Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute eine Geschichte von Jeffry Pereira erzählen, der aus Bangladesch, einem der ärmsten Länder der Welt stammt:
„Mein Bub fand einen kleinen Hund“
„Mein viereinhalbjähriger Bub hatte auf dem Heimweg vom Kindergarten einen kleinen, jungen herrenlosen Hund gefunden. Er war einigermaßen gesund und besser als alles, was mein Sohn bisher gefunden hatte. Er betete ihn an und umsorgte ihn und war kaum von ihm zu trennen.
Meine Frau und ich, wir diskutierten lange, was wir tun sollten.
Können wir ihn behalten?
Der kleine Hund wäre ein guter Begleiter für unseren Sohn und zudem später vielleicht einmal ein guter Wachhund für die Familie. Haben wir aber das Recht, Haustiere zu halten in einem hungernden Land und von so viel Entbehrung gezeichneten Land?
Sogar die Hühner müssen ihr Futter selbst zusammenkratzen. Wir können es uns leider nicht leisten, Reis- oder Weizenkörner zur Fütterung des Viehs zu verschwenden. Es muss sein Futter an den Straßenrändern suchen und sich von trockenem Reisstroh ernähren. Selbst die Reishülsen sind für das Vieh zu wertvoll.
Den kleinen Hund behalten, hieße, Essen von unserem Tisch und Küchenabfälle für ihn abgeben, statt sie den kommenden und gehenden Bettlern an unserer Haustür zu überlassen.
Sogar das Wasser, in dem der Reis gekocht wird, ist bei den Hungernden sehr begehrt.
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Die Entscheidung ist daher einfach, aber schlimm für den Buben.
Sobald er im Bett liegt, muss der Hund verschwinden.
Ich muss wählen zwischen Menschen und Tier,
und es gibt für mich nur eine Entscheidung.“
Ihr Lieben,
als ich diese Geschichte zum ersten Mal las und die Stelle las, an der es heißt, dass sogar das Wasser, in dem der Reis gekocht wird, bei den Hungernden sehr begehrt ist, da wurde ich sehr still und nachdenklich.
Wie ich ja schon oft erzählt habe, habe ich einen kleinen wunderschönen Rosengarten, der sich rings um das Haus erstreckt, in dem ich meine Wohnung habe.
Jedes Jahr versorge ich an trockenen Tagen meine Blumen liebevoll mit Wasser.
Ich habe extra eine eigene Wasseruhr für den Gartenanschluss, damit die anderen Mieter das Wasser, das ich zum Gießen meiner Blumen verwende, nicht mit bezahlen müssen.
Welch ein Luxus, welch eine riesige Verschwendung, wenn man bedankt, dass in anderen Teilen der Welt heimatlose, bitterarme Menschen sich selbst nach dem Wasser drängen, in dem Reis gekocht wurde!
Wir hier im „goldenen“ Westen aber schreien und beschweren uns, wenn aufgrund eines Wasserrohrbruchs auch nur einen Tag die Wasserzufuhr ausfällt!
Wenn ich abends, von meiner täglichen Arbeit sehr müde, noch etwas Fernsehen schaue, so fällt mir in politischen Sendungen und Talkshows immer wieder auf, die leichtfertig aus dem bequemen Sessel des westlichen Menschen über Menschen in anderen Teilen der Welt geurteilt wird, wie leichtfertig manche westliche Menschen meinen, Menschen in anderen Teilen der Welt vorschreiben zu dürfen, wie sie zu leben haben!
Aus unserer deutschen, im Verhältnis zu Bangladesch reichen Sicht ist es einfach zu sagen, wir behalten den Hund, wenn unser Kind oder Enkelkind einen herrenlosen kleinen Hund anschleppt, aber aus Sicht vieler Menschen in Bangladesch würde eine solche Entscheidung bedeuten, einen Menschen sterben lassen zu müssen, um einen Hund ernähren zu können.
Dass diese Menschen dort Hühner halten, das tun sie ja auch nur, weil diese selbst nach Futter suchen und sie auf die Eier hoffen und später die Hühner essen können.
Ich verneige mich in Demut vor solchen Menschen in Bangladesch
und ich weiß, ich habe nicht das Recht, sie zu kritisieren.
Generell bin ich in den letzten Jahren sehr vorsichtig geworden, einen anderen Menschen zu kritisieren oder über einen anderen Menschen zu urteilen, denn solange ich nicht seine Kleider getragen habe, in seinen Schuhen gegangen bin und mir seine Sorgen aufgeladen und seine Schwierigkeiten bewältigt habe, habe ich kein Recht, über ihn ein Urteil zu fällen.
Da ich selber nicht fehlerfrei bin, habe ich auch nicht das Recht,
die angeblichen Fehler eines anderen Menschen zu kritisieren.
Ich habe mir das Urteilen und Kritisieren auch deshalb abgewöhnt, weil das schon andere Menschen übernehmen. Kritiker wird es immer genug geben, an denen wird niemals Mangel herrschen.
Deshalb lobe und ermutige ich lieber andere Menschen,
denn Ermutiger gibt es viel zu wenige auf dieser Welt.Ermutiger sind starke Bäume, an die sich Menschen, die noch unsicher sind, anlehnen können und die ihnen Mut machen, den eigenen Weg zu finden und tapfer zu gehen.
Ich wünsche Euch einen rundum glücklichen Abend, eine gute erholsame Nacht und morgen einen heiteren und vor allem zuversichtlichen neuen Tag
Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen