Die gepflegten Neurosen der Mademoiselle Claire
Sophie Bassignac
btb, 2014
978-3442742097
8,99 €
… wir haben viele Neurosen! Claire ist Pariserin und zieht um. Sie nennt es liebevoll Aquarium, denn wenn irgendwo das Licht angeht, kann sie sehen, was dort passiert! Ob ihren Nachbarn, das recht ist? Außerdem freundet sie sich mit Monsieur Ishida an und der benimmt sich viel komischer als Claire. Da stimmt doch etwas nicht!
Claire wirkt auf den ersten Blick ziemlich normal. Aber, warte ab! Sie macht therapeutischen Sex mit ihrem Osteopath, redet komisch mit ihrem Chef und denkt sich Krankheiten aus. Ach ja, sie hat noch vor allem Angst und wohnt in einer voll gestopften Wohnung. Freunde? Eher nicht, außer der eine Nachbar, aber damit wird der Leser viel zu tun bekommen. Sie ist nicht nur exzentrisch oder in Maßen nervig: Sie ist nervig. Und zwar so sehr, dass ich später auch die Handlung als nervig empfand und sehr unwillig zu Ende gelesen habe.
Monsieur Ishida ist dabei ein ruhiger Zeitgenosse, aber das Wort “Problem” scheint ihm, auf der Stirn geschrieben zu stehen. Er riecht förmlich nach Ärger, jedenfalls für den Leser. Claire ist dagegen, wie es scheint, immun.
Ich liebe Paris und ich mag auch Protagonisten, die Neurosen haben. Ich dachte, dies wäre eine unwiderstehliche Mischung. Paris bleibt hier leider sehr blass, das Lebensgefühl stimmt dafür aber.
Nachbarn ausspionieren kann so einfach sein. Claire soll nicht in die Wohnung ziehen (sagt ihre Mutter), tut es aber und ist glücklich. Warum? Sie ist neugierig und kann diesen Drang richtig gut ausleben, denn hier sieht sie alles. Eine Pistole, Streits, Männer, die ihr Licht anschalten und eine leere Wohnung. Sie hat viel Zeit im Leben, die gute Claire, denn sie liest nur Bücher Korrektur. Sie ist unausgeglichen und schwierig, liebenswert und im Hirn krank ;) Aber vor allem ist sie nervig, und das Buch wird durch sie nicht schmackhafter.
Ihre Gedankengänge sind völlig Sinn frei, sie hüpfen und springen, wie Murmeln auf einem Trampolin. Nichts ist gut genug, aber auch nichts schlecht. Sie lebt einfach so, wer da ihren Weg kreuzt, ist eigentlich egal, die sind eh alle komisch – außer ich.
Auch die Geschichte entwickelt sich recht komisch. Am Anfang steht Claire noch völlig im Fokus, dann verrutscht dieser Mittelpunkt auf den Chinesen. Ist nicht schlimm, denke ich. Aber dann wird es eine wirre Geschichte aus Liebesversuchen und Kriminalroman. Kann das gut gehen?
Kann es nicht, denn um kriminalistisch zu denken, fehlt Claire der Durchblick. Sie stürzt sich einfach Kopf über in Undurchsichtigkeit und merkt eigentlich nichts.
Dieses Buch war eine gute Idee, aber hinterher der völlige Reinfall. Sprachlich nicht schlecht, gedankentechnisch wirr, bin ich froh, dass es vorbei ist.
Das Cover in diesem Rosé mit dem Eiffelturm ist schön. Auch wirkt die Frau darauf exzentrisch, so wie man es in Paris gewöhnt ist. Als Taschenbuch hatte es eine angenehme Dicke, obwohl zwei, drei Seiten mehr auch nicht geschadet hätten.
Ach es wäre so schön gewesen, hätte mir dieses Buch doch nur gefallen. Aber der Funke sprang nicht über. Zu viele Neurose an die ich mich gewöhnen musste, zu viel plötzlicher Krimi. Nein, Mademoiselle wir waren kein gutes Paar.