Wireless Talk #8: Beatrice über Fernweh, Traumziele und ihren Berufswunsch

In diesem Wireless Talk durfte ich Beatrice Sonntag ein paar Fragen stellen. Sie erzählt von ihren Reisen in bisher 94 Ländern und darüber, warum sie ihre Erlebnisse in 4 Büchern niedergeschrieben hat. Beatrice ist das beste Beispiel dafür, was trotz Festanstellung alles möglich ist.

In den Wireless Talks spreche ich mit inspirierenden Menschen, die ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. Menschen wie du und ich, die den Mut hatten, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und nach mehr Selbstbestimmung und Freiheit zu suchen. Sie arbeiten ortsunabhängig, leben nach ihren eigenen Vorstellungen und sind Inspiration für den Rest von uns.

Wie viele der bisherigen Interviewpartner in den Wireless Talks hat auch Beatrice der Travel Bug befallen. Der große Unterschied besteht aber nicht nur darin, dass sie deutlich mehr von der Welt gesehen hat als die meisten von uns und das trotz Festanstellung als Projektmanagerin.

Beatrice zeigt, dass man auch neben dem Vollzeitjob großen Zielen folgen kann (und sollte) – sie macht es als Autorin und Bloggerin sowie allein reisende Frau, die kurz davor steht, 100 Länder der Welt bereist zu haben. Aber lies am besten selbst …

 

Kannst du dich unseren Lesern kurz vorstellen: wer bist du und wie verdienst du dein Einkommen?

Mein Name ist Beatrice Sonntag, zumindest immer dann, wenn ich meine Bücher schreibe. Zu Hause heiße ich Dagmar Schirra und ich habe einen ganz normalen Job als Projektmanagerin für Bauprojekte. Nach einem Ingenieurstudium in Kaiserslautern habe ich in Luxemburg als Projektmanagerin angefangen und betreue heute Baustellen im Tiefbau und Hochbau.

Manche Leute behaupten, das sei für eine Frau etwas ungewöhnliches, aber es ist ein normaler Job, den jeder Mensch (mit Ingenieurstudium) machen kann. Ich mag meine Arbeit und auch das internationale Umfeld in Luxemburg sehr.

Das schönste an dieser Arbeit ist, dass ich mit ihr mein großes Hobby, das Reisen finanzieren kann. Langfristig plane ich, mit meinem Blog und meinen Büchern etwas dazu zu verdienen, denn die günstigen Reiseziele gehen mir langsam aus und ich habe noch lange nicht genug davon, die Welt zu bereisen.

 

Wie bist du eigentlich auf das Pseudonym Beatrice Sonntag gekommen und gibt es bei der Verwendung etwas zu beachten?

Das ist eine Geschichte, die schon einige Jahre zurück liegt. In meiner Schulzeit gab es eine Periode, während der alle in meiner Klasse vorhatten, später einmal berühmte Schriftsteller zu werden.

Wir waren wohl so um die 13 Jahre alt, lasen zum ersten Mal die Klassiker der Weltliteratur und versuchten uns an eigenen Kurzgeschichten. Und damals dachten wir uns gemeinsam auf dem Pausenhof Pseudonyme aus, die wir später benutzen würden. Bei mir fiel die Wahl auf Beatrice, weil das mein zweiter Vorname ist und auf Sonntag, weil das in mir so positive und sonnige Konnotationen geweckt  hat.

Und als ich dann knapp 20 Jahre später tatsächlich mein erstes Buch fertig hatte, sagte ich mir, dass ich den Namen nun auch benutzen würde. Die Idee fand ich lustig. Tatsächlich war mir das Pseudonym auch schon einmal sehr nützlich: es erleichterte mir die Beantragung des Visums für Nordkorea, die für Journalisten und Schriftsteller sehr schwierig bis unmöglich sein kann.

Jeder kann sich ein Pseudonym zulegen. Dabei kann viel Fantasie im Spiel sein. Man sollte nur darauf achten, dass nicht bereits jemand anders denselben Namen benutzt. Meine Verlagsverträge und mein Impressum des Blogs laufen natürlich auf meinen bürgerlichen Namen. Ansonsten bin ich immer dann Beatrice Sonntag, wenn es um meine Bücher geht und wenn ich Vorträge halte. Es ist wie eine Rolle, in die ich schlüpfen kann.

 

Du hast dich selbst mit der “schönsten Krankheit” der Welt – dem Fernweh infiziert. Was hat den Ausschlag für deine Reiselust gegeben?

Ich denke, dass ich die „Schuld“ an meinem Fernweh zu einem gewissen Teil meinen Eltern geben kann. Das Reisen gehörte in unserer Familie schon immer zum Leben dazu. Im Alter von zwei Jahren saß ich zum ersten Mal in einem Flugzeug. Zunächst haben wir nur familienfreundliche Reisen unternommen. Aber als ich neun war, sind wir zum Beispiel für sechs Wochen nach Australien geflogen.

