Schon vor einigen Wochen dachte ich: oje, wenn ich aus Versehen was ausrupfe, das eigentlich eine wunderbare Blume oder ein gesundes Wildkraut werden will? Deshalb bin ich zum einen ein bisschen spät dran, zum anderen hab ich mich riesig gefreut, dass ich beim Kosmos Verlag ein Buch gefunden habe, mit dem ich „Erwünschte und unerwünschte Gartenpflanzen auf einen Blick erkennen“ kann:
„Wird das was – oder kann das weg?“, so der witzige Titel von Bärbel Oftrings hilfreichem neuen Ratgeber, in dem die Autorin 100 Pflanzenkinder in Wort und Bild vorstellt.
Glockenblumen, Guter Heinrich, Ackerschachtelhalm, Kamille, Stockrose, Margerite oder Mutterkraut: zahlreiche Pflanzen machen aus Feld, Wald und Wiese „rüber“, Vögel bringen Samen aus dem Nachbargarten und so gleicht der Garten jedes Frühjahr einer großen Wundertüte mit nicht immer liebsamen Überraschungen.
Jeweils drei Bilder zeigen unterschiedliche Wachstumsphasen der portraitierten Gartenschätzchen: auf dem ersten Foto präsentiert die Böblinger Botanikerin die Pflanze frisch ausgetrieben, das zweite zeigt die Pflanze nach zwei Wochen und auf dem dritten Foto ist die Pflanze zu sehen, wie sie nach sechs Wochen ausschaut.
Gerade die neuen Triebe sehen sich ja teilweise zum Verwechseln ähnlich. Ich traue mir in diesem Stadium nicht zu, einen Erdrauch von einer wilden Möhre zu unterscheiden. Auch Gänsefingerkraut und einige Mohnarten sehen sich als Kinder zum Verwechseln ähnlich!
Zum botanischen Steckbrief gibt Bärbel Oftring viele Hinweise über den Wachstumsverlauf, zu den Eigenheiten von Hirtentäschel, Labkraut & Co, gibt tolle Tipps zum Schnitt, zum Umpflanzen und zur Verwendung der Pflanzen, denn viele der anfänglich unbekannten Triebe entwickeln sich zu wertvollen Heilpflanzen, für Salben, Tees, Wickel oder Aufgüsse.
Und so manche blühende Schönheit eignet sich als essbarer Blickfang für Desserts, Kuchen oder Salate, beispielsweise die lilablaue Berg-Flockenblume. Wildblumen und Wildkräuter liegen nicht nur für grüne Smoothies im Trend, deshalb dürfen sie – auch in Schwaben – immer häufiger auch im so genannten „gepflegten“ Garten bleiben.Ich hab neulich sogar Beifuß-Samen gekauft und dafür von erfahrenen Gärtnern belustigtes Gelächter kassiert.
Doch was, wenn das Kraut doch mal zuviel des Guten wird? Bei Giersch, Drüsigem Springkraut oder Kletten-Labkraut zum Beispiel, neigen nicht wenige Gärtner zu leichter Schnappatmung und das teilweise zu Recht: bei guten Bediengungen nehmen sie schnell den ganzen Garten ein. Auch in solchen Fällen weiß Bärbel Oftring, wie man wieder Herr im Beet wird.
Praktischerweise sind die Pflanzenportraits in drei Kapitel unterteilt – je nachdem, ob die ersten Blätter länglich, rund oder mehrteilig sind. Die vordere Umschlagklappe zeigt zudem die Top 10 selbst aussäender Pflanzen, die wohl jeder gern im Garten hat: hübsche Blüher wie Klatsch-Mohn, Fingerhut, Akelei oder die rote Spornblume.
Nach hinten hat die Autorin die Top 10 der „lästigsten“ Pflanzen verbannt – hier tummeln sich neben der Ackerwinde zum Beispiel auch der Ackerschachtelhalm – der im Tee zwar sehr gesund ist, als Gartenpflanze aber schon mal nerven kann – sowie Wiesen-Sauerampfer, Giersch, Kriech-Quecke oder Franzosenkraut. Samenstände kappen oder ausrupfen kann helfen, viele dieser Nervensägen kann man aber auch einfach wegfuttern!
„Wachsen lassen oder jäten?“ – eine Frage, die sich mit diesem Buch auch unerfahrenere Gartenbesitzer ab sofort schon früh im Gartenjahr leicht beantworten können! Kurzportraits und nützliche Gartenadressen runden diesen eigentlich längst überfälligen Ratgeber ab.
Bärbel Oftring „Wird das was – oder kann das weg?“, 144 Seiten mit zahlreichen Farbfotos, Klappenbroschur, 16 Euro 99, Kosmos Verlag