Der Weltfrauentag, diesen Eindruck lassen die Medien entstehen, wird mittlerweile als Feiertag begriffen. Wenn er auch in der Lebenswirklichkeit der Menschen kaum Beachtung findet, so wissen doch Zeitung und Fernsehen viel darüber zu erzählen. Und es ist ausgerechnet Die Linke, sie sich ansonsten kritisch äußert, die aber stets dann, wenn von Gleichstellung die Rede sein sollte, in dumpfesten Postfeminismus verfällt und dabei den gender mainstream bedient. Gleiche Standards, die sich nicht an primären oder sekundären Geschlechtsmerkmalen orientieren: das ist natürlich gar nicht zu kritisieren. Deshalb jedoch in einen ritualisierten Diskurs, der mit vorbereiteten Floskeln und halbgarer Geschlechterrhetorik hantiert, zu verfallen, das macht nachdenklich. Die Linke ist in diesem Bereich nicht Opposition, sie ist Mainstream.
Die Spaltung vor dem Kapital
Der Weltfrauentag wird mit postfeministischer Rhetorik untermengt. Die Betonung liegt darauf, Frauen als außerordentlich wichtig zu ehren - als ob je etwas anderes behauptet worden wäre von denen, die die das postfeministische Vokabular als "Männerwelt" bezeichnet. Diese wird gerade auch am Weltfrauentag als nebulöse Sekte definiert, als Gesellschaft, die keinen Zugang für Frauen kennt, die den aussperrt, der nicht an denselben Geschlechtsmerkmalen leidet. Den Männern, so wird am globalen Festtag der Frau festgestellt, geht Kreativität und Kompetenz ab, weswegen Frauen umso wichtiger sind - niedlich, wie sich die postfeministische Rhetorik über die Schwäche des Geschlechterfeindes definiert. Was am Weltfrauentag kein Thema ist: das deutsche Familienrecht, das in puncto Gleichstellung nach wie vor rückständig und frauen- bzw. mütterzentriert ist.
Am Weltfrauentag gedenkt man nicht der Emanzipation der Frau. Es wird dankbar aufgeatmet, dass es die Verfestigung der Spaltung klassenkämpferischen Potenzials ist, die man installiert hat. Männlein und Weiblein, vereint im Getrenntsein, im Divide et impera. Jedoch es gibt keinen Kampf der Geschlechter - der wird nur publiziert. Unter "normalen Menschen" findet er nicht statt. Da ist zwar oft Unverständnis; Mann und Frau streiten sich auch - aber das tun gleichgeschlechtliche Beziehungen auch. Die üblichen Geplänkel, die aber nicht als Politikum gesehen werden wollen. Wer aber die Gesellschaft auf Krieg zwischen Mann und Frau reduziert, der lenkt von den wirklichen Kriegsschauplätzen ab.
Der Weltfrauentag wird als eine Art Befreiungstag gefeiert - als Tag, an dem die Männerwelt Demut üben soll für ihre Verbrechen; an dem sie Dankbarkeit ausdrücken soll. Und es ist der Tag, an dem sich Frauen selbst beweihräuchern dürfen. So wie wir ihn in Deutschland kennen, soll der Weltfrauentag zudem sagen: Seht her, weit haben wir es gebracht! Unsere Gesellschaft ermöglicht, dass es allen besser geht, wenn man nur darum kämpft! Und genau hier ist er nichts weiter, als ein Ereignis von satter Staatsgetragenheit. Denn es geht nicht um Männlein und Weiblein - es geht um Kapital und dessen Verfügungsanspruch auf Menschen, Alltag, Kultur und soziale Errungenschaften. Und ob die Lebensumstände sich gebessert haben, das ist keine Frage des Geschlechts, es ist eine des Geldes.
Postfeminismus - auch so eine Säule der kapitalistischen Gesellschaft
Dass die Grünen so unoriginell in Frauen- und Männerbündlerei ticken - kein Wunder, denn von daher stammen sie ja ursprünglich. Dass die taz so ist, der BILD-Aktion, eine Ausgabe nur mit männlicher Arbeitskraft zu gestalten, um zu beweisen, dass es ohne Frauen nicht geht, auch nur Beachtung zu schenken - auch kaum verwunderlich, denn was wäre die taz, Zeitung der bürgerlichen Mitte, ohne ihren Diekmann? Die anderen etablierten Parteien zelebrieren denselben Stuss mit gender-Sprüchen, wie man sie nun seit Jahren kennt und erträgt. Anderes dürfte kaum zu erwarten sein -wer am Weltfrauentag, oder auch sonst, die Benachteiligung von Vätern im Familienrecht thematisiert, dürfte ein Problem mit der Öffentlichkeit bekommen. Die arme, verlassene, alleinerziehende Mutter steht unter Opferschutz - die Wirklichkeit kümmert nicht mehr, wenn man bequeme Stereotype im Kopf hat. Dass Die Linke sich aber dazu hergibt, ausgerechnet Die Linke, die sonst so kritisch sein will, so oppositionell, so andersdenkend, so gerecht und gleich, so brüderlich und freigeistig: das enttäuscht. Auch sie spielt mit im Divide et impera, die diesem Frauen-Männer-Trennungen zugrunde liegen.