Ich durfte nie Knight Rider oder Al Bundy sehen. Stattdessen lief bei uns „Terra X“ oder „Länder Menschen Abenteuer“ im Fernsehen. Der erste Spielfilm, an den ich mich erinnern kann war „Der Fluch des Tutanchamun“. Kein Wunder also, dass mich das Fernweh schon früh gepackt hat.

Für meine Eltern war es wichtig, dass mein Bruder und ich uns für fremde Kulturen und für die Welt interessieren und in dieser Hinsicht ist ihnen meine Erziehung mehr als gut gelungen. Und da ich ohnehin ein wissbegieriger Mensch bin, treibt es mich nun in immer neue fremde Regionen.

Kalahari-Wüste in Botswana

Bei den San in der Kalahari-Wüste, Botswana (Foto von Beatrice)

 

Was sind deine absoluten Geheimtipps für Reisende, die Orte abseits der ausgetretenen Touristenpfade sehen wollen?

Zu meinen schönsten Reisen gehören bisher Äthiopien, Myanmar und Bhutan. Ich bin mir nicht sicher, ob man Äthiopien noch als Geheimtipp bezeichnen kann. Auf jeden Fall haben mich die Felsenkirchen von Lalibela unheimlich begeistert. Sie sind ein Wunder der Baukunst und dazu noch von so vielen Legenden und Mythen umgeben, dass sie für mich eines der Weltwunder sind.

Myanmar hat mich in seinen Bann gezogen, weil es zumindest vor ein paar Jahren noch so wenig touristisch war und ich auf der Reise oft das Gefühl hatte, eine unberührte Kultur erleben zu dürfen. Alles war so fremd und gleichzeitig so normal, dass mir als Besucher gar nichts anderes übrig blieb, als mein Weltbild ein wenig zu verrücken. Ähnlich erging es mir in Bhutan. Auch dieses Land hat sich seine Ursprünglichkeit weitgehend bewahrt.

Schöne Erlebnisse hatte ich aber auch in Ländern, die relativ touristisch geprägt sind. In Gambia zum Beispiel, wo der Strandabschnitt rund um die Hauptstadt voller Hotels steht, habe ich einen der Einheimischen angeheuert, mir sein Land zu zeigen. Dabei habe ich natürlich keine bedeutenden Bauwerke gesehen, aber ich habe das Hinterland kennen gelernt und gesehen, wie die Menschen dort leben.

Das Erfrischende an solchen Reisen ist für mich immer wieder die Tatsache, dass die Menschen in den unterschiedlichen Regionen ganz andere Lebensbedingungen, Sichtweisen und Werte haben, dass die Welt für sie anders aussieht als meine und dass es einfach trotzdem gut so ist. Das Reisen relativiert für mich meinen Alltag und ich nehme mich und den ganzen Stress in Europa nicht mehr so wichtig.

Mein einziger wirklicher „Geheimtipp“ an alle Reisenden ist im Grunde: Habt keine Angst, euch etwas Fremdes anzuschauen, egal, was es ist. Ich meine nicht, dass man leichtsinnig sein oder sich in Gefahr begeben soll.

Es reicht, einfach nur aufgeschlossen zu sein und alles potentiell als Sehenswürdigkeit zu betrachten: eine seltene Grasart, ein merkwürdig anmutendes Musikinstrument, ein riesiger Tempel, eine Methode um Bier zu brauen, eine abenteuerliche Elektroinstallation, ein Tier mit lustigen Fortpflanzungsritualen, ein bizarres Schmuckstück oder eine Legende über ein Seeungeheuer… all das sind für mich Dinge, die mir vor Augen führen, wie vielfältig die Welt ist und die das Reisen für mich so interessant machen.

 

Über deine Reisen hältst du Vorträge und hast bereits mehrere Bücher als Print-Version und E-Book veröffentlicht. Wie kam es dazu?

Ich habe als Kind schon gerne Geschichten gehört und auch geschrieben. Und als ich dann mit meinem Job endlich Geld genug hatte, um mehr zu reisen, merkte ich schnell, dass ich mit der Zeit viel vergesse. Also begann ich, alles aufzuschreiben.

Mein erstes Buch „Berufswunsch: Tourist“ enthält noch sehr kurze Geschichten, die nicht so sehr in die Tiefe gehen, aber als es fertig war, habe ich einfach mein Glück versucht und das Manuskript an einige Verlage geschickt. Tatsächlich habe ich auf diese Weise einen Verlag gefunden. Dieser hat dann auch meine beiden Folgebände mit Reisegeschichten verlegt. „Diagnose: Fernweh“ und „Traumziel: weit weg“ enthalten ausführlichere Geschichten und ich gehe nun mehr ins Detail bei meinen Erzählungen.

