„So regen wir die Ruder, stemmen uns gegen den Strom – und treiben doch stetig zurück, dem Vergangenen zu“ – F. Scott Fitzgerald.
Etwas Vergangenes loslassen – so wichtig wie natürlich im Leben. Etwas, das Jay Gatsby (Max Wagner) nicht gelingt und ihm schließlich zum Verhängnis wird.
Dieser Lebemann hat scheinbar alles, wovon man(n) träumen kann: Ein prächtiges Anwesen, Reichtum, Prestige, ein umwerfendes Aussehen und eine geheimnisvolle Aura. Niemand weiß schließlich so richtig, wie er es zu diesem Reichtum und Ruhm gebracht hat. Gatsby lebt den amerikanischen Traum. Alles, was er tut, hat allerdings nur eine Intention: Er will Daisy (Constanze Wächter), seine verlorene Liebe, zurückgewinnen. Gatsby hofft, sie mit seinem opulenten Lebensstil beeindrucken zu können und will ihr jetzt das bieten, was er vor Jahren – als beide ein Paar waren – nicht bieten konnte. Dass beide sich längst verändert haben und Vergangenes nicht wie in einer Konserve überdauert, hat Gatsby nicht verstanden. Und so muss das Unglück seinen Lauf nehmen…
Die Inszenierung des erst 24-jährigen Abdullah Kenan Karaca ist beeindruckend witzig, ohne ins Lächerliche zu gehen. Es fasziniert, wie der Regisseur es schafft, die Leichtigkeit des Buches zu übernehmen und seinem Gatsby das Tragische zu nehmen. Der Roman ist für die Bühnenfassung am Volkstheater auf 90 Minuten zusammengestrichen, die Erzähler-Funktion entfällt komplett. Das Bühnenbild ist schlicht: Auf der kleinen Bühne des Volkstheaters befindet sich in der Mitte eine von Lichtröhren umrandete Fläche, auf der sich das ganze Geschehen abspielt. Von der Decke hängt eine Art Schaukel herunter. Alles ist sehr puristisch gehalten. Die Inszenierung konzentriert sich damit ganz und gar auf die Charaktere, was meiner Meinung nach sehr gut gelöst wurde. Die Kostüme passen zwar in die 20er-Jahre, könnten aber auch für heutige Upper-Class-Events verwendet werden. Der Gatsby des Volkstheaters ist zeitgemäß.
© Daniel Delang
Das Ehepaar Daisy und Tom als Repräsentanten der High Society und Bussi-Bussi-Gesellschaft wird dem Zuschauer wunderbar tragikomisch dargeboten. Es ist zum Lachen – gleichzeitig aber ist es ein Lachen, das im Halse stecken bleibt. Das wird am Ende noch einmal auf die Spitze getrieben, wenn Daisy, Tom (Pascal Fligg), und Jordan Baker (Lenja Schultze) nach einem Autounfall symbolisch das tote Fleisch von Myrtel, der Geliebten Toms essen.
© Daniel Delang
Max Wagner überzeugt als Jay Gatsby und lediglich die Momente, in denen Karaca ihn als maulendes Kind inszeniert, sind etwas überzogen. Fazit: Unbedingt anschauen, wenn noch eine der Restkarten an der Abendkasse ergattert werden können!
Die nächsten Vorstellungen: 11. & 12. Januar sowie 05. & 06. Februar.
Mit Max Wagner (Gatsby), Lenja Schultze (Jordan), Constanze Wächter (Daisy), Jakob Geßner (Nick) und Pascal Fligg (Tom). Regie: Abdullah Kenan Karaca, Bühne: Yvonne Kalles.