Bild: Dr. Steffi Burkhart
Steffi Burkharts Weg verlief zunächst klassisch: Abitur, Studium, Job im Großkonzern. Doch schnell merkte sie, dass starre Strukturen und Fremdbestimmung nicht zu ihr und zu vielen anderen der Generation Y passen. Mit Coachings, Büchern und Vorträgen bereitet die promovierte Gesundheitspsychologin Unternehmen auf eine dynamische und hochvernetzte Generation vor.
Kritik an der Generation Y ist in den letzten Jahren sehr populär geworden. Du aber gehst einen Schritt weiter und suchst den Dialog. Warum?
Weil ich eine Kluft zwischen dem Mindset der jungen Generation und den Glaubenssätzen vieler Unternehmen wahrgenommen habe. Mir ist es wichtig, die Gedanken der Generation Y mitzuteilen. Oft habe ich dabei festgestellt, dass Diskussionen zu diesem Thema in die falsche Richtung gehen. Anstatt unser Mindset als Chance zu erkennen, wird die Gen Y häufig als respektlos und frech bezeichnet. Es ist wichtig, dieser unfairen Haltung mit Aufklärung entgegen zu wirken.
Was würdest du an unserem aktuellen Bildungssystem (Schule, Studium, etc.) ändern?
Unsere Bildungssysteme müssen an die aktuelle Komplexität der Arbeitswelt angepasst werden. Wir brauchen Lehrer, die weniger bürokratisch sind und die Welt da draußen kennen. Schüler und Studenten müssen lernen, sich selbst zu organisieren, sowie kritisch und unabhängig zu denken. Bildungseinrichtungen dürfen nicht mehr nur auf reine Wissensvermittlung ausgelegt sein. Denn das kann sich heute jeder selbst aus dem Netz zusammensuchen.
Und es entscheiden ja nicht Noten darüber, wie ich meine Leistung umsetze, sondern wie gut ich mich in Themen einarbeiten kann – das ist doch relevant. Denkbar wären zum Beispiel neue Unterrichtseinheiten, um sowohl analog, als auch digital studieren zu können und basierend auf eigenen Interessen.
Müssen nur die Unternehmen sich an die Ansprüche der Generation Y anpassen oder sollten auch die jungen Leute ihre Erwartungen überdenken?
Nach wie vor herrscht in vielen Unternehmen das mehrstufige Top-Down-Prinzip: Vorgesetzte denken vor und entscheiden, Mitarbeiter haben auszuführen. Warum sollen wir uns von der Arbeitswelt bevormunden lassen und in dasselbe Hamsterrad wie unsere Eltern treten? Schließlich haben wir gesehen, dass dieser Weg nicht glücklich macht. Was wir einfordern, trägt ja auch dazu bei, Unternehmen erfolgreicher und die Mitarbeiter insgesamt glücklicher zu machen.
Auf der anderen Seite ist es wichtig, als junger Mensch offen für das Erfahrungswissen älterer Mitarbeiter zu sein und alte Denk– und Handlungsansätze zu respektieren.
Was gefällt dir an der Generation Y und was nicht?
Wir beherrschen das Digitale perfekt. Wir können uns enorm schnell vernetzen und flexibel sein, weil wir mit drei wichtigen Entwicklungen groß geworden sind: Globalisierung, wachsende Komplexität und der Umgang mit Technologie. Zwar hat die Generation vor uns das Internet erfunden, aber wir wissen damit umzugehen.
Probleme sehe ich bei den Jüngsten unserer Generation, die die Uni mit Anfang 20 verlassen und in ihrer Persönlichkeit überhaupt nicht ausgereift sind, weil sie im Bachelor bzw. Master nur auf gute Noten geschaut haben. Denen fehlen oft die Kreativität und die Inspirationsfreude, weil sie jahrelang darauf getrimmt wurden, auswendig zu lernen. Es ist eben wichtig, auch schon als Student Wirtschaftsluft zu schnuppern und eigene Ideen zu entwickeln.
Was zeichnet dich als Expertin auf dem Gebiet aus?
Ich selbst betrachte mich ja nicht als Expertin, sondern als Sprachrohr. Ich habe mich sehr intensiv und aus mehreren Perspektiven mit dieser Thematik auseinander gesetzt und bin in meinem eigenen Leben an Grenzen gestoßen, die ich nicht einfach hinnehmen wollte.
Wenn es um die Gen Y geht, dann sind meist die Akademiker im Fokus. Haben Menschen mit Ausbildungsberufen dieselben Chancen auf Selbstverwirklichung wie Studierte?
Nach wie vor gilt ja das Prinzip Change it, love it, or leave it. Niemand muss in einem Job bleiben, der ihm nicht gefällt. Natürlich muss ich mir in diesem Zusammenhang dann die Frage stellen: Welche weiteren Kompetenzen habe ich noch? Auch hier kommt uns die Digitalisierung zugute, weil sie alte Strukturen aufbricht.
Wir brauchen junge Leute, die auf allen Ebenen innovativ denken – sowohl im Handwerk, als auch in der Unternehmensführung. Oft ist es ja so, dass wir an zwei, drei verschiedenen Projekten dran sind und die Erfahrungen, die wir dabei sammeln, Unternehmen einen Mehrwert liefern. Zum Beispiel könnte eine Verkäuferin in der Backstube ein cooles Online-Marketing aufziehen oder der Handwerker einen Online-Verkaufsshop für die aus Holz gebauten Kinderspielplätze.
Einige Unternehmen stellen einen Feel-Good-Manager ein, um die schlechte Stimmung zu heben. Was hältst du davon?
Bevor ich als Unternehmen damit anfange, einen Feel Good Manager einzustellen, muss ich erst einmal meine eigenen Hausaufgaben machen. Nur einen Feel Good Manager zu beschäftigen, in der Hoffnung, dass dadurch das Klima besser wird, ist der falsche Weg. Es reicht eben nicht, ein paar Obstkörbe hinzustellen oder eine Party zu organisieren.
Die Mitarbeiter müssen sich ernst genommen fühlen, eine intrinsische Motivation entwickeln. Daher sollten Unternehmen sich fragen: „Was sind unsere Schmerzpunkte und wo müssen wir den Mitarbeitern entgegen kommen?“ Hierzu besteht die Möglichkeit, einen Feel Good Manager einzustellen – dann muss dieser aber an relevanten Entscheidungsprozessen beteiligt werden.
In ihrem Blog schreibt Dr. Steffi Burkhart über die Generation Y, Personalentwicklung und Karrierewege. Darüber hinaus arbeitet sie im Think Tank GEDANKENtanken in den Bereichen Akademie, Training und Konzeption.
Mehr zum Thema “Generation Y” finden Sie in meinem Artikel bei der Huffingtonpost.