Wir lieben Fußball! Wie mich Jogi Löw und die deutsche Nationalmannschaft beeindruckt haben

Erstellt am 16. August 2010 von Lacommunica

English readers click here.









Von Gaby FeileDie Fußballweltmeisterschaft in Südafrika ist vorbei. Spanien ist zum ersten Mal und wirklich verdient Weltmeister und hat das Land, wo „La Crisis“ bisher das Haupt-Gesprächsthema war, in Ekstase versetzt. Fußballerisch haben sie neue Qualitätsmaßstäbe gesetzt, auch wenn ich mir ein paar mehr Tore von ihnen gewünscht hätte. Diese hat Deutschland dafür geschossen!Ich selbst habe nur die letzte Woche der WM in Deutschland erlebt (die anderen drei Wochen war ich in Spanien), war aber völlig infiziert von der schönen Stimmung im Land. 82 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, können sich nicht irren: die deutsche Nationalmannschaft repräsentierte das Land mit wunderschönem Fußball, einer tollen Teamleistung und einer multi-kulturellen Mannschaft. Die Farben schwarz-rot-gold dominierten, und Radiosender spielten Fußball-Lieder auf und ab. Jede Gelegenheit und technische Möglichkeit wurde genutzt, die Spiele der deutschen Mannschaft zu sehen, auch während der Arbeitszeiten. Und wie schon beim „Sommer-Märchen 2006“ gab es auch in diesem Jahr „Kaiser-Wetter“.Noch viel mehr als bei der WM auf deutschem Boden, hat mich dieses Mal das Wir-Gefühl der deutschen Mannschaft, aber auch der deutschen Bevölkerung, sehr inspiriert. Jung und Alt, Männer und Frauen, deutsche Ur-Gesteine und ihre internationalen Nachbarn - sie alle waren und sind stolz auf ihr Land und hatten ein gemeinsames Thema: Deutschland spielt endlich wieder guten Fußball! Und sie sind, nach Zahlen, die drittbeste Mannschaft der Welt! Nach Gefühl sind sie „Weltmeister der Herzen“.Wie hat es Jogi Löw geschafft, dass der Funke auf seine Mannschaft überspringt? Wie hat das Team seinen großen deutschen Fanclub so entzündet? Wie schafft man es, dass einen sogar Brasilien, Italien und England anfeuern?So sehen meine persönlichen Beobachtungen aus, die sich sehr gut auf andere Lebensbereiche übertragen lassen:Die Vision:Jogi Löw spricht oft von seiner Vision. Er hat eine genaue Vorstellung, wie die Mannschaft Fußball spielen soll. Auf diese Vision stellt er alle seine Entscheidungen ab. Jeder im Team kennt, lebt und erlebt diese Vision.Das Ziel:Ein erreichbares Ziel ist wichtig. Alle im Team kennen dieses Ziel und wollen es gemeinsam erreichen. Sie können dieses Ziel erklären und nach außen tragen, sowie ihren Beitrag dazu leisten. Ist das Ziel erreicht (für die Nationalelf war es das Halbfinale), kann man die Latte höher legen. Auch wenn man damit rechnen muss, dass dies ungleich schwerer ist. Und wenn das neue Ziel nicht erreicht wird, schaut man trotzdem nach vorne und gibt nochmals alles, um einen guten letzten Eindruck zu hinterlassen. Das hat die deutsche Mannschaft mit dem Spiel um Platz 3 getan.Das Team:Der Bundestrainer und alle Spieler haben wohl am häufigsten vom Team, der Mannschaft oder der Truppe gesprochen. Findige Journalisten, die in den Pressekonferenzen gerne Aussagen von und zu Einzelspielern hören wollten, mussten sich am Ende stets mit Lobeshymnen über die Kollektivleistung zufrieden geben.Die Spieler spielen füreinander, nicht nur miteinander. Jeder Einzelne erfüllt seine Aufgabe, und