Wir leben nicht, um uns tot zu schuften!

Von Wernerbremen

Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute Abend eine Geschichte von Paul Schubart erzählen:

„Die gebratene Ameise“
„Bei den fleißigen Ameisen herrschte einst eine sonderbare Sitte:
Die Ameise, die in acht Tagen am meisten gearbeitet hatte, wurde um neunten Tag feierlich gebraten und von den anderen Ameisen ihres Stammes gemeinschaftlich verspeist.

Die Ameisen glaubten, dass durch diese Gericht der Arbeitsgeist der fleißigsten Ameise auf die Essenden übergehe.
Und es war für eine Ameise eine ganz außerordentliche Ehre und Auszeichnung, feierlich am neunten Tage gebraten und verspeist zu werden.
Aber eines Tages kam es einmal vor, dass eine der fleißigsten Ameisen, kurz bevor sie gebraten wurde, unplanmäßig noch die folgende kleine Rede hielt:
„Meine lieben Brüder und Schwestern! Es ist mir ja ungemein angenehm, dass Ihr mich so ehren wollt. Ich muss Euch aber gestehen, dass es mir noch angenehmer sein würde, wenn ich nicht die Fleißigste gewesen wäre. Man lebt doch schließlich nicht bloß, um sich tot zu schuften!“

„Wozu denn?“, schrien die Ameisen ihres Stammes – und sie schmissen die große Rednerin schnell in die Bratpfanne – sonst hätte dieses dumme Tier noch mehr geredet.“


Ihr Lieben,

Fleiß und Eifer sind zwei wundervolle Eigenschaften. Ein fleißiger Mensch bringt es zu etwas, das betont der Volksmund. Fleißige und eifrige Menschen werden in unserer Gesellschaft geachtet und geschätzt.

Dabei vergessen viele Menschen, dass der Fleiß und auch der Eifer eine Grenze haben.
In meiner Kindheit als ESELSKIND hatte ich das große Glück, einmal dem Bundespräsidenten Theodor Heuss begegnen zu dürfen und einem Gespräch zwischen dem Bundespräsidenten und meinem Stiefvater lauschen zu dürfen.


In diesem Gespräch erzählte mein Stiefvater davon, dass er gerade dabei sei, für sich und seine Familie ein Haus zu bauen. Daraufhin sagte der Bundespräsident zu meinem Stiefvater:
Bei uns in Schwaben gibt es ein Sprichwort, das lautet: „Schaffe, schaffe Häusle baue!“, leider vergessen die meisten Menschen, dass das Sprichwort noch weitergeht. Es lautet vollständig: „Schaffe, schaffe Häusle baue, verrecke!“ Machen Sie es nicht wie die Menschen bei uns in Schwaben!“, gab er meinem Stiefvater einen gutgemeinten Rat.

Mein Stiefvater hat leider nicht auf ihn gehört.
Nur zwei Jahre nach dem Hausbau starb er.

Ein Haus zu bauen ist etwas Wunderbares, dagegen ist nichts einzuwenden.
Wir sollten aber immer darauf achten, die Grenze bei unserem Eifer und unserem Fleiß einzuhalten.
Wie sagte die Ameise so schön: „Man lebt doch schließlich nicht bloß, um sich tot zu schuften!“
Wir leben nicht, um zu arbeiten, sondern wir arbeiten fleißig und eifrig, um zu leben.
Das sollten wir niemals außer Acht lassen.

Es sollte in unserem täglichen Leben Stunden des Fleißes geben,

aber auch Stunden der Ruhe.
Ein immer begeistert Tätiger endet im Burnout, in der Depression,
im Stress oder mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus.

Mein Großvater, der Bauer war, hatte eine wundervolle Tageseinteilung, die er sieben Tage die Woche praktizierte und mit der er bei voller Gesundheit im Kreise seiner zahlreichen Kinder und Enkelkinder 93 Jahre alt wurde.
Er sagte einmal zu mir:
Ein Tag hat vierundzwanzig Stunden. Ich möchte ausgewogen leben.
Von den vierundzwanzig Stunden gehören jeden Tag acht Stunden meiner Arbeit.
Und solange ich gesund bin, werde ich voller Tatkraft und mit ganz großem Fleiß jeden Tag hart arbeiten.
Von den vierundzwanzig Stunden gehören jeden Tag acht Stunden meiner Familie.
Das Leben ist relativ kurz und ich möchte mein Leben mit meiner Frau, meinen Kindern und Enkelkindern genießen, für sie da sein und wirklich Zeit für sie haben.

Von den vierundzwanzig Stunden gehören jeden Tag acht Stunden meinem Schlaf, denn ich brauche Zeit, in der ich entspannen kann, ausruhen kann und neue Kräfte sammeln kann.“

Wenn die Menschen die Tageseinteilung meines Großvaters beherzigen würden, dann gäbe es – davon bin ich zutiefst überzeugt – weniger Herzinfarkte, weniger Stress und viel mehr Menschen, die entspannt lächeln.

Ich wünsche Euch einen entspannten Abend im Kreise Eurer Lieben und grüße Euch herzlich aus Bremen

Euer fröhlicher Werner 

Quelle: Karin Heringshausen