Dass mein viertes Buch „Asiens letzte GEHEIMnisse“ entstanden ist, habe ich wieder meinen Eltern zu verdanken, die beim Korrekturlesen darauf beharrten, dass meine Geschichte über Nordkorea einfach nicht zu den anderen heiteren Erzählungen passt. Also habe ich für dieses zugegeben spezielle Thema einen anderen Weg gesucht. Über das Internet habe ich für dieses Werk einen Verlag gefunden und gemeinsam mit diesem Verlag (dem Telescope Verlag) vereinbart, nach Bhutan zu fliegen, um eine passende Ergänzung zu Nordkorea zu haben.

Es hatte also alles ein wenig mit Glück und Zufall zu tun. Aber die Motivation kam stets von mir. Bisher habe ich sie noch nicht verloren und ich will auch in Zukunft über meine Reisen schreiben. Mein nächstes Buch ist schon in Arbeit und wird unter anderem Kirgistan, Kambodscha, Chile und die Balkanländer zum Thema haben.

Die Bildervorträge, die ich halte, waren am Anfang auch nur ein Mittel, um Werbung für meine Bücher zu machen. Mittlerweile erhalte ich für diese Vorträge aber auch teilweise Honorare.

Mansu Hügel in Pjöngjang

Mansu Hügel in Pjöngjang (Foto von Beatrice)

 

Worauf sollte jemand achten, der selbst ein Buch schreiben, verkaufen und vermarkten will?

Das erste, was ich gelernt habe, ist, dass das Schreiben sehr viel Zeit kostet und dass man wirklich mit Begeisterung bei der Sache sein muss, um ein Buch fertig zu stellen. Es ist wie beim Sport. Wenn man keinen Spaß daran hat, dann hält man nicht durch. Ich finde es wichtig, dass der Schreibende von seinem Thema begeistert ist und würde sagen, dass jeder am besten über etwas schreibt, das er liebt.

Was das vermarkten und verkaufen betrifft, so bin ich noch lange nicht an einem Punkt angelangt, an dem sich das Schreiben lohnt. Es ist ein langer und mühsamer Weg, der zwar nicht unbedingt viel Geld aber sehr viel Zeit und Mühe kostet. Teilweise übernehmen die Verlage einen Teil der Werbung und des Marketings. Aber es kommt auch sehr darauf an, dass der Autor sich selbst einbringt und auf sich aufmerksam macht.

So ist bei mir überhaupt erst die Idee entstanden, einen Blog zu betreiben. Das macht mir mittlerweile auch Spaß, aber es ist noch viel Arbeit nötig, damit meine Bücher und mein Blog bekannter werden.

 

Bisher hast du 94 Länder in der Welt besucht und stehst kurz davor, die 100er-Marke zu durchbrechen. Was sind die nächsten 6 Reiseziele?

Das stimmt. Ich will 2015 mein hundertstes Land besuchen. Mein Plan steht schon fest: im Dezember habe ich eine Reise nach Burkina Faso gebucht (95). Falls diese aufgrund der aktuellen Regierungskrise abgesagt wird, muss ich mir spontan etwas anderes suchen. Im Februar fliege ich nach Kuba (das gibt keinen Punkt, denn da war ich schon). An Ostern mache ich einen Kurztrip nach Bosnien Herzegowina (96).

Im Mai führt mich eine Rundreise nach Uruguay, Argentinien und Brasilien (97-99) und im August steht schließlich meine Reise nach Madagaskar an. Damit hätte ich dann die Hundert erreicht. Alle Flüge sind schon gebucht und ich freue mich auf jede Tour wie ein Honigkuchenpferd.

 

Wo können Leser mehr über dich und deine aktuellen Projekte erfahren?

In den bereits erwähnten Büchern gibt es natürlich die ausführlichsten Informationen zu meinen Reisen. Aktuelle Berichte und Fotos veröffentliche ich sehr regelmäßig auf meinem Blog www.beatrice-sonntag.de. Wer aus dem Saarland oder Umgebung stammt, kann sich natürlich einen meiner Vorträge anhören und ansehen. Die Termine sind auf meiner Webseite zu finden.

Vielen Dank für das Interview

 

Jeder der jetzt noch seinen Vollzeitjob als Ausrede für verpasste Möglichkeiten und aufgegebene Reiseträume anführt, der sollte bis ganz nach oben scrollen und das Interview noch mal von vorne lesen.

Wenn du noch ein bisschen mehr Inspirationen für deine nächsten Reiseziele suchst, dann schau dir doch mal die Bücher von Beatrice auf Amazon an.

 

Arbeitest du selbst ortsunabhängig und hast eine inspirierende Geschichte zu erzählen? Oder kennst du jemanden, der dich ganz besonders inspiriert hat? Dann freue ich mich über einen Kommentar oder eine E-Mail an [email protected].

Lebe rastlos, zeitlos und grenzenlos


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