Bei aller berechtigter Kritik an den Piraten: Der Umstand, dass sie wenig Frauen in ihren Reihen haben, ist kein Kriterium. Das verstehe man nicht falsch. Nicht, dass nur Männer in die Politik sollen - auf gar keinen Fall. Aber Quotierungen sind unerträglich, weil sie Geschlechtsmerkmale zum wesentlichen Motiv einer Einstellung, Berufung oder Kooption machen. Qualität sollte sich durchsetzen, nicht der Vorzug, bestimmte körperliche Voraussetzungen zu erfüllen. Dass sich die Piraten, eine junge Partei mit jungen Mitgliedern, nicht auf Männer- und Frauenpolitik trimmen, mag vorallem damit zu tun haben, dass sie einer Generation entstammen, der dieses Denken mittlerweile fremd ist. Geschlechterpolitik ist veraltet, ein Relikt aus den Siebzigerjahren, wo sie zweifellos Berechtigung hatte - heute ist sie mainstream geworden; gender mainstream.
Frauen sind besser, witziger, kreativer, führen umsichtiger - Männer können das alles auch, aber nicht, weil sie Qualitäten haben, sondern weil sie verbissener und aggressiver sind und von einer Welt, die auf Männer maßgeschneidert ist, profitieren. Solche Losungen hat der gender mainstream, der durchsetzt ist von genetischen Geschwafel über Mann und Frau, erzeugt. Junge Generationen können damit kaum mehr etwas anfangen - für sie war nie ersichtlich, dass es große Unterschiede bei den Geschlechtern gibt. Es wundert also nicht, dass die Piraten glauben, diesen Aspekt ganz bannen zu können. Zumal die Auswüchse des gender mainstreams die Gesellschaft, wie wir sie heute haben, nicht erschüttert, sondern stützt. Dass beispielsweise Springer-Zeitungen einen solch bissigen postfeministischen Stil pflegen, immerhin Produkte eines kapitalistischen, konservativen, gegenüber Politik und Wirtschaft unkritischen und marktkonformen Unternehmens, unterstreicht doch nur, wie staatstragend der Postfeminismus und seine Köpfe und Köpfinnen, die alle irgendwie wie die Schwarzerin (die ja auch Werbung für Springer machte) klingen, mittlerweile geworden sind.
Von wegen Weltfrauentag - ein Weltunterdrücktentag täte not
Eine ungerechte Welt verändert man nicht dadurch, Menschen, die Opfer und Verfügungsmasse der kapitalistischen Wirklichkeit sind, gegeneinander auszuspielen. Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft und Glauben, wie es im Grundgesetz auch steht, dürfen keine Scheidungskriterien sein. Frauen sind nicht nur Opfer von Männern - Männer sind es auch; Frauen sind auch Opfer von Frauen - und Männer von Frauen. Homo homini lupus - hier ist eine traurige Gleichstellung vollbracht. Männer und Frauen sind gleich: sie können ausgebeutet werden - und sie dürfen ausbeuten.
Gerade Die Linke sollte erkennen, dass Nebensächlichkeiten wie das Geschlecht, nicht dazu führen dürfen, Menschen gegeneinander aufmarschieren zu lassen. Wer das macht, der schwächt sie - der erzeugt ein Klima des Misstrauens, raubt gesellschaftsverändernde Energien und vertuscht, gegen wen es wahrhaftig gilt sich zu wehren. Dass der Diskurs zudem unfair ist, weil Männer ruchbar gemacht werden, zu tumben Machos, über die gespottet werden darf, während sie als Väter so gut wie immer als Elternteil zweiter Klasse ins Hintertreffen geraten im Trennungsfalle, setzt dem ganzen die Krone auf. Wie der Postfeminismus das männliche Geschlecht sieht, läßt sich am Geschlechterdiskurs sehen. Der wird immer öfter im Verbund mit Sexualstraftaten geführt, die Männer begehen und die von einer maskulinen Rechtssprechung angeblich entschuldigt werden. Der Mann ist eben ein potenzieller Verbrecher.
Die Linke sollte am nächsten Weltfrauentag einen Weltunterdrücktentag ausrufen...