Als Gentrifizierung bezeichnet man eine „soziokulturelle Entwicklung, welche kaufkräftige Personen und Gruppen begünstigt" (siehe Wikipedia). Dieser Strukturwandel vertreibt Menschen aus ihren langjährigen Lebensumgebungen und macht Platz für Cafés, Eigentumswohnungen und Biomärkte. Das ist ein Problem, da vor allem sozial schwache Menschen an die Ränder von Städten gedrängt werden und ihre zum Teil viele Jahre bewohnten Viertel verlassen müssen.
Als wir nach Dresden zogen, waren wir noch Studenten. Wir konnten uns keine hohen Mieten leisten und zogen daher in ein Viertel, was zu diesem Zeitpunkt vor allem von Studenten bewohnt wurde, weil die Mieten akzeptabel waren. Die Jahre gingen ins Land und wir beendeten unsere Hochschullaufbahnen. In diesem Zeitraum hatten wir bereits unser gesamtes Leben auf dieses Viertel ausgelegt. Für uns stand daher fest, wir bleiben in unserer Hood.
Schnell waren Jobs gefunden und unser monatliches Einkommen ließ eine größere Wohnung zu. Wir blieben dem Viertel treu und zogen in einen nagelneu sanierten Altbau - von anderthalb in helle drei Zimmer, mit einem Arbeitszimmer, das schnell zum Kinderzimmer wurde, da unser Nachwuchs ins Leben trat. So wurde aus dem Studentenpaar eine kleine Familie.
Lebensläufe wie unsere treiben der Gentrifizierung in die Arme. Durch unsere Bildung sind wir für Jobs qualifiziert, die uns ein höheres Einkommen ermöglichen. Somit sind wir auch bereit, höhere Mieten zu zahlen. Zusätzlich werden wir sensibler für unsere Lebensumstände: Kaufen Bio ein und versuchen, nachhaltig zu leben.
Aufgrund dieses Umstands wird das Viertel, dass nun von vielen jungen Familien bewohnt wird (schließlich sind wir nicht die Einzigen, die bleiben wollten und hier ihre Kinder bekamen) für Investoren und Firmen immer beliebter. Wohnräume werden immer teuerer und für sozial schwache Menschen unbezahlbar.
Gentrifizierung - Wir sind Teil des Problems.
Was also tun, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken? Diese Frage stelle ich mir gelegentlich. Vor allem jedes Mal, wenn ein neues Haus gebaut oder ein Altes saniert wird.
Aus dem Viertel in ein eigenes Haus an den Stadtrand ziehen, ist keine Lösung, sondern ein weiterer Schritt, der die Situation verschärft. Mit jedem Umzug können die Wohnungspreise an die aktuelle Preislage im Viertel angepasst werden. Das bedeutet: Wird im Viertel viel saniert und neugebaut, können die Mieten steigen. Daher ist eine Idee, der Entwicklung entgegen zu wirken: Unnötige Umzüge zu vermeiden. Wir sind beispielsweise bewusst in eine größere Wohnung gezogen, da die Familienplanung in unserer Zukunft einen festen Platz hat.
Mir ist auch klar, dass ich als Einzelner nicht viel machen kann und die eigentliche Verantwortung bei Stadt und Staat liegen. Trotzdem verfolge ich die Entwicklung zwiegespalten. Mit diesem Beitrag möchte ich für das Thema sensibilisieren und zum Nachdenken anregen. Ich hoffe, dass funktioniert.
Wie geht es euch damit? Erlebt ihr auch eine Veränderung in euren Vierteln?