Wissenswertes von A – Z

In diesen Wochen versuche ich, mein Weblog in Sachen Jakobsweg rückwirkend noch zu vervollständigen. Hier der Anfang einer Art FAQ für Jakobspilger.

Welche Tipps kann einer geben, der 2880 km an einem Stück gewandert ist? Hier sind sie in alpfabetischer Reihenfolge. Natürlich noch unvollständig. Gerne dürft ihr daher auch Rückmeldung geben, was ihr wissen wollt oder was ich ergänzen soll…

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Bekleidung / Hut / Sonnenschutz: Ein breitkrempiger Hut ist im Sommer unbedingt empfehlenswert. Sonnencreme wird vor allem bei einer längeren Wanderzeit zunehmend entbehrlicher, denn die Haut gewöhnt sich im Laufe von ein bis zwei Wochen ans Draußensein. Meinen Hut hatte ich vormittags mit einem “Hosenträgerclip” am Rucksack baumeln, ab Mittag dann regelmäßig aufgesetzt. Spar-Potenzial: Nachdem ich bereits bei regnerischem Wetter eine braune Hautfarbe bekommen habe, habe ich die klassische Sonnencreme nur noch in extremen Fällen benutzt.

Beschilderung: Da meint man also, auf einem “Kulturweg Europas” zu wandern und daher eine einheitliche Beschilderung vorzufinden. Doch weit gefehlt. Es ist schlicht: uneinheitlich. Selbst auf dem Camino frances, dem “Kernstück” des Jakobswegs in Spanien, wechselt die Beschilderung von Region zu Region. Sind in Navarra noch große Schilder platziert, die an Autoschilder erinnern, ist es in Galicien ab und zu ein Meilenstein aus Beton und der aufgemalte gelbe Pfeil. Zwischen Genf und Le Puy istt es die Jakobsmuschel, die gleichzeitig als Pfeil wirkt: Die “Strahlen” der Muschel zeigen Richtung Santiago. In der Schweiz ist der Jakobsweg als Nationale Wanderroute Nr. 4 (Via Jacobi) perfekt ausgeschildert. Hier wird das grüne Label mit der “4″ auf zwei Seiten von einem blauen Band umfasst – dieses blaue Band gibt es nur bei den Schildern in Richtung Santiago.

Bettwanzen:  frz. punaises de lit, span. chinches, engl. bedbugs.  Blutsauger, die in den menschlichen Schlafplätzen hausen und sich von deren Blut ernähren. Sie sind rotbraun, papierdünn und zwischen 4 und 6 mm groß. Sie werden auch “Könige des Versteckspiels” genannt, weil sie nicht leicht aufzuspüren sind. Durch verbesserte hygienische Bedingungen und massive Bekämpfung waren sie bereits stark zurückgedrängt, erleben in den letzten Jahren jedoch ein fulminantes Comeback. Große Schlafräume in den Pilgerherbergen bedeuten ein tendenziell höheres Risiko, mit den Tierchen in Kontakt zu kommen. Aber auch kleine private Herbergen, die zu wenig gereinigt werden, bieten die Chance einer Infektion.
In Le Puy (Zentralfrankreich) wurden kleine handliche Sprays (Clacko punaises) verkauft, mit denen man seinen Rucksack entseuchen konnte. In der Abtei Conques mussten alle Pilger ihren Rucksack in einen Plastiksack stecken, der zuvor mit diesem Mittel besprüht worden war.
Mein Tipp: In jedem Quartier als erstes rasch den Matratzenbezug an einer Ecke abziehen und darunter schauen. Den Rucksack nachts auf einen Stuhl stellen, nicht auf den Boden.

