Verena und Patrick haben vor vier Jahren ihre Berliner Wohnungen aufgegeben, um in einem LKW von Berlin nach Südafrika zu fahren. Dort angekommen war die Reise aber noch lange nicht zu Ende. Mittlerweile ist der Hanomag nicht nur das neue Zuhause des Paares, sondern dient gleichzeitig als mobiles Büro der “digitalen Hanomaden”.
In den Wireless Talks spreche ich mit inspirierenden Menschen, die ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. Menschen wie du und ich, die den Mut hatten, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und nach mehr Selbstbestimmung und Freiheit zu suchen. Sie arbeiten ortsunabhängig, leben nach ihren eigenen Vorstellungen und sind Inspiration für den Rest von uns.
Dieses Mal hatte ich das Vergnügen, Verena und Patrick ein paar Fragen stellen zu dürfen. Das reisende Paar ist bereits seit 2010 in Afrika unterwegs. Aber nicht irgendwie, sondern mit ganz viel Stil. Das Zuhause der beiden ist ein Hanomag-LKW, der wahrscheinlich älter ist als viele von uns.
Hallo Verena und Patrick, könnt ihr euch unseren Lesern kurz vorstellen und von euren Erlebnissen der letzten Jahre berichten?
Wir sind Verena und Patrick. Im August 2010 haben wir unsere Wohnungen in Berlin aufgegeben, um in unserem LKW Hanomag A-L 28 (BJ. 1968) von Deutschland nach Südafrika zu fahren. Unsere maximale Geschwindigkeit beträgt nur 70km/Stunde, so haben wir viel Zeit die verschiedenen Länder intensiv kennenzulernen.
Dabei sind uns vor allem die Begegnungen mit Einheimischen und anderen Reisenden wichtig. Besonders in Erinnerung geblieben ist uns die Überquerung der grünen Grenze von Äthiopien nach Kenia entlang des Turkanasees – schwierige Pisten, Flussdurchfahrten sowie mehr als 1000 Kilometer ohne Tankstelle und Einkaufsmöglichkeiten.
Nachdem wir 20 Monate lang gereist sind, haben wir unseren LKW erstmal in Johannesburg bei Freunden untergestellt und sind zurück nach Deutschland geflogen. Dort wurde uns dann klar, dass wir unheilbar vom Reisefieber infiziert wurden.
Das Problem: Wir hatten kein Geld mehr. Deswegen haben wir beschlossen, zu Digitalen Nomaden zu werden, was zum Glück mit unseren Berufen als PR-Redakteurin und Webdesigner gut möglich ist. Seitdem leben wir dauerhaft in unserem Oldtimer-LKW in Afrika.
„Kenyan Dandy“ – Begegnungen am Turkanasee in Kenia
Wie sah euer Leben in Deutschland aus, bevor ihr euch auf die große Reise begeben habt?
Wir haben uns erst eineinhalb Jahre, bevor wir unsere Transafrika-Reise gestartet haben, in Berlin kennengelernt. Verena hat ein Volontariat in der Unternehmenskommunikation eines großen Konzerns gemacht und Patrick war selbständig.
Jeder von uns hatte eine eigene Wohnung, ein gemeinsames Auto und wir haben das große Unternehmungsangebot in Berlin voll ausgenutzt – richtige Stadtmenschen also. Patrick war erst einmal in Südafrika und Verena noch nie in Afrika. Außerdem hatten wir beiden keine Ahnung von Autos. Die Transafrika-Reise war also wirklich eine Reise ins Ungewisse und ein echtes Abenteuer.
Was hat den Ausschlag für euren Aufbruch gegeben und wie hat sich euer Leben seitdem verändert?
Wir hatten beide immer schon den Traum eine längere Reise zu machen, bevor wir uns kannten, aber irgendwie ist immer etwas dazwischen gekommen. Dann hat einfach alles gepasst: wir haben uns kennengelernt und hatten damit einen Reisepartner, wir hatten genug gespart und Verenas Volontariat war zu Ende.
Wir haben uns einen festen Termin gesetzt und die Wohnungen gekündigt. Es gab also kein Zurück mehr, ob wir bereit sind oder nicht. Gleich am Anfang der Transafrika-Reise hatten wir dann ernsthafte Probleme mit dem LKW. Trotzdem haben wir uns nicht entmutigen lassen.
Beim zweiten Aufbruch hat den Ausschlag gegeben, dass wir festgestellt haben: Ein Bürojob und ein Leben in Deutschland ist nichts mehr für uns. Wir haben nach Alternativen gesucht und sind mit dem ortsunabhängigen Leben fündig geworden. Zum Glück stand der Hanomag noch in Südafrika – wir konnten also direkt wieder in unser mobiles “Haus” ziehen.
Trotz Regenzeit fährt der Hanomag über die Pisten in Malawi
In eurem Hanomag seid ihr als „digitale Hanomaden“ unterwegs. Wie lebt es sich im LKW, wie sieht euer Alltag aus und wie finanziert ihr eure Reisen?
