Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hat eine Kampagne gegen global operierende Industriekonzerne gestartet, die Produkte zum Ausspionieren von persönlichen Daten herstellen und international verkaufen. WikiLeaks-Mitbegründer Julian Assange kündigte am Donnerstag in London die Veröffentlichung von mehr als 280 Dokumenten über das Treiben der "internationalen Massen-Überwachungs-Industrie" an.
In den vergangenen zehn Jahren habe sich der ursprünglich begrenzte Kundenkreis dieser Industrie zu einem gewaltigen globalen Markt entwickelt, sagte Assange. "Haben sie ein Smartphone? Benutzen sie E-Mail? Ok, Sie haben ein Problem", sagte Assange. Die Dokumente enthüllen demnach die Aktivitäten von 160 Unternehmen in 25 Ländern, darunter auch Großkonzerne wie Siemens, Hewlett-Packard und Nokia.
In den Papieren befinden sich Assange zufolge Bedienungsanleitungen für Überwachungsprodukte, die beispielsweise an arabische Regierungen verkauft worden sein sollen. "Es klingt wie aus Hollywood, aber es stimmt", sagte Assange.
Dass westliche Staaten Spionage-Software an Länder mit einer fragwürdigen Einstellung zum Thema Menschenrechte verkaufen, ist nicht neu. Zum Beispiel ist in Syrien Schnüffeltechnik aus den USA im Einsatz, um den Internetverkehr der Bürger zu überwachen - und um bestimmte Web-Dienste, etwa verschlüsselte Chats und Internet-Telefonie, zu sperren. Zudem ist entsprechende Software dem ägyptischen Geheimdienst angeboten worden.
Auch der ehemalige WikiLeaks-Sprecher Jacob Appelbaum sagte, westliche Unternehmen hätten Überwachungs-Systeme unter anderem an Syrien verkauft. Die Technik erlaube es WikiLeaks zufolge, Mobiltelefone abzuhören, E-Mails mitzulesen und den Verlauf von Internet-Browsern abzurufen. Die Stasi hätte von solchen Überwachungssystemen geträumt, sagte Appelbaum. Die Dokumente sind WikiLeaks nach eigenen Angaben durch investigative Recherchen und durch Plünderungen von Büros in Ländern wie Ägypten und Libyen in die Hände gefallen.
Es ist die erste Veröffentlichung von WikiLeaks seit die Plattform aufgrund eines Finanz-Engpasses weitere Enthüllungen Ende Oktober zunächst eingestellt hatte. Erst vor wenigen Tagen hatte WikiLeaks dann angekündigt, ein neues "submission system" installieren zu wollen, also ein neues System zum Einreichen von Dokumenten. Es soll auf dem aktuellen Stand der Technik sein, der neue Netzbriefkasten sei "wesentlich weiter entwickelt als sein Vorgänger". Dadurch soll der Informantenschutz der Enthüllungsplattform verbessert werden.
Mitbegründer Assange hält sich derzeit in Großbritannien auf, wo er sich seit einigen Monaten juristisch gegen eine Auslieferung nach Schweden wehrt. Dort werden ihm Vergewaltigung und sexueller Missbrauch vorgeworfen. Seine Berufungsklage soll am kommenden Montag vor Gericht geprüft werden.