Blasen:  frz. ampoules, engl. blisters, span. ampolla.  Es gibt Menschen, die bekommen jeden Tag eine neue Blase dazu. Ob da Hirschtalg, Olivenöl, Fußbalsam & Co noch helfen können ist fraglich. Seit es Compeed-Blasenpflaster gibt ist meines Erachtens die Welt ein Stück fortschrittlicher geworden. Grundsätzlich gilt folgende Regel: Feuchtigkeit + Reibung = Blase. Vermeidet man die Feuchtigkeit auf der Haut und allzu enge Schuhe, dann sollten Blasen der Vergangenheit angehören. Inzwischen gibt es zweilagige Socken (z.B. Wrightsock), die verhindern, dass die Socke an der Fußhaut reiben kann und die dafür sorgen, dass die Feuchtigkeit nach außen wandert.
Mein Tipp: Abends nach dem Duschen die Füße mit 1-2 Tropfen Bio-Olivenöl einreiben. Morgens nicht mehr einreiben, auch nicht duschen, sodass man mit trockenen Füßen starten kann. Ich trage zwei Paar feine Falke-Bürosocken (Airport, aus einer Merinowoll-Baumwollmischung) und bin bestens damit unterwegs. Wichtig: Die Füße sollen noch etwas Bewegungsspielraum im Schuh haben.
Noch ein Tipp: In Mittagspausen, an Rastplätzen kann man sich die Schuhe und Socken ausziehen und sie in der Sonne trocknen lassen. Danach wandert es sich wieder warm und trocken…

Fahrrad: Wer per Rad den Camino zurücklegen will, sollte sich nicht nur robust ausrüsten sondern sich die speziellen Radwanderführer kaufen. Denn oftmals empfiehlt es sich als Biker, alternative Parallelstrecken zu befahren (Tipps für den Schweizer Jakobsweg). Den Jakobsweg per Mountainbike zurückzulegen ist absolut reizvoll, öfters aber auch recht anspruchsvoll. Und bitte: Eine Klingel an den Lenker und frühzeitig die Wanderer damit informieren!

Fotografieren: Bitte ausreichend große Speicherkarten für die Digitalkamera mitnehmen. In ländlichen Regionen gibt es keine Computerfachgeschäfte! Am besten gleich einige weitere Speicherkarten auf Vorrat mitnehmen! Steckdosen zum Aufladen der Kamera gibt es in aller Regel in ausreichender Zahl.

Frühstück: frz. petit déjeuner, span. desayuno. Ist regional unterschiedlich. Auf dem Camino frances habe ich mich daran gewöhnt, einen frisch gepressten Orangensaft, einen Café con leche und Tostadas (geröstete Brotscheiben) mit Butter und Marmelade zu essen. Jedenfalls geht nichts über frisch gepressten Orangensaft…

Geldautomaten:  An den Geldautomaten in Frankreich konnte man maximal 500 Euro auf einmal abheben, an denen in Spanien maximal 300 Euro. Im Pilgerforum.de gab es den Tipp, die Automaten nur zu den Bankgeschäftszeiten zu benutzen. Falls die Maschine die eigene Karte einbehält, kann man gleich an den Schalter gehen und sich beschweren – und muss nicht übers Wochenende warten…

GPS-Navigation: Ich habe gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht mit der App Orux Maps von José Vazquez. Ich hatte die App auf meinem Android-Smartphone (Samsung Galaxy  S3) installiert. Sie ist mehrsprachig und kann nach individuellen Wünschen angepasst werden. Zusammen mit den geeigneten kostenfreien Karten (z.B. “Hike and Bike”) ergab sich eine perfekte und hilfreiche Unterstützung. Meist ging es dabei um die Frage “Muss ich da vorne rechts oder links abbiegen?”, die sich dann in aller Regel auch mit Pfeilen oder Schildern beantworten ließ. Die Fragen “Wie weit ist es noch bis …?” oder “Wieviel habe ich bereits zurückgelegt?” und “Wie hoch liegt mein Durchschnitts-Tempo?” lassen sich aber meist nur mit solcher Software beantworten. Orux Maps bekommt von mir deshalb eine glatte Eins oder fünf Sterne: www.oruxmaps.com
Zur Vorbereitung benötigt man natürlich Daten für die Routen (GPX-Dateien), die man zurücklegen möchte. Diese findet man im Internet und auch bei den Buchverlagen, wenn man den Code aus dem entsprechenden Buch kennt. Mit den Wanderführern des Rother Bergverlags aus München habe ich soweit ganz gute Erfahrungen gemacht. Ich empfehle auch für GPS-Fans (zusätzlich) das gedruckte Buch, würde aber die Topo-Guides in Frankreich aufgrund ihres Detailreichtums und Gewichts nicht mehr empfehlen.
Parallel dazu habe ich die App von Runtastic benutzt. Das Ziel war hier eher eine zusätzliche Sicherheit über die zurückgelegte Strecke zu haben. Schön ist hier, dass man jede Tagesstrecke zu Runtastic hochlädt und so sieht, wieviel man sich bereits körperlich betätigt hat. Sogar an seine Facebook-Fans lässt sich die Tagesetappe weitermelden…

Gruppe oder einzeln: Ganz klar: Wer alleine wandert hat mehr vom Weg, von Landschaft, Natur und Witterung, wird offener für die Schönheiten der Natur. Es spricht nichts dagegen, sich abends im Quartier mit den anderen wieder zu treffen oder ein gewisses Stück gemeinsam zu wandern. Doch jeder wandert anders: Rhythmus, Schrittlänge und bevorzugte Geschwindigkeit sind unterschiedlich. Wer “laufend” redet, blendet einen Teil seiner Wahrnehmung für die Umgebung aus. Hart gesagt: Um zu Tratschen braucht man nicht wandern. Da ist der Stammtisch oder das Kaffeekränzchen besser…

Herbergen:  Pilgerherbergen öffnen (vor allem in Spanien) in der Regel ab 13 Uhr ihre Pforten. Viele Pilger starten daher schon in aller Frühe und wandern stundenlang mit Stirnlampe im Dunkeln. Mein Tipp: Nicht in der Hauptsaison wandern! Das hat den Vorteil, dass mengenmäßig weniger Pilger unterwegs sind. Und: Austesten, wie voll die Herbergen tatsächlich sind. Es gibt auch Jahre, in denen relativ weniger los ist als in anderen. Da auf den Hauptstrecken eine gewisse Bettenmenge vorhanden ist, findet man so auch zu späterer Stunde noch relativ sicher einen Schlafplatz und es genügt, morgens eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang zu starten. So erlebt man die Landschaft sehenden Auges…
Wer seine Etappe in Le Puy, in St. Jean-Pied-de-Port oder in Sarria startet, sollte versuchen, nicht an einem Sonntag dort zu starten. Denn das tun noch viele andere und so wälzt sich eine Pilger-Lawine von einem überfüllten Quartier zum nächsten. Wer am Dienstag oder Mittwoch dort startet verhält sich sozusagen antizyklisch.
Wer in der Hochsaison trotz voller Herbergen stressfrei wandern will, sollte sich auf Chambres d’hôtes (Gästezimmer in Frankreich) bzw. Habitaciones (Gästezimmer in Spanien) einstellen. Diese kosten mehr als die Herbergen, bieten jedoch auch einen größeren Komfort und mehr Ruhe.

Quartiere:  ? Herbergen

“Radio Pelegrino”:  Das ist kein Sender, den man auf UKW anschalten kann. Sondern das sind die Infos, die andere Mitpilger über dich bereits wissen, weil es ihnen schon jemand gesagt hat. Dieses Pilgerradio kann man nutzen, um zu erfahren, ob Wanderfreunde inzwischen weiter vorne oder noch weiter hinten sind, wo sie sich derzeit aufhalten. Noch zuverlässiger ist es jedoch, seine Handynummern auszutauschen und sich so per SMS oder WhatsApp abstimmen und treffen zu können.

Schuhe:  Es gibt Leute, die wandern den kompletten Camino barfuß. Andere wandern ihn barfuß in Sandalen. Ich bevorzuge auch weiterhin gute Wanderstiefel. Ich habe festgestellt, dass das richtige Schnüren (lasse ich den Zehen “Luft” oder schnüre ich vorne eng?) sehr wichtig ist. Auf 2880 km habe ich insgesamt zwei Paar Wanderstiefel komplett “verbraucht”. Man könnte also mit 1500 km pro Paar rechnen.  Siehe auch ? Blasen.

