gegen den Ball tritt.

Frauenfußball lebt in den Köpfen der Menschen in einer Nische, die nur alle Jubeljahre mal wieder entstaubt wird – nämlich dann, wenn in der Tagesschau berichtet wird „Am heutigen Nachmittag wurde die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft mit einem 3:1 gegen Brasilien in [Bitte Land einsetzen] Fußballweltmeister … der Frauen“.
Hier zeigt sich meiner Ansicht nach etwas, was schon 2006 bei den Herren spürbar, aber aufgrund der Euphorie eher im Unterbewusstsein registrierbar war.

Damals sind sie alle zu Scharen aus ihren versifften Häuserblöcken gekrochen und haben vor winzigen LED-Bildschirmen auf riesigen Exekutionsplätzen das Drama gegen die sudeuropäischen Großmächte verfolgt. Dreimal – Italien und Spanien – wurde der Durchschnittsdeutsche aus seinem Traumschlaf gerissen und hat bemerkt, was er eigentlich tut: Fußball schauen! Verdammt, wozu einen der Nationalstolz so alles treiben kann.

Es war schon damals erstaunlich, wie viele Menschen sagten „Ich bin eigentlich kein Fußballfan, aber wenn Deutschland spielt, schau ich auch zu“ … und bepinsel mich mit dreifarbiger Kreide und schmücke mich mit grotesken Perücken, die selbst auf den Karnevalsmeilen am Rhein Hausverbot erteilt bekommen würden.

Kommen wir zurück zur Frauenfußball-WM. Die Medien heizen alles schonmal schön an, Vergleiche mit dem legendären „Sommermärchen“ von 2006 sind dabei nur das geringste Übel. und doch ist der Ton anders, denn jetzt ist die Zeit, bei der man auf den bösen Anti-Feministen oder Chaivinisten rumtreten darf. Schließlich muss man Nationalstolz demonstrieren und muss als Deutscher doch mitgucken, wenn Deutschland in Deutschland spielt!

So erging es zum Beispiel dem deutschen Formel1-Rennfahrer Nico Rosberg, der gegenüber dem Hamburger Abendblatt mal schön den Vergleich zwischen Frauenfußball und Paralympics brachte. Autsch!
Jetzt hat das Blatt wieder was zu schreiben, denn hätte er sich „gelinder“ ausgedrückt, gäbe es gar keine Meldung.
Stattdessen zielt die Zeitung dann auf alle Fahrer und unterstellt ihnen, ihr Interesse nicht ernst zu meinen. Okay…

Mal ganz ehrlich, ich freu mich, dass das „Eröffnungsspiel“ zwischen Deutschland und Kanada im Berliner Olympiastadion heute Abend ausverkauft ist. Auch wenn mir der Verdacht näher ist, dass es mal wieder nur aus Event- und Nationalstolzgründen geschieht. Denn Frauenfußball ist noch kontroverser angesehen als Herrenfußball.

Der Frauenfußball ist so weit gekommen, da bietet dise WM eindeutig Potenzial für beide Entwicklungen. Sollte es sportlich mies laufen, werden auch die nächsten Jahrzehnte Frauenfußballspiele vor überschaubarem Publikum ausgetragen. Läuft es dem „Sommermärchen“ (was ein grauenhaftes Wort) entsprechend, wird aus Bajramaj, Mbabi und Co. schnell dieselbe Sorte von Eventmagneten, die man besucht, weil es „In“ ist. Welcher Weg positiv, welcher negativ ist, überlasse ich euch Lesern zur Interpretation…


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