Wir kommen

Ronja von Rönne hat ein Buch geschrieben. Zunächst müssen wir aber über die Person Ronja von Rönne sprechen. Das ‚von‘ in ihrem Namen ist wichtig. Nicht semantisch, aber prosodisch. Denn ansonsten klingt ihr Name wie Rennschwein Rudi Rüssel. Außerdem hat sie mal etwas über den Feminismus geschrieben, was viele nicht so toll fanden. Aber es schenkte ihr Aufmerksamkeit. Und weil sie zufällig auch Kreatives Schreiben studiert hat, war es nur naheliegend ihr einen Buchvertrag anzubieten. Es ist dieses Julia Engelmann-Phänomen: Es gibt hunderte Poetry-Slammer wie Engelmann, aber sie hatte die mediale Wirkungskraft. Und so kam es auch für die Welt-Redakteurin von Rönne zum Debütroman.

Wir kommen (2016)

Das Schlimmste auf der Welt ist der kaputte Laptop. Das Schlimmste auf der Welt ist, dass der kaputte Laptop das Schlimmste auf der Welt ist. So sieht es aus im Leben von Nora. Das Mädchen, dass sich in einer polyamourösen Beziehung befindet und sich Geld mit Auftritten in Reallife-Doku-Formaten verdient, leidet an Panikattacken und den nachgesagten Problemen ihrer Generation. Zu viele Möglichkeiten, aber keine Lust eine Entscheidung zu treffen. Oder einfach nur zu ängstlich für eine Entscheidung? Deshalb auch dieses komplizierte Beziehungsgeflecht. In einer Vierer-Beziehung verteilt sich automatisch auch die Verantwortung auf vier Personen. Eine Lösung ist es trotzdem nicht und deshalb fliehen sie in das Haus am Meer. Doch wer verspricht, dass es dort besser wird?

Dabei hätte Nora es besser wissen können. Denn damals mit Maja war es doch nicht anders gewesen. Damals auf dem Dorf gab es noch nicht die vielen Möglichkeiten, vor denen sie fliehen konnte und die so banal scheinen, dass sich Hauptfigur und Leser gemeinsam langweilen. Damals auf den Dorf gab es nur diese eine Möglichkeit um endlich Bewegung ins Leben zu bringen: Maja. Maja übernahm die Verantwortung für Noras Leben. Sie hielten sich für unbesiegbar und trieben es immer weiter. Und dann geschah dieses schreckliche Unglück. Hat Nora wegen dieser vergangenen Ereignisse ihre Panikattacken? Oder ist es nur dieser Mischmasch aus allem und ihre Unfähigkeit klare Linien sehen zu können? Klarheit… Auch diese Unzufriedenheit ob der mangelnden Struktur teilt die Hauptfigur mit ihren Lesern.

Ronja von Rönne schreibt über zahlreiche Belanglosigkeiten, die den Roman teilweise etwas schleppend machen. Doch es gibt Anknüpfungspunkte, die wach halten. Auch kann man ihren Figuren einen interessanten Tiefsinn nicht aberkennen – in wenigen Momenten. Die Autorin hat eine gute Beobachtungsgabe und weiß dieses Talent mit überraschenden Wortwitz schriftlich umzusetzen. Dennoch gibt es Mängel in ihrem Schreibstil. Der Leser muss das schon mögen, dieses „er sagt… sie sagt“. Und die gebrochene Chronologie rettet die Geschichte zwar davor total unterzugehen, macht sie inhaltlich jedoch auch nicht spannender.

Gerade der Beginn des Romans fühlt sich wie ein sprunghafter Gedankenstrom an, der aus allen Ecken des Denkens etwas hervorholt. Authentisch für die Figur, anstrengend für den Leser. Manchmal täte ein rettender roter Faden doch gut. Irgendwann pendelt sich die Geschichte jedoch ein, die Autorin hat sich spürbar warm geschrieben und fängt langsam an sich selbst wohl zu fühlen, auch wenn sich ihre Figuren immer unwohler fühlen. Das Finale mag Geschmackssache sein, doch wer schon einmal ähnliche Gedanken hatte, fühlt sich auf den letzten Seiten abgeholt und darf das Buch befriedigter schließen als erwartet.

Bewertung: 6 Rubine von 10

Mehr zu Buch und Autorin:

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Wir kommen im Aufbau Verlag

Wir kommen

Autorin: Ronja von Rönne

Verlag: Aufbau Verlag

Genre: Gegenwartsroman

ISBN: 978-3-351-03632-4

Umfang: 208 Seiten



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