„Wire“
(Pink Flag/Cargo)
Man hätte es sich wirklich denken können: Alle drei Alben, die Wire nach längerer Unterbrechung ihrer Zusammenarbeit seit dem Jahr 2008 eingespielt haben, sind als Querschnitte der früheren Schaffensperioden angelegt, jedes spiegelt auf seine spezielle Art die Entwicklung der Band vom minimalistischen Punkrock der Pink-Flag-Ära über elektronischen Wave bis hin zum retrospektiven Post-Punk wieder. Warum sollte, was da so gut funktioniert hat, beim neusten Werk also anders sein? Und so sind alle Befürchtungen, diese Platte könnte zur Abwechslung mal eine zahme, aufpolierte, schlimmstenfalls ‚altersgerechte‘ werden, völlig unnötig. Denn obgleich „Wire“ ungewohnt poppig und ruhig beginnt, schleichen sich doch nach und nach immer dunklere Töne ins Programm. Das erste Langformat „Sleep-Walking“ ist zwar von der Wut der Anfangstage noch weit entfernt, trägt aber schon ein düsteres, unheilschwangeres Halo im Gepäck. „Split Ends“ und „Octopus“ können mit höherem Tempo und raueren Gitarren aufwarten, die Überraschung ist aber das abschließende „Harpooned“: Hier lassen Wire eine ganz neue Seite erkennen, nämlich die Lust am gewaltig dröhnenden, schwermütigen Noise. Acht lange Minuten bauen sie lautstark an ihrer Wall Of Sound, ganz im Stile von Postrockgrößen wie Mogwai oder Volcano Choir haben sie Gefallen am Drama gefunden und selbst die sonst so warme und sanfte Stimme von Colin Newman wird vom Haken gelassen. Es bleibt also dabei: Für’s Altenteil sind diese Männer noch längst nicht gemacht und auf ein akkustisches Spätwerk wird man gottlob noch weiter warten müssen. Solange es ihnen derart geschmacksicher gelingt, die eigene Tradition lebendig zu halten und sich Neuem nicht zu verschließen, muss einem um diese Band nicht bange sein. http://www.pinkflag.com/