In diesem Wireless Talk berichtet Eva von ihren Ansichten zum Thema Volunteering, nachhaltiges Reisen und dem Finden der eigenen Leidenschaft. Eva bezeichnet sich selbst als privilegierte Erdenbürgerin mit EU-Pass, die bereits in verschiedenen Ländern der Welt gelebt und gearbeitet hat.
In den Wireless Talks spreche ich mit inspirierenden Menschen, die ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. Menschen wie du und ich, die den Mut hatten, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und nach mehr Selbstbestimmung und Freiheit zu suchen. Sie arbeiten ortsunabhängig, leben nach ihren eigenen Vorstellungen und sind Inspiration für den Rest von uns.
In diesem Wireless Talk hatte ich die Gelegenheit, Eva ein paar Fragen zu stellen. Sie hat in den letzten Jahren in Salzburg, León (Nicaragua) und in Shanghai studiert, geforscht, gearbeitet und gelebt. Derzeit ist sie in Nicaragua, forscht zum Thema Volunteer Tourismus und absolviert einen Universitätslehrgang zum Thema ‘Global Citizenship Education’.
Hallo Eva, kannst du dich unseren Lesern kurz vorstellen?
Hallo, mein Name ist Eva. Ich komme ursprünglich aus Salzburg in Österreich und lebe seit Februar die meiste Zeit in Nicaragua. Ein gewisser Freiheitsdrang und große Neugierde waren vermutlich ausschlaggebend für mein Fernweh. Ich denke, meist war es eine Mischung aus hin-zu und weg-von Motivation.
Meinen Lebensunterhalt bestreite ich unterschiedlich, zurzeit als internationale Projektkoordinatorin von CeTeCh, ein Ausbildungszentrum im Westen Nicaraguas. Außerdem erhalte ich Weiterbildungsgeld vom Arbeitsmarktservice in Österreich, da ich in Bildungskarenz bin. Dazu kommen Freelance Tätigkeiten wie Webbetreuung, Journalismus und Ähnliches.
Welches sind/waren einige deiner liebsten Orte und Erlebnisse?
Die besten Erlebnisse sind oftmals die kleinen Dinge: ein total freundlicher Taxifahrer, der mir die Stadt zeigt (Panama City), unvergessliche Partynächte am Strand (Nicaragua), die Gastfreundschaft am gefühlten Ende der Welt (Philippinen), spektakuläre Busfahrten (überall) und so weiter.
Die liebsten Orte sind für mich die Orte, an denen ich nette Menschen kennenlerne, gut feiern kann, mich frei bewegen kann, die Natur etwas zu bieten hat und die Temperatur zumindest im zweistelligen Bereich ist.
Eva beim Bergsteigen in den Drakensbergen in Südafrika
Welchen Stellenwert haben Entscheidungsfreiheit, Ortsunabhängigkeit und Heimatverbundenheit in deinem Leben?
Entscheidungsfreiheit hat einen hohen Stellenwert in meinem Leben und ich bin mir sehr bewusst, dass die Freiheit selbstbestimmt zu leben, sich frei zu bewegen oder überhaupt in ferne Länder zu reisen ein großes Privileg ist.
Trotzdem ist diese Freiheit gewissen Normen unterworfen. Die Macht des Kapitals (Stichwort Google), ökonomische Zwänge und globale Ungleichheit verhindern meines Erachtens die Idee von ‘Freiheit’ – doch das ist ein anderes Thema.
Mit dem Begriff ‚Ortsunabhängigkeit’ habe ich leichte Schwierigkeiten. Selbst mit einem Onlinebusiness ist man irgendwo verortet – dort zahlt man Steuern, darf wählen gehen und kann sich als ‚Citizen’ fühlen.
Ich finde den Begriff Global Citizen sehr interessant. Es geht darum, wie man sich in dieser Welt positioniert, wie man die eigene Rolle wahrnimmt und reflektiert und welche Wertvorstellungen dem Ganzen zugrunde liegen. Global Citizen kann und darf man überall sein, es geht um die innere Einstellung.
Mit dem Begriff ‘Heimat’ assoziiere ich als Österreicherin sofort Kuhglocken, sehe glühende Alpen und Trachtenjacken. ‚Zuhause’ fühl ich mich relativ schnell irgendwo und verbunden mit der Heimat bin ich dank der wunderbaren Erfindung Internet. Ich habe einmal einen Artikel über kulinarisches Heimweh geschrieben.
Was würdest du Menschen raten, die sich nicht sicher sind, was sie im Leben wollen?
Ich denke, das ganze Leben ist Veränderung, die Zeit steht schließlich nicht still. Wer mit seiner Situation nicht zufrieden ist und die Möglichkeit hat etwas zu verändern, sollte dies auch tun (und sich bewusst sein, dass die wenigsten ErdenbürgerInnen überhaupt die Möglichkeit haben ihr Leben einfach zu verändern).
Ich halte ehrlich gesagt wenig von Anleitungen á la: “Verändere dein Leben in 8 Schritten” – denn ‘deine’ 8 Schritte sind nicht ‘meine’ 8 Schritte. Außerdem macht jeder/jede einen Reifeprozess durch. Ziele, die vielleicht vor einem Jahr zentral waren, können total an Bedeutung verlieren. Interessante Begegnungen können ein Leben in eine völlig neue Richtung lenken.
