Das waren ein paar verrückte Tage in Doha.
Letzten Dienstag startete das Flugzeug in Richtung Katar. Mit Zwischenstopp in Dubai waren wir gut 12 Stunden unterwegs und früh morgens in unserem Hotel. Alles sehr luxuriös, erst mal das Bett gesucht, bis ich gemerkt habe, dass ich erst im Vorraum bin und es noch ein extra Schlafzimmer gibt ;-) . Auch das Essen und das Hotelpersonal waren absolute Top-Klasse.
Abends war dann das deutsche Team komplett und wir joggten gemeinsam die Strecke einmal ab, den Rest des Tages ging für Ausruhen und Einkaufen drauf. Im Einkaufszentrum gab es einiges zu sehen: Ein Eishockeyfeld, ein kompletter Freizeitpark mit Achterbahn und eine Wasserstraße mit Gondeln. Alles ein bisschen verrückt hier, da merkt man gleich das mehr Geld da ist, als gebraucht wird.
Blick vom Torch Tower
Auch den Donnerstag gingen wir entspannt an. Ein Spaziergang zum Torch Tower, wo wir uns mal einen schönen Überblick verschaffen konnten.
Eine Besprechung und abends die Flaggenparade mit anschließender Pastaparty waren die einzigen “Pflichttermine”. Wobei Pastaparty auch nicht der richtige Ausdruck ist. Ein tolles Buffet, wer da nichts zu essen gefunden hat, selber schuld. Zum Glück sind wir 100 km gelaufen, sonst hätte ich sicher zugenommen.
Am Freitag war dann der große Tag. Frühstück, Mittagessen, noch ein bisschen ausruhen, Verpflegung vorbereiten.
Das Deutsche Team
Als wir gegen 17:00 Uhr an der Strecke waren, fühlte sich das Wetter eigentlich recht gut an.
Kurz vor dem Start
Die Sonne war untergegangen, wir hatten trotz 23°C sogar teilweise leichte Gänsehaut. Nach dem Startschuss war aber recht schnell klar, dass der Eindruck ein bisschen täuschte. Schon nach 2km war der Mund ausgetrocknet, es war wenig Sauerstoff in der Luft und es fühlte sich gleich viel wärmer an. Bei den 3 Wasserstationen an der Strecke hab ich jedesmal eine Flasche genommen und mir die Haare nassgemacht und den Rest über die Beine geschüttet. Das 4:30er Tempo pro Kilometer ging aber gut und fühlte sich nicht zu schnell an. So ging es bis km 50.
Unterwegs
Mittlerweile waren wir auf der 5km Runde schon einmal überrundet worden, hatten aber selbst auch schon viele überrundet. Manchen sah man schon nach 30km an, dass das heute nichts wird. Nach knapp der Hälfte wurde mir dann schlecht, alles ging sehr schnell. Neben hin, alles raus und weiter. Zeit hatte ich kaum verloren und auch danach konnte ich sofort wieder mein Tempo laufen, als wäre nichts gewesen. Die Beine wurden zwar schneller schwer als erhofft, aber bis 65 gings mir gut. Dann kam die zweite Magenattacke. Diesmal musste ich aufs Dixi, wo mir dann aber so schlecht wurde, dass ich mich auch schnell noch mal drehen musste. Jetzt war ich natürlich völlig entleert, aber es ging mir wieder recht gut. Zumindest so lange ich nicht versuchte irgendein Gel oder ein Getränk zu mir zu nehmen. Aber wenn man halt keine Energie mehr zuführen kann, geht es irgendwann mit der Leistung bergab.
Verpflegung
Ich versuchte das Tempo irgendwie hoch zu halten, aber irgendwann ging nichts mehr. Die ersten Gehpausen kamen dann bei km 80, ich schaffte es zwar immer wieder anzulaufen, aber halbwegs schnell war ich nicht mehr. Mit meinen Magenproblemen war ich nicht der einzige, quer durch alle Teams hat es extrem viele Läufer erwischt. Ich hab mich dann von Kilometer zu Kilometer geschleppt. Aber anders als in Husum wo ich bei 90 fast aufgehört hätte, kam der Gedanke an einen Ausstieg kein einziges Mal.
