Wir sind mitschuldig, wenn Millionen von Menschen ins Schlaraffenland Europa flüchten

Wir sind mitschuldig, wenn Millionen von Menschen ins Schlaraffenland Europa flüchten

Posted by Marlene on Februar 17, 2015 · Hinterlasse einen Kommentar 

schlaraffenland

Manchmal braucht es anderer Leute Sorgen, um einem klar zu machen, wie gut wir es uns hier in Europa eigentlich eingerichtet haben und wie … unproblematisch manche unserer Alltagsproblemchen doch bei näherem Betrachten sind. Am Wochenende habe ich mit Familie und Freunden die dänische Jyderup Højskole für Politik und Kunst für einen Kurs besucht – Højskoler, das sind in Dänemark so eine Art Volkshochschulen für kurze oder längere Aufenthalte auf dem Lande.

Afrikaner auf einem dänischen Schloss

In der Hochschule, die in einem romantischen alten Schloss am See untergebracht ist, wohnen derzeit auch um die vierzig Flüchtlinge, die bereits in Dänemark Asyl erhalten haben und nun die Landessprache lernen. Alles in allem ist das Asylverfahren seit dem letzten Regierungswechsel hin zu einer linkeren Regierung sehr viel flotter geworden, sodass die Leute nicht monatelang in Auffanglagern in Ungewissheit bleiben müssen.

Jyderup Højskole im Oktober 2014

Jyderup Højskole im Oktober 2014

Jedenfalls saßen wir dort zum Abendbrot im gemeinschaftlichen Speisesaal und hinterher spielten die Kinder auf dem Fußboden. Es dauerte nicht lange, da waren sie umringt von lächelnden dunkelhäutigen Männern, die sie auf den Schoß nahmen und ihre ersten neu gelernten dänischen Wörter an ihnen ausprobierten und ihnen zum Schluss noch selbstgebackenen Kuchen schenkten. Ich erfuhr, dass viele von ihnen ihre Familien in ihren Heimatländern zurücklassen mussten, weil sie selbst in Lebensgefahr schwebten. Sie kommen beispielsweise aus Syrien, dem Libanon und Afghanistan und zwei von ihnen sind seit ihrer Flucht Vater geworden, ohne ihr Kind bisher gesehen zu haben. Niemand weiß, ob und wann ihnen eine Familienzusammenführung gelingen wird. Wenn sie kleine Kinder sehen, freuen sie sich riesig, werden aber sicherlich gleichzeitig auch riesiges Heimweh bekommen.

Mir tut es leid, dass diese vom Krieg traumatisierten Menschen hier und in anderen europäischen Ländern dann auf unverständnisvolle und asoziale Reaktionen von Anhängern von PIGIDA und anderen Gruppen stoßen müssen. Der blanke Hohn, wenn die, die vor radikalen Islamisten aus ihrer geliebten Heimat fliehen mussten, hier als Islamisten des Terrors verdächtigt werden. Und schlimm, wenn im Westen aufgewachsene, radikalisierte Jungs den Fremdenhassern dann noch in die Hände spielen.

Umweltschutz geht nicht ohne Frieden und Armutsbekämpfung

Was mir früher nicht klar war, ist, dass wirklicher Umweltschutz, der global angegangen werden muss, nicht ohne effektive Krisenprävention, Bildung und Armutsbekämpfung funktioniert. Erst wenn die Menschen nicht mehr flüchten müssen, genug zu essen haben und sich bilden können, haben sie die Zeit und Kraft, um auch die Umwelt zu schützen.

Wer gerne möchte, dass nicht so viele Flüchtlinge nach Europa strömen, der sollte sich Gedanken machen, welchen Beitrag er dazu leistet. Unsere Regierungen treffen Entscheidungen über Handel, Subventionen, Kooperationen mit anderen Regierungen, investieren in Militär und / oder Krisenprävention. Wir wählen sie. Viele unserer Banken investieren in Waffen, mit denen fremde Kriege geführt werden, und in Spekulationsgeschäfte mit Nahrung, in deren Folge tausende Menschen verhungern. Wer sein Geld bei grünen Banken wie GLS, Umweltbank und anderen anlegt, leistet einen Beitrag dazu, dass es mehr Menschen in ihren Ländern besser geht. Ganz zu Schweigen von Waffen, die in Deutschland hergestellt werden. Von Dumpingkonsumgütern, die wir täglich selbstverständlich kaufen. Von subventionierten europäischen Trawlern, die afrikanischen Kleinstfischern die Lebensgrundlage nehmen. Von subventionierten europäischen Hühnerteilen, die hier keiner essen mag, und die zu Dumpingpreisen die afrikanischen Märkte zerstören. Und. Und. Und.

Wenn man genau hinschaut, können wir mit vielen unserer Alltagshandlungen bis zu einem gewissen Grad mit beeinflussen, wie gut oder schlecht es Menschen in anderen Ländern ergeht – ohne, dass wir nur einen Cent an Hilfsorganisationen spenden müssen. Bis zu einem gewissen Punkt sind wir selbst mitschuldig, wenn sich Millionen von Menschen gezwungen sehen, ihre Heimatländer zu verlassen, um in unserem Schlaraffenland ihr Glück zu suchen.


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