alle sind wichtig. Auch die Ersatzspieler und das Team hinter dem Team. Es gibt keine Häuptlinge und auch eine kleine Kapitänsbinde macht keinen großen Unterschied.Die Auswahl des Teams erfolgt nach Talenten und Persönlichkeit, nicht ausschließlich nach kurzfristigen Ergebnissen. Charakter und die Fähigkeit, die Vision mitzutragen, zählen mindestens genauso viel. Die Persönlichkeiten:Nicht nur wurde Jogi Löw zum am besten gekleideten Trainer der WM gekürt, er wird immer wieder als akribischer Arbeiter und sehr talentierter Fußball-Lehrer beschrieben. Hinzu kommen seine Bescheidenheit und seine verbindliche Art, mit anderen Menschen umzugehen. Er vertraut ihnen und sie vertrauen ihm. Sein Team um ihn herum ergänzt ihn und liefert Qualitäten, die ihm selbst vielleicht fehlen.Auch die Spieler der neuen Generation sind tolle „Charaktere“ mit Kampfeswillen, was selbst der Bundespräsident so ausgedrückt hat.Unterschiede können Erfolgschancen vervielfachen, sie ergänzen sich überproportional. Hautfarben, Geburtsorte und fremd klingende Namen sind dabei nicht gemeint.Die Werte:Respekt, Höflichkeit und Anstand prägen Leben und Laufbahn von Jogi Löw - und seine Zusammenarbeit mit der Nationalelf. Den Spielern werden emotionale Intelligenz und Kommunikationsfähigkeit attestiert. Böse Zungen gab es, wohl erstmalig bei so einem Turnier, nicht.Die Führungsqualität:Als Leader übernimmt Jogi die Verantwortung für die Entscheidungen, bezieht aber andere für die Lösungsfindung mit ein und schätzt deren Ideen und Vorschläge. Auch hier zählt das Team mehr als der Einzelne.Die Entscheidungen:Lass die Leute reden! Externe Kommentare von Presse oder so genannten Experten beeinflussen Entscheidungen des Bundestrainers nicht. Sofern sie zur Verwirklichung der Vision und zum Erreichen des Zieles beitragen, sind Entscheidungen richtig.Die Herausforderungen:Vermeintliche Rückschläge, negative Nachrichten (wie der Ausfall des langjährigen Kapitäns) und Niederlagen werden angemessen bedauert und gemeinsam verarbeitet. Man sieht sie als Herausforderung, und sie werden oft zu großen Chancen. Verdienten Siegern darf man gerne gratulieren, statt sich über gemachte Fehler tot zu diskutieren. Denn so kommt der nächste Sieg bestimmt.Der Fokus:„Fokussieren“ war neben „wir“ das am häufigsten benutzte Wort im deutschen Team. Und die Konzentration auf das jeweils nächste Spiel hat sich gelohnt. Der Bundestrainer hat sogar alle Gedanken an seine Zeit nach der WM von sich geschoben, um seinen Job ordentlich zu machen. Die Idole:Orientierung an den Besten ist wesentlich effektiver als sich mit denen zu messen, die scheitern. Das spanische System und deren Art, Fußball zu spielen, als Maßstab zu nehmen, funktioniert. Auch wenn man dann von genau diesem System geschlagen wird.Und von Spanien kann man lernen: Geduld ist wichtig, und wenn man an sein System glaubt, sollte man es auch weiter tragen. Die Siege kommen irgendwann, und sind umso schöner - und verdient.Wie haben andere Mannschaften während der WM imponiert? Welche Eindrücke haben sie hinterlassen? Was macht die Spanier aus, was die Holländer? Wie kam Uruguay so weit und weshalb waren Frankreich und Italien schon nach der Vorrunde wieder zu Hause?Schreiben Sie hier Ihre Kommentare, Vorschläge und Tipps. Ich freue mich über alle. Vielen Dank!