Auf jeden Fall denke ich, dass es schwierig ist, herauszufinden was man vom Leben will, wenn man sich vom Konsumdenken vereinnahmen lässt. Bewusster Konsum, darüber nachdenken woher die Ware kommt, auf Bio/Fair Trade und andere Labels zu achten oder die Lebensmittel von einer Foodcoop (z.B. Salzkörndl in Salzburg) ist zwar ein erster Schritt aber noch lange kein minimalistischer Lebensstil.
Dabei geht es eher darum zu überlegen was man wirklich braucht, so einzukaufen dass, keine Lebensmittel übrig bleiben und auf Luxusgüter (PKW usw.) völlig zu verzichten.
Für das (Langzeit-) Reisen spricht die Reduktion des Hab & Guts auf eine tragbare Menge, die Begegnungen, die Erfahrungen und was man dabei immaterielles mitnehmen kann. Die Art der Reise ist natürlich von Bedeutung, deshalb plädieren wir auf unserem Blog für ‚tiefes’ Reisen.
Die Leidenschaft kann man nicht finden, sie steckt in einem – das klingt abgedroschen, aber: einfach auf das Bauchgefühl hören!
Deeper Travel – Tiefer, länger und nachhaltiger Reisen (hier: die Masai Mara in Kenia)
Worum geht es auf deinem Blog und was war deine Motivation dafür?
Den Blog haben mein Partner Robert und ich gemeinsam gelauncht, wir hoffen, dass wir es dadurch auch schaffen das Thema vielschichtig zu beleuchten.
Die Idee für deepertravel.de kam mir im April diesen Jahres während einer langen Busfahrt durch das Bergland von Guatemala. Ich war am überlegen, wie ich mit meinem Dissertationsthema (Volunteer Tourismus) weiter verfahren soll. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich schon mit diesem Thema und führe Interviews mit Freiwilligen im Ausland durch.
Während der Gespräche habe ich bemerkt, dass oftmals eine riesige Kluft zwischen Erwartungshaltung und Realität herrscht, wie wenig manche Volunteers über das Land in dem sie arbeiten und globale Themen wissen und wie sehr sie fixiert sind auf ihre eigene Rolle als ‘HelferIn’ im Austausch gegen ‘Dankbarkeit’.
Ich habe Volunteers getroffen, die verzweifelt über die Unterkunftssituation sind, überfordert durch ihre Aufgabenbereiche, enttäuscht über ihre KollegInnen usw. Deshalb dachte ich, hier gibt es vielleicht Potenzial für einen Blog, als Anlaufstelle für Fragen, Austausch von Erfahrungsberichten und als Infoportal über Themen rund ums Reisen und Volunteeren. Vor allem geht es darum, angehenden Volunteers Hilfestellung anzubieten und sie zu motivieren selbst aktiv zu werden, anstatt eine Volunteer Reise einfach zu kaufen und zu konsumieren.
Gerade der in den letzten Jahren boomende Voluntourismus schreibt sich auf die Fahnen, nachhaltige und bewusste Reisen anzubieten; man kann beispielsweise 2 Wochen Arbeit in einem Waisenhaus und eine Rundreise als Pauschalreise buchen. Ich habe keine Ahnung, was daran nachhaltig sein soll.
Durch solche Trips werden oftmals verkehrte Bilder über das Nord-Süd Verhältnis reproduziert. Und am schlimmsten ist der ‘Wohlfühlfaktor’ dabei, die Reiseveranstalter verkaufen quasi das Zertifikat, dass man ‘etwas Gutes’ getan hat.
Das ist die Grundmotivation für den Blog, schwierig wird vermutlich die doch kontroverse Thematik breitentauglich aufzubereiten, sich nicht zu sehr von der eigenen Meinung beeinflussen zu lassen und nicht als die Tante mit dem erhobenen Zeigefinger rüberzukommen.
Der Blog gibt uns auch die Möglichkeit sehr viel Neues zu lernen, der Blog Camp Onlinekurs* (20 Euro Rabatt mit dem Gutscheincode WIRELESSLIFE) von Conni und Sebastian war der erste Schritt.
Wie sehen deinen nahen Zukunftspläne aus und wo können Leser mehr über dich und deine aktuellen Projekte erfahren?
Ich hatte ursprünglich geplant bis Juli in Nicaragua zu bleiben, jetzt bin ich immer noch hier – soviel zu den Plänen. In 3 Wochen geht es mit einem Zwischenstopp in New York erst mal zurück nach Österreich und im Dezember besuchen wir höchstwahrscheinlich Freunde in Südafrika.
Ich schreibe auch gerade an der Masterarbeit für den Universitätslehrgang ‚Global Citizenship Education’ und Robert und ich planen auch eine (zweite) Studienreise nach Nicaragua im Februar. Studierenden der Kommunikationswissenschaft Salzburg soll das Thema ‚Kommunikation und Entwicklung an der Karibikküste Nicaraguas’ näher gebracht werden. Ein Artikel über die letzte Exkursion gibt es hier (S. 28).
Vielen Dank für die Einblicke in dein spannendes Leben!
Arbeitest du selbst ortsunabhängig und hast eine inspirierende Geschichte zu erzählen? Oder kennst du jemanden, der dich ganz besonders inspiriert hat? Dann freue ich mich über einen Kommentar oder eine E-Mail an [email protected].
Lebe rastlos, zeitlos und grenzenlos