Wildnisgebiete in NRW: Sollen falsche Zahlen Holzindustrie ruhig stellen?
Von Holzi
@holztechniker
Die vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vorangetriebene „Wildnisgebietskonzeption NRW“ scheint nach Meinung des Bundesverbandes Säge- und Holzindustrie Deutschland e.V. (BSHD) auf unzureichender Datengrundlage entstanden zu sein.
Laut einem internen Schreiben des Ministeriums zur „Wildnisgebietskonzeption NRW“ sollen Bestände der Laubholzarten Buche älter 120 Jahre und Eiche älter 160 Jahre aus der Nutzung genommen werden. Die dadurch entstehende Kulisse soll rd. 8.000 Hektar betragen und aus Flächen des Staatswaldes NRW abgedeckt werden, zusätzlich zu bereits bestehenden Totalschutzgebieten wie beispielsweise dem Nationalpark in der Eifel und Naturwaldzellen - sowie ergänzt durch einen weiteren Nationalpark im Teutoburger Wald.
Nach Berechnungen des BSHD ist dies aber gar nicht möglich, ohne die Versorgung der Laubholzindustrie erheblich zu gefährden: „Summiert man auf Basis der wissenschaftlichen Datengrundlage aus der Bundewaldinventur II die Flächenanteile für Buche und Eiche im Staatswald in NRW auf, so kommt man für die genannten Altersklassen auf 5.166 Hektar Buche und 283 Hektar Eiche. In diesen Zahlen sind zudem noch nicht die bestehenden Totalschutzgebiete berücksichtigt. Diese Flächen decken nicht annähernd die geforderte Kulisse ab. Das Ministerium hat jedoch immer wieder beschwichtigend von 0,9 % Landeswaldfläche gesprochen, ohne jedoch die tatsächlichen Auswirkungen offen zu legen“ spricht BSHD-Vizepräsident Lars Schmidt die Problematik an. „Dabei handelt es sich bei Umsetzung des Wildniskonzepts aber um eine offensichtlich weitgehende Stilllegung der für die Versorgung der Laubholzindustrie maßgeblichen Altersklassen und Sortimente im Landeswald, selbst wenn es zwischen BWI II und den Forsteinrichtungsdaten Abweichungen geben sollte.“
Nach Angaben des BSHD sind aber insbesondere die Flächen im Staatswald für die Betriebe der Laubholzindustrie als Versorgungsbasis besonders wichtig, da das Rundholz über den Landesbetrieb bislang gut und effizient verfügbar war. „Zwar gibt es insbesondere im Kleinprivatwald ungenutzte Potentiale im Laubholz, allerdings sind die bislang unbewirtschafteteten Waldflächen von passiven Privatwaldbesitzern für die Industrie nicht erreichbar. Zumal das Ministerium laut dem Papier auch im Privatwald die Ausweisung weiterer Wildnisgebiete im Rahmen von Vertragsnaturschutz anstrebt“, so Schmidt. Eine Stilllegung der Landeswaldflächen und der davon betroffenen Laubstammholzsortimente würde die Unternehmen in und um NRW insbesondere mit Blick auf die sich zunehmend verschärfende Rundholzversorgungssituation hart treffen. Die Folgen wären u.a. steigende Transportkosten durch größere Einzugsradien und höhere Produktionskosten durch unzureichende Auslastung der Betriebe. „Im internationalen Wettbewerb sind diese Kostensteigerungen aber nicht mehr durchsetzbar – und die Betriebe verlieren zunehmend an Konkurrenzfähigkeit“, beschreibt Schmidt die negativen Folgen der überzogenen Naturschutzmaßnahmen.
Der BSHD fordert daher das Ministerium auf, zunächst den für 2012 angekündigten Einschlagstopp auf den Flächen vollständig und auf unbestimmte Zeit aufzuheben – und zudem belastbare und vor allem realistische Zahlen zu den Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Laubstammholzversorgung der Holzindustrie und des Energieholzmarktes vorzulegen.