Unsere Wohnfläche ist ca. 6 qm groß. Das gesamte Interieur hat Patrick selbst einfach und sehr günstig ausgebaut. Wir haben ein Doppelbett, das tagsüber umgeklappt wird und einem Tisch Platz macht. Außerdem gibt es einen Kühlschrank, einen Gaskocher und eine Spüle.
Am Anfang hatten wir sogar eine Innen-Dusche, die wir jetzt nach Außen verlegt haben, um den zusätzlichen Stauraum nutzen zu können. Am liebsten sitzen wir draußen an unserem Campingtisch. Wir bleiben jetzt oft länger an einem Ort, wo wir beim Arbeiten einen tollen Blick genießen können.
Das Geld für die Transafrika-Tour haben wir uns zusammengespart. Fokus war dabei aber nicht möglichst viel anzusparen, sondern auch günstig zu reisen. Dennoch war uns ein gewisser Komfort wichtig, weshalb wir uns ein Reisemobil gekauft haben, statt Backpacking zu machen.
Der Hanomag ist sehr robust und eines der preiswertesten Allrad-Fahrzeuge, die man bekommen kann. Unsere Lebenshaltungskosten zu Zweit beliefen sich inklusive dem sehr großen Posten Diesel auf durchschnittlich 1000 Euro pro Monat.
Inzwischen geben wir sogar noch weniger aus, wenn wir länger an einem Ort bleiben – in Malawi brauchen wir gerade zusammen nur rund 500 Euro im Monat. Unseren Lebensstil finanzieren wir durch die Arbeit als Freelancer im Bereich Content und Webdesign und bauen uns parallel ein passives Einkommen durch Blogs und Affilate-Seiten auf.
Wir wollen aber nicht nur online Geld verdienen, sondern haben auch noch andere Ideen, die wir in Zukunft umsetzen wollen.
Welchen Stellenwert haben Ortsunabhängigkeit und Selbstverwirklichung in eurem Leben?
Das ist uns sehr wichtig und bestimmt sogar maßgeblich die Wahl unseres Lebensstils. Bei einem normalen Angestelltenjob hat man 4-6 Wochen Urlaub, das ist einfach zu kurz um die Welt zu erkunden.
Manchmal, wie im Moment, bleiben wir auch mal sehr lange an einem Ort – die letzten acht Monate haben wir am Cape Maclear in Malawi verbracht. Aber wenn wir Lust haben, können wir jederzeit in unseren LKW steigen und einfach woanders hinfahren. Das bedeutet für uns Freiheit und Flexibilität.
Aber wir brauchen auch in gewisser Weise Kontinuität und ein Gefühl von Heimat. Das gibt uns der Hanomag – wir haben unsere Homebase immer dabei. Für uns wäre es nichts, immer in Hostels oder Gästehäusern zu übernachten. Wir wissen unser eigenes Bett sehr zu schätzen.
Arbeiten mit Aussicht auf den South Luangwa NP in Zambia
Könnte ihr unseren Lesern einen Rat geben, wie sie selbst ihren Traum von Reisen und Freiheit verwirklichen können?
Es ist schwierig dafür allgemeine Tipps zu geben, da die Situation für jeden sehr unterschiedlich ist. Wer aber etwas verändern will, sollte möglichst bald damit anfangen. Man ist nie wirklich 100% bereit, nie ist alles perfekt – deswegen nicht zu lange grübeln und planen, sondern loslegen.
Wenn man auf den richtigen Zeitpunkt wartet oder auf die zündende Idee, ist es vielleicht irgendwann zu spät. Das Leben ist zu kurz zum Warten!
Wie sehen eure Zukunftspläne aus und wo können Leser mehr über euch erfahren?
Im Oktober werden wir Malawi erstmal verlassen, aber wohin es danach geht, steht noch nicht fest. Auf jeden Fall wollen wir noch eine Weile in Afrika bleiben und dann entweder zuerst den amerikanischen Kontinent bereisen oder Richtung Asien aufbrechen. Das entscheiden wir ganz spontan.
Wir berichten von unseren Reisen und unserem ortsunabhängigen Leben auf unserem Blog runterwegs. Folgen kann man uns auch auf Facebook, Twitter und YouTube.
Vielen Dank für die inspirierende Geschichte!
Wow, das hört sich doch nach einem echten Abenteuer an, oder? Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie günstig eine solch lange und ausgedehnte Reise doch am Ende sein kann. Und das es mit einer Reise nicht enden muss, sondern ein Dauerzustand sein kann, lässt sich am Beispiel von Verena und Patrick wunderbar sehen.
Arbeitest du selbst ortsunabhängig und hast eine inspirierende Geschichte zu erzählen? Oder kennst du jemanden, der dich ganz besonders inspiriert hat? Dann freue ich mich über einen Kommentar oder eine E-Mail an sebastian@wirelesslife.de.
Lebe rastlos, zeitlos und grenzenlos