Willbergs Zensur: Die Moralpolizei marschiert ins Kinderzimmer ein

Als Autor möchte man es sich ja nicht unbedingt mit den Verlagen verderben, doch das Stück, das Verleger Klaus Willberg vom Stuttgarter Thienemann-Verlag gerade aufführt, verdient einfach den „Klodeckel des Tages“. Man fragt sich besorgt, in welche Abgründe uns die alles ertränkende politische Korrektheit wohl noch führen wird. Die Welle, die von Amerika vor zwei Jahrzehnten zunächst fast unbemerkt, dann aber immer heftiger zu uns nach Deutschland herüberschwappte, verschlimmbessert allzu oft, was gar keiner Korrektur bedurfte. Willberg ist wild entschlossen, die in seinem Verlag erschienenen Kinderbücher einer sprachlichen Säuberung zu unterziehen. „Nur so bleiben sie zeitlos“, so der Verleger. Gemeint ist wohl: „Nur so erziehen wir die Kinder so, wie ich es will!“ Nichts soll die zarten Seelen der jungen Leser in Mitleidenschaft ziehen, die nach Willbergs Überzeugung durch die Lektüre politisch unkorrekter Bücher dauerhaft Schaden nehmen könnten. Nicht auszudenken, wenn er und sein Verlag am Ende gar Schuld wären am Heranwachsen einer ganzen Generation von Rassisten, weil in einem der angebotenen Bücher von „Negerlein“ die Rede ist. Das muss verhindert werden, und zwar mit der üblichen deutschen Gründlichkeit, die im Schwabenland seit jeher ihre eifrigsten Verfechter findet. Da kennen die Erfinder der Kehrwoche kein Pardon! Und gekehrt wird auch bei Willberg mit Feuereifer. Er setzt sich an die Spitze einer Armee von Umerziehern, die in Deutschland seit Jahren unerbittlich alle Lebensbereiche durchkämmen. Nur sie wissen, was gut ist für die Menschen und daher darf auch nur ihre Ideologie am Ende überleben. Sachargumente haben da keinen Platz, man fühlt sich irgendwie unangenehm an Sekten erinnert. Nun ist Willberg nicht der erste Verleger, der Bücher zensiert, doch ist der aktuelle Vorgang so spektakulär, weil er einen der populärsten deutschen Kinderbuchautoren betrifft: Ottfried Preußler konnte sich lange dem Ansinnen widersetzen, ist aber mit 89 Jahren nicht mehr in der Lage, dem Einmarsch der Besserwisser standzuhalten. So muss er zusehen, wie seine Klassiker „Die kleine Hexe“ oder „Räuber Hotzenplotz“ Opfer der „sprachlichen Weiterentwicklung“ werden, wie Willberg es verharmlosend formuliert. Schon vor Jahren hatte ein Hamburger Verlag der guten alten „Pippi Langstrumpf“ die „Neger“ und „Zigeuner“ ausgetrieben, weil es für die Welt angeblich besser sei, derartige Worte nicht mehr auf Papier zu drucken. Man darf gespannt sein, wann sich die Weltverbesserer nicht mehr nur mit der Beschneidung zeitgenössischer Autoren zufriedengeben, sondern auch Goethe, Schiller und Brecht bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln. Selbst der Spiegel möchte sich allerdings dem Gutmenschentum an dieser Stelle nicht anschließen und kommt vielmehr zum vernichtenden Urteil: „Es ist die vorauseilende Entschuldigungsbereitschaft, die das politische Lektorat vom Ernsthaften ins Lächerliche führt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.


Tagged: Political Correctness, Preußler, Thienemann, Willberg, Zensur

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