Geschafft
Ich wusste auch wenn es hart wird, dass ich ins Ziel einlaufen werde. Das ganze Jahr war das hier mein Ziel gewesen. Die lange Vorbereitung auf Husum, der harte Wettkampf in Husum, danach das riesige Motivationsloch, die überraschende Nominierung und die Vorbereitung mit vielen Hochs und Tiefs. Jetzt war ich hier im Nationaltrikot unterwegs, zwischen Läufern aus 39 Nationen. Also immer weiter, auch wenn die Zeit am Ende nicht die sein würde die ich mir erhofft hatte. Irgendwann war es dann auch so weit, die letzten Kilometer. Es war erstmal mehr Erleichterung als Freude als der Zielbogen vor mir auftauchte. Ich wusste, dass zuhause viele vor dem Laptop saßen und den ganzen Abend mitgezittert hatten, also gab es bei der letzten Kamera noch mal einen Gruß nach Deutschland. 8 Stunden 25 Minuten. Weit von dem entfernt was ich vor hatte, aber unter diesen Bedingungen war für mich nicht mehr drin. Dann bekam ich vom IAU Präsidenten die Medaille um und machte mich auf die Suche nach zuckerhaltigen Getränken. Danach dann zum deutschen Betreuerteam und noch mal bedanken und danach recht schnell ins Hotel. Nach einer schönen heißen Dusche legte ich mich ins Bett und war plötzlich hellwach. Kurz vorher hätte ich noch im Stehen einschlafen können, jetzt ging nichts mehr. 2 Stunden später kam dann Norbert, der noch auf die letzten gewartet hatte und den Stand abbauen musste und brachte die absolute Überraschungsnachricht mit: “Du hast die Bronzemedaille in der Altersklasse.”
Die Medaille
Ich hatte mit einer Platzierung in der AK zwischen 5 und 7 gerechnet, vorausgesetzt ich laufe ein top Rennen. Das ich es jetzt mit dieser Zeit sogar auf das Podest geschafft hatte, konnte ich kaum glauben. Ein Geburtstagsgeschenk, wie man es wohl nur einmal im Leben bekommt.
Siegerehrung
Um 7:00 Uhr sind wir dann direkt zum Frühstück, der Magen wollte wieder gefüllt werden. Danach nochmal hinlegen, aber die Augen sind weit auf. Ich hab dann einen Spaziergang ins Einkaufszentrum gemacht, ein bisschen die Beine gelockert und mir eine Pizza und einige Dosen Fanta gegönnt. Nach der Besprechung mit dem Team, ging es dann Richtung Siegerehrung. Wieder ein tolles Buffet, ein bisschen einheimische Folklore und dann die Ehrungen. Unglaublich, bei einer WM auf dem Podest stehen. Klar, da gehört auch ein Glück dazu, andere Altersklassen waren da stärker besetzt und mit so einer Zeit ist im Normalfall eigentlich nichts holen. Aber ich sehe es als Belohnung für fast 20 Jahre Training und unendlich viel Zeit und Geld, die ich in mein Hobby gesteckt habe. Manchmal muss man halt einfach sein Ding durchziehen und wird dann irgendwann auch mal dafür belohnt.
Um wenigstens noch ein bisschen was von Land und Leuten zu sehen, fuhren wir danach mit dem Team noch auf einen Markt in Doha.
Markt
Enge Gässchen, viele Leute, Waren verschiedenster Art. Alles schön anzusehen, mal abgesehen von Tiermarkt. Das entsprach nicht gerade meiner Vorstellung von artgerechter Haltung.
Markt
Nach mittlerweile 40 Stunden ohne Schlaf fielen mir danach im Bett doch endlich die Augen zu. Aber es wurde eine kurze Nacht. Um kurz nach 6 fuhr schon wieder der Bus zum Flughafen. Auch den letzten Teil der Reise haben wir dann gut überstanden und in Frankfurt wurde ich dann auch von Simone und Ida empfangen.
Als Hobbyläufer überhaupt an einer WM teilnehmen und das Nationaltrikot tragen zu dürfen ist schon ein großer Erfolg. Ich denke ich hab mein Bestes gegeben und gekämpft bis zum Schluss. Das ich jetzt sogar eine WM Bronzemedaille daheim habe ist schon ein bisschen verrückt.
Hier noch mal tausend Dank auch an das Deutsche Betreuerteam, besonders an meinen persönlichen Betreuer Markus. Das war absolut professionell! Vielen Dank für Anfeuern, Versorgung, Motivation. Dadurch wurde der Wettkampf um einiges leichter.