Ausstellungsbeschreibung
Koenigs fotografische Biographie ist weit gefächert. Er war Mitbegründer der heute legendären „Werkstatt für Fotografie“ in Berlin Kreuzberg, die zwischen 1975 und 1985 zu recht als ein zentraler Ort der zeitgenössischen Fotografie galt. Schon in den 1970er Jahren zählte er zu den Pionieren der künstlerischen Farbfotografie in Deutschland und hat über Jahre immer wieder gemeinsame Reisen mit dem amerikanischen Fotografen William Eggleston unternommen, auf denen Bilder gegenseitiger Anregung entstanden.
Neben Porträts und der sozialen Dokumentation von Wohn- und Lebensräumen hat Koenig immer wieder Kirchenbauten fotografiert. Das begann mit Zeugnissen der nord-ostdeutschen Backsteingotik, die er als Metaphern einer spezifischen Lebensweise verstand und weitete sich alsbald auf süddeutsche Barockbauten aus, an denen Wilmar Koenig seine eigene Dramaturgie des Lichtes entwickelte. Die Auswahl der Fotografien zeigt vor allem Interieurs von Moscheen im Iran, christlichen Kirchen in Georgien, Synagogen und Kirchen in Mitteleuropa.
Wilmar Koenig hat Architektur studiert, ehe er sich der Fotografie zuwandte. Aber er ist kein „Architekturfotograf“ im landläufigen Sinne. Seine Bilder dokumentieren nicht nur die physische Substanz der Bauten, sie zeugen darüber hinaus von einem inneren, tiefen Verständnis für die eigene räumliche wie die metaphysische Qualität sakraler Bauwerke. Insbesondere ist Koenig an den Wirkungen des Lichtes interessiert. In zum Teil langen Belichtungszeiten wird die synästhetische Wirkung von Farbe, Binnenform der Details und der Totale des Raums gleichsam spektral aufgelöst. Die Heiligkeit der Räume erweist sich als eine großartige Inszenierungsleistung der zumeist namenlosen Architekten. Frei von mystischen, gar esoterischen Überhöhungen oder Umdeutungen zeigen Koenigs Bilder der islamischen und christlichen Gotteshäuser die Essenz einer Architektur, die Spiritualität und Funktion zu vereinen wusste, und die einen letzten Widerschein in den architektonischen Inkunabeln der klassischen Moderne fand, ehe sie im Primat von Ideologie und/oder Ökonomie unterging.
Wilmar Koenigs teils großformatige Fotografien sind dabei alles andere als nostalgische Reminiszenzen unwiederholbarer ästhetischer Raffinesse, sie haben einen unabweisbar gegenwärtigen Aspekt. In einer Zeit, in der Religionen wieder als politische Kampfstrategien missbraucht werden, verweisen sie auf die Größe der Demut, des Innehaltens. Man kann auch sagen: auf die Möglichkeit des Friedens.
Text: Matthias Flügge
Quelle: LA Projects
Wann und wo
LA Projects
Kirchgasse 239
84028 Landshut
24. Februar bis 5. April 2012