Die FTD hat ein lustiges Experiment gemacht: Unter dem Titel „Abenteuer Nullachstum“ brachte sie eine sechsteilige Serie, wie eine Welt ohne Wachstum aussehen würde. Das Fazit lautet wenig überraschend, dass eine Welt ohne Wirtschaftswachstum schon irgendwie möglich wäre – aber die wäre dann natürlich nicht so schön wie eine mit Wirtschaftswachstum. Überhaupt könne man ja bereits in der Realität betrachten, wie hässlich Nullwachstum ist: Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrisen und der Sparpolitik in vielen Ländern hätten die ja bereits keinen Wachstum mehr, sondern im Gegenteil, die Wirtschaftsleistung schrumpft teilweise sogar deutlich. Schön sei das nicht, im Gegenteil, das Regieren werde schwieriger, die Verteilungskämpfe heftiger – und implizit schwingt die Feststellung mit, dass das doch wirklich keiner wollen könne.
Lernen kann man daraus vor allem eins: Wenn man bei einem solchen Thema immer nur Ökonomen fragt, kann man es auch gleich sein lassen: Was sollen die denn anderes antworten, als dass der Finanzminister dann ganz schön umdenken müsse, und es sehr viel schwieriger sei Jobs zu schaffen?! Klar wird ein Staat, dessen Wirtschaft nicht mehr wächst, eher von seinen Schulden erdrückt, als einer, der gute Wachstumszahlen hat – das ist ja auch empirisch zu beobachten.
Ansonsten kann man nur den Kopf schütteln – warum muss eine Ökonomie bei stagnierendem Bruttoinlandsprodukt denn unbedingt dynamisch sein? Wenn man Wachstum als Indikator für gesellschaftlichen Fortschritt sieht, wie etwa Karl-Heinz Paqué von der Uni Magdeburg das tut, ist das natürlich ein Problem – aber nur, wenn man gesellschaftlichen Fortschritt mit technologischem Fortschritt gleichsetzt. Denn Paqué argumentiert, dass Innovationen es schwerer hätten, sich durchzusetzen, wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst. Warum eigentlich? Wäre nicht zu erwarten, dass wenn der Überlebensdruck durch Minuswachstum größer wird, die Motivation, innovativ zu sein, erst recht wächst? Insbesondere, was die Gesellschaft betrifft?! Nur eine unglaublich innovative Gesellschaft wird mit einer Welt ohne Wachstum klar kommen. Aber das ist es ja nicht, was dem deutschen Durchschnitts-Ökonom gefällt. Der beharrt darauf, dass es irgendeinen Wachstum geben müsse, wenn die Lebensbedingungen auch nur halbwegs vernünftig bleiben sollen.
Das ist nicht völlig von der Hand zu weisen: Einen Wachstum an Klugheit und Denkfreude, ja auch an Innovationsbereitschaft und Offenheit für neue Ideen gerade bei den Wirtschaftsexperten wäre dringend notwendig, wenn man von deren Wachstumsideologie weg will.
Warum fragt man die überhaupt noch, wenn man tragfähige Zukunftsmodelle für eine Welt, in der alle Menschen anständig leben können sucht?! Wir sehen doch gerade, was passiert, wenn man die Welt den Ökonomen überlässt: Die produzieren Wachstum und Geld um jeden Preis und hinterlassen, wenn ihren Konten voll sind, verbrannte Erde. Nun mag man argumentieren, dass es schon irgendeine Wirtschaft braucht, um die Menschen, mit all dem Zeug, das sie zum Leben brauchen, versorgt. Ja, dazu braucht man irgendeine Wirtschaft. Und zwar eine möglichst effektive, gleichzeitig menschen- und umweltfreundliche, also keine kapitalistisch organisierte.