Wladimir Klitschko: Safety first

Wladimir Klitschko (65 Kämpfe, 62 Siege, 52 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) ist das Maß aller Dinge im Schwergewicht. Er ist eine gefühlte Ewigkeit Weltmeister. Er ist amtierender Weltmeister nach Version IBF und WBO und Super Champion der WBA. Klitschko ist nicht der beliebteste Champion. Das hat unter anderem auch mit der Dominanz zu tun, mit der er das Schwergewicht beherrscht. Ein Weltmeister wird erst zu einem großen Champion, wenn er auch Widersacher, große Gegner, hat, an denen er sein Können auch zeigen kann. Der Größte, Muhammad Ali, hatte auch die meisten großen Gegner. Nun kann Klitschko natürlich nichts dafür, dass seit Jahren die Schwergewichtsszene so schlecht besetzt ist. Dieses Problem hatte auch schon Joe Louis. Seinerzeit wurde für schlechte und chancenlose Herausforderer in der Öffentlichkeit der Ausdruck “Bum of the Month Club“ geprägt.
Zurzeit gibt es wohl keinen Gegner, der Klitschko schlagen könnte. Hinzu kommt aber noch, dass Wladimir Klitschko den Fans nicht das gibt, was sie sehen wollen: Harte und enge Kämpfe. Zum einen ist er im Moment seinen Gegnern einfach zu überlegen. Aber auch zu Zeiten als er diese Erwartungen noch hätte erfüllen können, hat er dies nicht getan, sondern sich entzogen. Insgesamt verlor Klitschko im Laufe seiner Karriere nur drei Mal. Alle drei Niederlagen erlitt er durch TKO. Diese Niederlagen nahm er einfach hin und machte weiter, als wäre nichts passiert – ganz der souveräne, kühl berechnende Geschäftsmann. Es gab dann auch praktisch keinen einzigen Rückkampf. Genau diese Haltung eines Geschäftsmanns machte ihn dann vermutlich zu einem der wohlhabensten Boxer aller Zeiten. Für viele Boxfans ist er genau deswegen aber auch nicht gerade der Champion ihrer Herzen.
Am 05.12.1998 unterlag Wladimir Klitschko Ross Puritty. Er verlor seinen Kampf in Kiew durch TKO in Runde 11. Ein Rückkampf im eigentlichen Sinn fand nicht statt. Das System Klitschko sieht Rückkämpfe einfach nicht vor. Rückkämpfe nach einer Niederalge stellen schließlich ein erhöhtes Risiko dar. Kann der Boxer mit dem Druck umgehen? Hat er die Niederlage im Kopf abgehakt? Wenn Wladimir Klitschko unterlag, musste fast jedes Mal sein Bruder Vitali ran, um die Scharte auszuwetzen immer nach dem Motto: Die Rache des Bruders. Die Rache an Ross Puritty ließ 24 Monate, also zwei Jahre auf sich warten. Bei Corrie Sanders, der Wladimir Klitschko am 08.03.2013 durch TKO in Runde 2 besiegte, dauerte es nur fast ein Jahr. Die einzige Ausnahme ist die Niederlage gegen Lamon Brewster am 10.04.2004. Gegen ihn trat Wladimir Klitschko tatsächlich selber an, u. z. ganze 39 Monate, also mehr als drei Jahre, später. Das Risiko war hier auch sehr gering, denn Brewster hatte den Kampf davor, am 01.04.2006 gegen Siarhei Liakhovich, nach Punkten verloren und hatte danach 15 Monate nicht geboxt.
© Uwe Betker



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