Vor wenigen Wochen wurde in Deutschland ein Gesetz verabschiedet: das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Im Lichte dieser Entwicklung und vor dem Hintergrund der rechtlichen Unsicherheit, die von dem Gesetz ausgeht, haben wir ein neues Bestätigungssystem eingeführt. Mit diesem bieten wir deutschen Verlagen eine weitere Möglichkeit, uns mitzuteilen, ob ihre Inhalte (weiterhin) bei Google News angezeigt werden sollen. Diese neue Bestätigungserklärung ist eine Ergänzung der vorhandenen technischen Möglichkeiten für Verlage, selbst zu bestimmen, ob ihre Inhalte in unseren Diensten angezeigt werden sollen – oder nicht.
In diesen Zeilen steckt Googles eulenspiegelgleiche Antwort auf das Leistungsschutzrecht (LSR), das ab dem 1. August in Deutschland Gesetzeskraft erlangt. (Wer noch immer nicht weiß, worum es beim LSR geht mag in der Wikipedia nachlesen.) Mit einfachen Worten: Die Zeitungsverlage wollen dafür Geld haben, dass Google-News auf deren Artikel verlinkt. Das lehnt – verständlicherweise – Google ab. – Welcher Taxifahrer bezahlt schon einen Clubbetreiber, dem er Gäste bringt?
Nun hat Google den Verlagen ein Eigentor geschossen. Ganz einfach, indem Google nun von den Verlagen verlangt, ihr Einverständnis zur Listung in den Google News zu geben. Damit wurde der Spieß umgedreht.
Die Verlage dürfen sich also aussuchen, ob sie ihre Angebote weiter bei Google News präsentieren und so jede Menge Publikum erreichen wollen – oder ob sie auf Google News verzichten.
Cashy
Nun wird sich zeigen, ob das Haus Springer und andere tatsächlich darauf verzichten werden, ihre Meldungen in den Google-News zu sehen – und damit Klicks und Leser zu verlieren. Wenn sich die im Moment 290 Seiten, die das LSR-PlugIn listet an ihre eigenen Vorgaben halten werden, dürften sie Google nicht die Genehmigung einräumen. Was ich aber nicht annehme.
Mit diesem Dreh hat Google etwas getan, wovon Thomas Stadler sagt:
Das ist im Grunde genau das Ergebnis, das die Verlage nicht erreichen wollten. Die Verlage haben jetzt nämlich nur die Wahl draußen zu bleiben oder per ausdrücklicher Erklärung ihre Inhalte kostenlos für Google News freizugeben.
Es wird sich nämlich jetzt zeigen, ob die Verlage es ernst meinten mit ihrem “Schutz des geistigen Eigentums” oder ob es ihnen einzig um das Generieren neuer Einnahmen geht.
Die FAZ nennt Googles Schachzug “klug” bzw. sogar “clever” und zum Beispiel Spiegel-Online kündigt an, zu prüfen, ob man weiterhin gelistet sein möchte. Wobei das dann so klingt:
Die SPIEGEL-ONLINE-Chefredaktion erklärt dazu: Google und Google News sind für viele Leser hilfreiche Instrumente, um zu Artikeln, Fotos und Videos auf SPIEGEL ONLINE zu gelangen. Deshalb wollen wir auch in Zukunft dort gelistet werden.
Bisher habe ich fast nur sachliche – und kaum boshaft-hämische Kommentare zu Googles Schachzug gelesen. Einer der besten Kommentare ist der von den mobile-geeks. Vor allem auch, weil der Artikel – bei aller Freude über diesen klugen Schritt von Google – darauf hinweist, dass darin euch eine Gefahr besteht:
Bevor jetzt alle in Jubel darüber ausbrechen, dass Google hier Maßnahmen gegen ein sinnloses und schädeliches Gesetz ergreift, sollten wir nicht vergessen, was das bedeutet: Ein einziges Unternehmen besitzt offenbar eine solche Marktmacht, dass es praktisch eine ganze Branche dazu zwingen kann, auf gesetzlich zustehende Rechte zu verzichten.
Ganz teile ich diesen Einwand nicht – zumal das Gesetz nicht umsonst auch “Lex Google” benannt wurde. Und: ja, der Suchmaschinenriese (der inzwischen viel mehr als nur eine Suchmaschine ist), ist eine Macht am Markt. Doch das sind auch andere IT-Unternehmen.
Was der Fall Zeitungsverlage ./. Google zeigt ist vor allem, dass viele Menschen – und dazu gehören vorrangig auch die Politiker, die dieses unsägliche Gesetz gegen alle Bedenken und Argumente durchgepeitscht haben, wenig bis nicht verstanden haben, wie das Netz funktioniert.
Willkommen in #Neuland!