Autor: Laurie Halse Anderson Titel: Wintermädchen Englischer Originaltitel: Wintergirls Erscheinungsjahr: 2009 Verlag: Ravensburger Seitenzahl: 352 Meine Meinung:
Erster Satz: Und dann sagt sie es mir, Wörter und Cranberrymuffin krümeln aus ihrem Mund, die Kommas fallen ihr in den Kaffee.
Inhalt:
Lia und Cassie haben gemeinsam beschlossen die dünnsten Mädchen der Schule zu werden, doch nun ist Cassie tot, gestorben an Depressionen und Magersucht. Doch das ist für Lia kein Grund mit dem hungern aufzuhören. Gerissen versucht sie ihre Eltern, ihre Stiefmutter Jennifer, ihre Lehrer und ihre Therapeutin zu täuschen. CaAuch wenn sie möchte, sie kann nicht aufhören, denn Cassie's Geist verfolgt sie unaufhörlich, erinnert sie daran, dass Lia wegen eines Streits nicht ans Telefon gegangen ist, als ihre Freundin sie am allermeisten brauchte.
Das ganze Buch ist erschreckend ehrlich. Lias Gedanken und Handlungen haben mich zutiefst geschockt. Für einen außenstehenden Menschen ist es nicht nachvollziehbar warum sie immer wieder ihre Familie verletzt und alles tut, um zu hungern, obwohl ihr sehr wohl bewusst ist, dass sie etwas Falsches tut und sie durch Cassies Schicksal auch weiß, welche Folgen ihr Verhalten haben kann. Stattdessen redet sie sich ein, nur durch ihre Magersucht ein guter Mensch sein zu können.
Einzig und allein ihre kleine Stiefschwester Emma kann so etwas wie Schuldgefühle und Zuneigung in Lia hervorrufen. Ansonsten hält sie, gerade nach Cassies Tod, alle Menschen auf Abstand und lässt keinen Nähe zu. Stattdessen steckt sie sich immer höhere Ziele und verliert sich in einem Teufelskreis.
"Mit 44,9 Kilo kann ich klarer denken, sehe ich besser aus. [...] Mit 43 Kilo werde ich rein sein. Leicht genug, um erhobenen Hauptes zu gehen, [...] stark genug sein, um alles unter Kontrolle zu haben. [...]
Mit 41 Kilo werde ich schweben."
Aber auch Cassie, die Lia immer wieder in Form eines Geistes erscheint, redet Lia ein, dass sie es ihrer Freundin schuldig ist, nichts zu essen, nachdem sie nicht ans Telefon gegangen ist. Lia hat schreckliche Schuldgefühle. Einerseits ist sie sauer auf Cassie und ihre egoistische Verhaltensweise, doch trotz einer halbjährigen Kontaktpause war sie immerhin Lias allerbeste Freundin.
Lia war mir irgendwie unsympathisch. Ich habe zwar mit ihr gefühlt, doch ihr Verhalten wirkte auf mich oft befremdlich und unverständlich. Ich habe selber keine Erfahrung mit Magersucht und kann deshalb nicht über die Darstellung der Krankheit urteilen, aber auf mich wirkte das Bild, das Laurie Halse Anderson hier konstruiert hat, sehr realistisch. So ist es wohl verständlich, das Nichtbetroffene sich auch nicht mit der Protagonistin identifizieren können.
Die Geschichte braucht sehr lange um in Gang zu kommen. Das Buch hat nicht so viel Handlung und besteht eher aus dem Alltag und den Gedanken Lias. Der Fokus wird hier sehr stark auf die Krankheit gelegt. Ich hätte mir insgesamt ein wenig mehr Handlung und ein weniger abruptes Ende gewünscht.
MeinFazit: Ich kann nur immer wieder sagen, wie sehr ich geschockt von dem Verhalten der 18-jährigen Lia war. Das Buch zeigt die Krankheit Magersucht trotz poetischer Sprache völlig schonungslos und ehrlich. Lias Verhalten zum Essen und ihre Selbstbestrafungen haben mich zwischendurch fassungslos gemacht. Dennoch fehlt mir irgendwie etwas. Ich weiß nicht, ob es an der kaum vorhandenen Handlung oder an Lia selbst liegt, aber so richtig bin ich mit dem Buch nicht warm geworden. Dennoch 4 von 5 Herzen!
♥♥♥♥♥
Buchtrailer: