Erstaunlich ist das laute Schweigen der Bundesregierung in der Affaire. Und die Unbedarftheit eines Bundespräsidenten, der in einem Interview kund gab, dass diese (elektronische) Totalüberwachung der Kommunikation nicht so schlimm sei wie das Gebahren der DDR-Staatssicherheit. Dort hätte man schließlich Akten angelegt.
n-tv interviewte den Sicherheitsexperte Günther Weiße, der aussagt, dass die USA Deutschland deshalb ausspioniert, weil Deutschland ein Hochtechnik-Entwicklungsstandort sei, die deutsche Regierung insbesondere im Finanzsektor, erheblichen Einfluss auf die europäische Politik hat und auch die vergleichsweise engen Beziehungen zu Russland Deutschland für die USA zu einem interessanten Beobachtungsobjekt machen.
Interessant an diesem Interview ist, wie dem Bundesnachrichtendienst auch hier wieder bescheinigt wird, dass er sich an der Bespitzelung nicht beteiligt, da er ja demokratisch legitimiert sei und im engen Rahmen der Gesetze handelt. Dass der BND auch auf “Erkenntnisse” von US-amerikanischen und anderer Geheimdienste zurückgreift, wird nicht erwähnt.
Die TAZ weist darauf hin, dass Merkels Protest: “Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg!” fehlschlägt, “weil es ja um die Bespitzelung befreundeter Staaten geht und nicht um zwei verfeindete, sich belauernde Machtblöcke.”
Es stellt sich die Frage – zumal wegen des deutlichen Schweigens der Bundesregierung – wie viel diese von der Bespitzelung wußte. Denn dann wäre der internationale Überwachungsskandal auch ein innenpolitisch deutscher.
Der grüne Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht schreibt in seinem Blog bereits von einer “Kernschmelze des Rechtsstaats” und fordert das Europäische Parlament zum sofortigen handeln auf.
Währenddessen sitzt Edward Snowden, der Whistleblower, der die Affaire aufdeckte, noch immer im Transitbereich des Moskauer Flughafens fest und stellt Asylanträge. Auch an Deutschland soll ein solcher gegangen sein - das wird jedoch bisher vom Innenministerium bestritten.