Service: In Spanien kann es passieren, dass man am Tisch sitzt und niemand einen bedient. Also erst mal an die Theke gehen und dort bestellen! Die Servicebereitschaft ist vielfach unterentwickelt. Man könnte den Gast ja nach dem Essen z.B. fragen, ob er noch etwas trinken will, einen Espresso möchte oder ein Dessert…

Sonnenschutz, Sonnencreme:  ? Bekleidung / Hut

Sprachen: Die lokale Sprache zu verstehen und – noch besser! – auch zu sprechen ist grundsätzlich von Vorteil. Eigenarten der Region oder der Menschen oder kulinarischer Gerichte können so erst richtig erfasst werden, die Herkunft bestimmter Ortsnamen erklärt sich dem, der die Landessprache beherrscht, eher. Mein Tipp: Mindestens einen Sprach-Schnellkurs vorab an der Volkshochschule absolvieren. Das lohnt sich immer.

Stirnlampen:  sind prinzipiell nützlich. In Schlafräumen blendet man damit jedoch öfter die Mitbewohner. Wandern im Dunkeln per Stirnlampe betrachte ich grundsätzlich als Unsinn. Sicherlich kann man so der größten Mittagshitze entgehen. Aber von der landschaft nichts sehen zu können – das ist für mich unakzeptabel.

Straßen: Der Weg führt – auch in Frankreich – relativ oft entlang bzw. auf der Straße. Das ist man von deutschen Wanderwegen nicht gewohnt. Dass der Original-Camino oft auf Straßen verläuft, hat seinen guten Grund: Erst war der Camino. Später erst wurde aus dem Weg eine Straße…
Wer gelernt hat, auf dem Asphalt schnell und effektiv zu gehen, der kann das auch positiv sehen: Man kommt hier nämlich zügig voran und kann so auch größere Etappen schaffen. Gutes Schuhwerk natürlich vorausgesetzt.

Tagesetappen:  Ideal sind nach meiner Erfahrung Strecken von 20 – 24 km pro Tag. Natürlich sind auch 30 oder gar 40 km machbar. Wer aber die Landschaft genießen, die durchwanderten Orte erleben und kennen lernen will, der tut gut, nicht mehr als 20 – 24 km pro Tag zu wandern. Hektik gibt es später wieder!
Tipp: Früh aufbrechen und noch vor 12 Uhr mindestens 50 Prozent (oder auch 2/3) der geplanten Tagesstrecke zurücklegen. Vormittags ist es meistens noch frischer und kühler als am Nachmittag. Wer das Meiste schon hinter sich hat, kann den Nachmittag besser genießen…

Temperaturen:  Man sollte auf alle Extreme gefasst sein. 2013 erlebte ich im Südwesten Frankreichs die europaweite Hitzewelle mit über 40 Grad Celsius. Hinter den Pyrenäen war es dann damit vorbei und Spanien kam mir mit 25 bis 30 Grad vergleichsweise angenehm vor. Auch hatte ich auf dem Camino frances so gut wie keinen Regen, was relativ untypisch war.

Verpflegung: siehe auch ? Frühstück  ?  Service

Wasser: Sollte man stets ausreichend viel dabei haben. Ideal ist es, wenn man mit einem Handgriff dran kommt. Also Wasserflaschen lieber nicht tief im Rucksack verstauen, sondern am Gürtel oder in der Seitentasche parat halten. Die öffentlichen Quellen und Wasserhähne können in aller Regel bedenkenlos genutzt werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, füllt sich eingekauftes Quell- oder Mineralwasser in seine Flasche.

Wegführung: ? Straßen. Im Zweifelsfall ist mit Autoverkehr zu rechnen. Daher stets darauf gefasst sein, hintereinander gehen.


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