Mancher erinnert sich noch. An das Misstrauendvotum gegen Willy Brandt im Bundestag. Gleich im Dutzend waren SPD- und FDP-Abgeordnete damals zur CDU übergetreten, um den ersten sozialdemokratischen Kanzler der Bonner Republik zu stürzen. Es klappte nicht, obgleich die Spatzen von den Dächern pfiffen, dass da sechsstellige Bestechungssummen geflossen waren.
Damals ging es um die Ostverträge. Das Land war gespalten. Doch am Ende fehlte dem schwarzen Spitzenmann Rainer Candidus Barzel eine Stimme. Nie verstummte das Gerücht, Franz-Josef Strauß habe bei der geheimen Wahl gegen den ungeliebten Chef der Schwesterpartei gestimmt.
Heute geht es um Hessen. Um die erste Ministerpräsidentin eines westlichen Bundeslandes, die mit den Stimmen der LINKEN gewählt werden könnte. Eine Wirtschaftsanwältin ist nun die erste, die der eigenen Spitzenkandidatin die Stimme verweigern will. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Vielleicht ist das Kapital zu dem Ergebnis gekommen, dass Schröder seinen Job so gut gemacht hat, dass die Herrschenden die SPD gar nicht mehr brauchen. Dass sie nun alles tun, um die Sozialdemokratie auf dem Schuttabladeplatz der Geschichte zu entsorgen.
Wer braucht noch eine SPD, die nach einer gewonnenen Wahl den Sieg verschenkt - oder deren Abgeordnete mehr Wert auf Zufriedenheit ihrer Wirtschaftsklientel als auf das Wohl des Volkes und des Landes legen?
Der rechte SPD-Flügel, "Seeheimer Kreis" und "Netzwerker", wäre ohnehin bei CDU/CSU oder FDP besser aufgehoben als in der SPD.
Der aufschreiber hatte tatsächlich wieder ein bisschen Hoffnung. Darauf, dass die Ypsilantis in der SPD doch noch die sozialen Traditionen von Deutschlands ältester Partei wieder zum Leben erwecken könnten.
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Doch zur Zeit sieht es so aus, als habe der brutalstmögliche Kapitalistenknecht Schröder doch ganze Arbeit geleistet. Und dann gäbe es Veränderung nur noch gegen die SPD...